Beschreibung von Natur und Umwelt

Linie 1

Beitragvon Friederich » Mi 10 Jun, 2009 16:16


Linie 1

Und wieder Blöcke. Die Winkelform
soll ihnen Leben geben. Graumélange
belegt die Hundertschaften Fenster,
Bezirke ohne Farb- und Atempausen,
halt und wieder los und halt.

Für einen kurzen Moment
irrt Sonne in die Augen, in den Sinn,
ein Abziehbild aus Ferne; ein Blick könnte sie halten,
doch so ist sie bloß Ahnung; blaugetaucht
und wunderbar flimmernd.
L'avenir, on ne l'attend pas comme on attend le train. L'avenir, on le fait. (Georges Bernano)

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Re: Linie 1

Beitragvon Neruda » Mi 10 Jun, 2009 17:49


Hey Friederich,

ein wirklich schöner Text, der etwas von "Großstadt- oder Ghettoromantik" verkörpert. Du beschreibst sehr bildlich die immergleichen Häuserblöcke, in denen man keine wirkliche Ruhe und kein warmes, gemütliches Zuhause finden kann. Die Atmosphäre gibt einem keinen Halt und die Bewohner hetzen hin und her um sich ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Romantik oder Wohlgefühl lässt sich nur aus der Ferne betrachten und scheint nicht greifbar, unerreichbar zu sein. Der Text wird durchströmt von Melancholie und Sehnsucht.
Gefällt sehr,
Lg Kim
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Re: Linie 1

Beitragvon rivus » Mi 10 Jun, 2009 19:31


hallo friedrich,

feines dingens. ich kann mich nerudas worten nur anschließen. es gefällt und ich lasse mich gern in diese zeilen fallen, um immer wieder und wieder aus altem blockwohnen ein- und aufzutauchen. ist ein junigedicht!!

grüße, rivus
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Re: Linie 1

Beitragvon Ruelfig » Mi 10 Jun, 2009 21:05


Hallo Friederich,
auch in meiner Stadt gibt es eine Linie eins (die ich nur selten befahre). Aber ja, so gleiten wir aneinander vorbei.
Dies ließe sich gewiss noch dekonstruieren. Wer wollte das wozu? Ich nicht.
Zwischendurch zugestiegen,
R
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Re: Linie 1

Beitragvon Friederich » Do 11 Jun, 2009 08:52


Hi Neruda, Rivus, Ruelfig,

vielen Dank für Eure Kommentare. Es freut mich sehr, dass mein Gedicht gefällt. Auch dass die Stimmung, die ich vermitteln wollte, bei Euch als Lesern ankommt, kann mir viel geben. Danke und viele Grüße,

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Re: Linie 1

Beitragvon MORDS TUSSI » Do 11 Jun, 2009 09:36


hallo friedrich

eine vokabel beschreibt dein gedicht treffend: harmlos

warum soll die winkelform den blöcken leben geben? soll, aber tut anscheinend nicht, ergo: toter winkel: oder auch "objekts in the review mirrow may appear closer than they are". sitzend in der linie 1 könnte die graumelange (ohne akzent?) die spiegelung der fenster sein. das wäre ein schönes fahrendes bild, wie sich blöcke ineinander schieben. was würde mit den menschen passieren, wenn das wirklich geschehen würde. das hätte etwas verstörendes & die 100schaften, ja die, die bringen wahrlich etwas bedrohliches in spiel. aber schon bricht das bild ab. und weiter gehts mit bliblablub und bedeutungsschwangerem (Bezirke ohne Farb- und Atempausen, / halt und wieder los und halt.) ist halt so bei ner bahnfahrt. würde die bahn sprechen, würde sie stottern.

2.strophe schenke ich mir.


grüße
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Re: Linie 1

Beitragvon Friederich » Do 11 Jun, 2009 10:21


Hi Tussi,

ich danke Dir für den Kommentar. Die mélange ändere ich natürlich sofort, sollte nicht passieren. Der Art dieses Kommentars, die einzelnen Bilder auseinanderzunehmen, kann ich durchaus etwas abgewinnen. In der Tat bricht das Bild der Hundertschaften ab, während es durchaus hätte weiterentwickelt werden können und auch die Graumélange als "fahrendes Bild" ist eine Betrachtung wert, auch wenn das Bild von mir eher statisch gemeint ist. Statisch im Sinne eines Stillstands, der dennoch durch Rastlosigkeit geprägt ist. Ich widerspreche nicht, wenn du das Gedicht als harmlos bezeichnest, ist es doch eine Sichtweise auf den Text, die aus einer wie jeder anderen berechtigten Deutung entsteht. Für mich ist es eher ein Stimmungsgedicht. In diesem Sinne Gruß,

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Re: Linie 1

Beitragvon Perry » Do 11 Jun, 2009 17:19


Hallo Friederich,
ich bin schon lange nicht mehr Tram bzw. Bus gefahren, kann mir aber den Blick auf triste Vorstadtwohnblöcke und die sich dazwischen verirrenden Sonnenstrahlen anhand deiner Zeilen gut vorstellen.
Gern gelesen!
LG
Perry
PS: Warum die Winkelform Leben einhauchen soll erschließt sich mir allerdings nicht, da wäre "Schrägbehütetes" doch naheliegender. ;)
Perry
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Re: Linie 1

Beitragvon Friederich » Fr 12 Jun, 2009 12:01


Hi Perry,

danke für Deinen Kommentar. Gerade, dass du dir nach so langer Zeit die Fahrt durch eine wie die beschriebene Gegend vorstellen kannst, freut mich. Zur Winkelform: Ich habe Hochhäuser beschrieben, die in meinen Augen mehr als hässlichh sind und die ein wenig dreieckig gezeichnet sind. Nun, diese architektonische Spielerei haucht ihnen auch keine lebensfrohe Ausstrahlung ein...

Gruß, Friederich
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