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Was meinen wir mit Freiheit?Können wir uns Freiheit einfach nehmen oder wird sie uns gegeben? Was ist Freisein? ....
Re: Was meinen wir mit Freiheit?Liebe LiFojaner,
Frei sein heißt m. E., wählen zu können… … wobei mindestens ein zu wählender Bereich davon meinem Wesen am nächsten kommen sollte, ein weiterer aber so weit von meinem Selbst entfernt ist, dass mir entweder begreiflich wird, dass ich das, was er in sich birgt, komplett ablehne oder aber dazu verführt, ihm sich anzunähern, um aus gewohnten Mustern auszubrechen, andere Bereiche/Persönlichkeiten meines Ichs kennen und schätzen zu lernen – ich will darüber nachdenken müssen und mich dann entscheiden wollen… wenn ich aber nicht wählen will, dann soll es auch niemand anderer für mich tun.. auch das ist Freiheit. Frei sein bedeutet auch, meinen eigenen Gedanken Platz in einer, dieser, unserer Welt einzuräumen/einräumen zu dürfen, in der ich, mit der ich gemeinsam wirke… Frei sein besagt in meinen Augen zudem, den oder die Menschen öffentlich lieben zu dürfen, die ich nunmal liebe… Freiheit bedeutet m. E. auch und vor allem, "Mensch sein" zu dürfen… seine Würde nicht zu verlieren – manch einem wurde sie genommen… und nicht zurück gegeben. Genau hier, an diesem Punkt meiner Gedanken, kommt mir das Buch:"Ist das ein Mensch?" von Primo Levi in den Sinn, der in seinem Tatsachenbericht u. a. sehr ausführlich, sachlich und human schildert, was es bedeutet, um seine Würde zu kämpfen - was es bedeuten kann, sie zu verlieren. Ein Jahr verbrachte er im Vernichtungslager "Auschwitz". Er schildert, was ihm und anderen angetan wurde, befasst sich mit Ursachen und Auswirkungen des Holocaust und setzt sich mit dem Seelenleben des Menschen auseinander, aufgreifend u. a. die herausgelesene Frage: Ist das ein Mensch? - Wer (oder wann) ist (man) ein Mensch ? Passend dazu fand ich einige Bucheinträge, von denen ich nur einige als Zitat hier gerne aufführen möchte: * "Doch überlege ein jeder, was für einen Wert, was für eine Bedeutung selbst die geringsten unserer täglichen Gewohnheiten in sich bergen, unsere hundert kleinen Dinge, die auch der armseligste Bettler sein eigen nennt: ein Taschentuch, ein alter Brief, die Fotografie eines lieben Menschen. Diese Dinge sind Teile von uns selbst, sind fast wie Glieder unseres Körpers; es ist auch in unserer Welt nicht denkbar, dass sie einem genommen werden, denn gleich würden wir andere dafür finden, die uns gehören, weil sie unsere Erinnerung halten und wecken… Nun denke man sich einen Menschen, dem man, zusammen mit seinen Lieben, auch sein Heim, seine Gewohnheiten, seine Kleidung und schließlich alles, buchstäblich alles nimmt, was er besitzt: er wird leer sein, beschränkt auf Leid und Notdurft und verlustig seiner Würde und seines Urteilsvermögens, denn wer alles verloren hat, verliert auch leicht sich selbst; so sehr, dass man leichthin und ohne jede Regung verbindenden Menschentums, bestenfalls aber aufgrund reiner Zweckmäßigkeit über sein Leben und seinen Tod wird entscheiden können. So wird man die zweifache Bedeutung des Wortes „Vernichtungslager“ verstehen[…]" * "Man sieht nicht nur die Speisen, man spürt sie mit Händen, ganz genau und konkret, man nimmt ihren reichen, eindringlichen Geruch wahr, jemand nähert sie uns bis an die Lippen, und dann bewirkt irgendein Umstand, der stehts verschieden ist, dass der Akt nicht zuende gebracht wird. Daraufhin löst sich der Traum auf, zerfällt in seine Bestandteile; doch gleich fügt er sich wieder zusammen und beginnt von neuem in ähnlicher, abgewandelter Form: das alles ohne Unterlass, bei jedem von uns, in jeder Nacht und für die ganze Dauer des Schlafs." * "Es gilt, gegen den Strom zu schwimmen; es gilt, Tag um Tag und Stunde um Stunde gegen die Mühe anzugehen, gegen den Hunger und gegen die Kälte und gegen das Sichgehenlassen, die Folge von all dem; es gilt, den Feinden standzuhalten und kein Erbarmen für seine Rivalen zu kennen, es gilt, seinen Geist zu schärfen, sich mit Geduld zu wappnen und seinen Willen zu stählen. Oder man muss jede Würde in sich zerstören und jede Gewissenregung abtöten, muss als Rohling gegen die Rohlinge zu Felde ziehen und sich von den ungeahnten unterirdischen Kräften leiten lassen, die den Geschlechtern und den einzelnen in grausamer