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Krisenbewältigung auf Kulturpolitisch

Beitragvon Karl Feldkamp » Fr 01 Mai, 2009 17:21


Krisen (wie unsere derzeitige) gefährden immer wieder die kommunale Kunst- und Kulturförderung. Öffnungszeiten von kommunalen Kunstgalerien, Museen und Büchereien drohen eingeschränkt, manche „Kulturtempel“ gar geschlossen zu werden. Örtliche Kulturpolitiker glauben, sich in Krisenzeiten keinen kulturellen Luxus leisten zu können.
Die Kunst der Politik ist die des Möglichen und damit die des jeweils bestmöglichen Kompromisses. Dahingegen können Künstler kaum Kompromisse eingehen. Nehmen sie doch den künstlerischen Aussagen ihrer Bilder, Bücher und Darstellungen das Provozierende. An Kunst muss man sich reiben, Kompromisse sind bereits glatt geschliffen.
Kulturpolitik muss Kompromissloses durch Kompromisse realisieren.
So ist auch das Zitat Theodor Heuss' von der Schwierigkeit, mit Kultur Politik zu machen, zu verstehen. Allerdings fügte Heuss hinzu, Politik ohne Kultur sei nicht möglich.
Die in Demokratien gewählte Form der Kunstförderung sollte daher folgerichtig auch auf die Freiheit der Kunst und des Künstlers und nicht vor allem auf die Freiheit des Marktes setzen, damit kompromisslos frei bleiben kann, was kompromisslos frei sein muss.
Der durch quotenabhängige Massenmedien beeinflusste Geschmack der Massen bestimmt, was sich an Kunst (den Marktgesetzen folgend) massenhaft an Massen verkaufen lässt. Immer weniger Wohlhabende können sich immer mehr exquisite Kunst leisten.
Durch Einsparungen in der Bildungs- und Kulturpolitik sowie in der Kunst- und Künstlerförderung werden immer weniger Menschen immer weniger an anspruchsvolle Kunst und kulturelle Bildung herangeführt. Künstler unterwerfen sich, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, dem Markt und dem (billigen) Massengeschmack und/oder den Erwartungen reicher Kunstsammler.
Kompromisslos frei können Künstler unter solchen Bedingungen kaum arbeiten und Kunst kann somit der Gesellschaft immer seltener den notwendigen Spiegel vorhalten, um gesellschaftliche Reflexion anzuregen.
Politik ist Umgang mit Macht. Veränderungen bedeuten Machtverluste für jene, die im sicheren Besitz der Macht bleiben wollen. Kreative Kunstideen wirken subversiv subtil und folgen kaum jener Logik, die zwecks Machterhalt zu (machtpoltischer) Vernunft erklärt werden. Demokratie soll Macht nur auf Zeit zuteilen und kann daher auch nicht eine immer stärkere Anhäufung des Machtmittels Geld bei immer weniger Reichen zulassen.
Nicht von ungefähr waren einst machthungrige Kriegsfürsten selten der Kunst und Kultur zugetan, taten sich aber als Plünderer und Eroberer von Kunstschätzen hervor, da sie ausschließlich der materielle Wert dieser Schätze interessierte.
Auch heute sind Kunstwerke eine sichere Wertanlage, sicherer als Aktien.
Betriebswirte, Stadtmarketing, Wirtschaftssoziologen und Kulturpolitiker streiten darüber, ob Kultur nun harter oder weicher Standortfaktor sei. Zum Glück sehen manche Manager in höheren Etagen größerer Unternehmen bei allem Ökonomismus Kunst nicht nur als finanzielle Wertanlage sondern haben auch ideele Ansprüche an die Kunstszene. Und die Kommunen brauchen für Unternehmensansiedlungen sogenanntes hochwertiges Humankapital, sprich qualifizertes Personal. Und das hat kulturelle Ansprüche. Daher gilt dem kommunalen Wirtschafts und Kulturpolitiker Kunst und Kultur wenigstens als weicher Standortfaktor. Dass im Bereich Kunst auch Arbeitsplätze (als harter Standortfaktor) zu vergeben sind, spricht sich erst langsam herum. Künstler und kunstnah Tätige sollten lieber das Klischee weltfremder Idealisten bedienen. Als solche können sie kaum Einfluss auf die harte Realität nehmen.
Doch der Kapitalismus gerät gerade immer mehr in Verruf, inhuman zu sein und soll daher plötzlich ein menschliches Anlitz zeigen. Das eröffnet Chancen. Gerade Kunst- und Kulturpolitik könnte der gescheiterten Wirtschafts- und Finanzpolitik ein hilfreiches Gegengewicht entgegensetzen.
Unsere derzeitige Krise ist nur vordergründig eine finanzielle, eigentlich aber eine kulturelle.
Beim Geld dürfen Menschlichkeit und die Freundschaft gerade nicht aufhören. Und wenn, dann nur, weil sie mit Geld ohnehin nicht zu bezahlen sind.
Doch nicht Geld ist unmoralisch, aber die Art damit umzugehen kann höchst inhuman sein. Kunst und Kultur sind gefragt, menschliche Werte zu vermitteln, die offenbar an Börsen und in Banken verspielt wurden. Eine entsprechend gezielte kommunale Kulturpolitik wäre somit ein nicht unwesentlicher Beitrag zur humanen und demokratischen Bewältigung der Krise.
Karl Feldkamp
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