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Übergänge

BeitragVerfasst: Mi 26 Apr, 2017 22:37
von rivus
(1) Übergänge/wörtlich genommen von findefuchs

Näherst du dich jenem Ort,
kommst du an eine Schranke.
Rot und weiß, mit Kettensaum.
Ganz nah beim Haus der Tanten.

Mit dem Rad flink durch. Nur fort.
Der Tag hat angefangen.
Spielt ihr mit mir hüh und hott?
Na, g'rade noch gut gegangen.

Mittags. Erwischt. Auf dem Rückweg von der Reise.
Wartend schaust du hin und her, entlang der Gleise.
Sie zwingt dich zu Geduld, mein Freund.
Ganz schlau ist die Rot-Weiße.

Abends schleppen alte Schuh',
sich mühsam über's Eisen.
Kommen erst hinter ihr zur Ruh' -
und sie, sie rasselt leise.

Den Alten schleppen sie hinaus.
Unbeirrt senkt sich die Greise.
Schneidet die Zeit in Scheibchen auf,
sturgrad ,auf ihre Weise.

Seh sie am Schrottplatz dann und wann.
Hast du ne Meise, Mann? Mensch Pjotr!
Doch, doch. Mehr als ein Ding - ein Übergang.
Heut' stolpere ich über Schotter.


(2) Übergang von schreibs

Ich wartete auf einen Übergang, da es Zeit dafür wurde. Von dem sich wenig bewegenden Dasein, hin zu einem Erleben von Wundern. So begab ich mich in die Übergangsstellung. Man nickt mir zu und sagt "Aber was meinst du, wenn du sagst"Übergang"? Ich antworte nicht und weiß auch keine Antwort.
Es macht mich glücklich andere Menschen zu übergehen. Wann vergesse ich die Menschen, die mich übergingen und wann entsinne mich jener Übergänge, die meine Entwicklung behinderten? Ich entsinne mich eines heißen Tages, an dem ich dazu überging Menschen nicht mehr recht zu mögen. Womöglich war das ein Untergang. Ich gelobte schon mehrfach einen Übergang, der diesen Schritt wieder umkehren möge. Doch es bleibt ein Schmerz und wenn du mir nicht gerade etwas Gutes tust, so kannst du dir sicher sein, dass du mich störst.
Tatsächlich halte ich viel auf das Menschengeschlecht. Gestern ging ich dazu über. Neun Worte genügten und ich erwachte regelrecht; das war echt cool. Es war kein Untergang mehr gegeben. Jetzt bin ich glücklich. Das hätte ich allein nicht hinbekommen. "Es gibt nichts wichtigeres als glücklich zu sein" keucht eine verzweifelte Kreatur in einer kleinen Discothek. Sie hat Recht, die Kreatur. Ich sehe die törichten Augen verleumderisch durch den Raum huschen. Ja, das bin ich. Wer den Mangel an jedweder Bewegung kennt, der lässt sich nicht verunsichern. Ich bin froh, dass dieser Übergang geglückt ist.

(3) In meiner Welt von Alcedo

In meiner Welt ist Liebe etwas anders,
sie scheint wohl manchmal wirklich da zu sein,
sie schimmert wie das Schulterfell des Panthers
im Schlaf, im dichten Unterholz, allein.

Kein Panther schläft jedoch auf weiter Flur,
es schimmert schlicht ein feuchtes Büschel Gras,
es gibt nicht Liebe hier im Walde, nur
ein Wort, das ich als Leser einmal las.

Dafür gibt's hundertfache Flackerblicke
aus dunklem Nass ins helle Kratergrün,
zu denen ich niemals ein Lächeln schicke:

nur Grollen wie ein Kuderkehlenglühn
erklimmt in meiner Regenwelt Lianen
und tropft daraus durch Wahrnehmung ins Ahnen.

Re: Übergänge

BeitragVerfasst: So 28 Mai, 2017 10:51
von rivus
Liebe Lifoianer,

vielen Dank nochmal für eure Teilnahme.

GEWINNER DES WETTBEWERBS IST ALCEDO!

Herzlichen Glückwunsch.

Es dankt das Lifo und rivus!

Re: Übergänge

BeitragVerfasst: Mo 29 Mai, 2017 06:50
von schreibs
Herzlichen Glückwunsch Alcedo.
Ich habe für Text Nummer1 gestimmt. Text Nummer3 fand ich zwar auch sehr gut, aber habe das Thema nicht so sehr darin gesehen, wie in dem Text von findefuchs.

Re: Übergänge

BeitragVerfasst: Mo 29 Mai, 2017 14:48
von struktur-los
Hallo Alcedo, ich möchte dir ebenfalls recht herzlich gratulieren. Meine Stimme hattest du.

erklimmt in meiner Regenwelt Lianen
und tropft daraus durch Wahrnehmung ins Ahnen.
... schön... :)

Liebe Grüße
struktur-los

Re: Übergänge

BeitragVerfasst: Fr 02 Jun, 2017 18:26
von Alcedo
Vielen Dank für die drei Stimmen.

@rivus:
merci

@schreibs:
Danke fürs Feedback.
intendiert war, das Leseerlebnis an sich, solle den Übergang bilden.

@struktur-los:
Dankeschön

Grüße
Alcedo

Re: Übergänge

BeitragVerfasst: Sa 03 Jun, 2017 08:45
von findefuchs
Hallo Alcedo, Deine Panther-Variation ist wunderbar lebendig und entwirft ein geradezu plastisches Bild dieses wehmütigen, wagen "Ahnen"s. Gerade dieser Gegensatz, macht es für mich interessant. Die "Flackerblicke", das "Kratergrün", das "Kuderkehlengrollen" - alles trieft vor Leben und Beben, während ins Gemüt
des Betrachters nur eine leise Ahnung "tropft". Da macht es insgesamt auch nichts aus, dass die perfekte Form gänzlich Rilke geschuldet ist. Sehr gerne und begeistert gelesen. finde

Re: Übergänge

BeitragVerfasst: Mo 05 Jun, 2017 10:18
von Alcedo
hallo Finder

Danke für die Rückmeldung. freut mich dass es dir zusagte.
war mir gar nicht bewusst gewesen, dass ich damit formal so nah an Rilkes Panther gelangt war.

Gruß
Alcedo