Zeit Beistand gewähren. […] Denn überleben zu können, ohne etwas von seiner eigenen, moralischen Welt aufzugeben oder ohne ein machtvolles und unmittelbares Eingreifen des Glücks, ist nur ganz wenigen, überragenden vorbehalten, die das Zeug zum Märtyrer oder Heiligen haben." * "Ich verstehe, dass ich schweigen soll, aber dieses deutsche Wort ist mir neu, und da ich dessen Sinn und Bedeutung nicht kenne, wird meine Unruhe nur umso größer. Die Sprachverwirrung gehört zu den Hauptbestandteilen der Lebensweise hier unten; man ist von einem fortwährenden Babel umgeben, wo alle in niemals zuvor gehörten Sprachen Befehle und Drohungen schreien, und wehe dem, der nicht im Flug begreift! Keiner hat hier Zeit, und keiner hat Geduld, und keiner hört dich an." * "Er kämpft um sein Leben, aber ist Freund mit allen. […] Immer sah ich und sehe noch in ihm die seltene Verkörperung des starken und zugleich sanften Menschen, an dem die Waffen der Finsternis zerbrechen." Liebe Grüße Zuletzt geändert von struktur-los am So 24 Jun, 2012 14:31, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Was meinen wir mit Freiheit?hi strukti,
danke für deine ausführungen und das eröffnen einer interessanten zitateschublade ... freiheit ist auch etwas absolutistisches, auschließendes nach Isiah Berlin sollte man Freiheit nicht mit anderen Werten gleichsetzen, "verwechseln": Jedes Ding ist das, was es ist: Freiheit ist Freiheit - und nicht Gleichheit, Fairness oder Gerechtigkeit oder Kultur oder menschliches Glück oder gutes Gewissen." aber, kommen wir nicht auch durch den sogenannten rawlsschen "schleier des nichtswissens" in den genuss einer freiheit, die begegnungen gestattet, die sonst nicht so gleichrangig vonstatten gehen würden?und dieses nichtwissen, das kann bestimmt jeder aus seine lebens- und arbeitsbereichen bestätigen, kann nämlich verbinden, brücken bauen, menschen gleichmachen und so, natürlich abhängig vom wollen des jeweiligen andren, gerechtigkeit schaffen, die dann doch unmittelbar mit der freiheit verbunden ist. hier fungiert hinter den kulissen doch plötzlich "unsichtbare" freiheit, eine freiheit des nichtwissens die werte schaftt und es uns menschen fast unmöglich macht freiheit isoliert und absolut zu betrachten. skizziert
Re: Was meinen wir mit Freiheit?Hi Rivus,
ich denke schon, dass wir durch den sogenannten Rawlsschen "Schleier des Nichtswissens" in den Genuss einer (gewissen) Freiheit kommen. Nur ist es nicht eher eine innere Freiheit, die es uns ermöglicht, offen auf andere zuzugehen, frei jeglicher Vorurteile und Wertung der Menschen, die um uns und mit uns leben? Eine von außen gegebene Freiheit kann sich nur dann entwickeln und gelebt werden, wenn auch das Außen, die Welt, die uns umgibt mit den gleichen Grundsätzen aufeinander, auf uns einwirkt - mit uns wirken würde. Und was würde wohl geschehen, wenn diese Punkte: • geistige, physische und soziale Eigenschaften wie Hautfarbe, Rasse, Geschlecht, Religionszugehörigkeit • Stellung innerhalb der Gesellschaft, sozialer Status[1] • materieller Besitz • geistige und physische Fähigkeiten wie Intelligenz, Kraft • besondere psychologische Neigungen wie Risikofreude, Optimismus • Vorstellung vom Guten, Details des eigenen Lebensentwurfs • Einrichtung der Gesellschaft etwa ökonomischer und politischer Art • Niveau der Gesellschaft zum Beispiel hinsichtlich Zivilisationsfortschrift und Kultur • Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Schleier_des_Nichtwissens) nicht als relevant im Umgang miteinander behandelt würden? Das sind doch die Faktoren, die uns Menschen ganz stark in das Leben (der anderen) einbinden, die die Welt bewegen, die uns zu dem machen, was wir nunmal sind. Was würde passieren, wenn wir ihnen keinerlei Beachtung schenken würden? Wie kann ich bspw. anderen Menschen helfen, wenn ich nicht weiß, wie es, um nur ein Beispiel hier anzuschneiden, um ihre geistigen, physischen und sozialen Eigenschaften bestellt ist? Wie kann ich mit ihnen interagieren, worüber möchte ich mich mit ihnen austauschen, was kann ich von und mit ihnen gemeinsam lernen? Wie kann ich erahnen, welche Bedürfnisse sie haben – wie sollte ich meine äußern, verständlich machen? Wer bin ich – dann? Wer bist du? Es kommt, denke ich, nur darauf an, wie ich letztendlich mit den Informationen, die ich erhalte umgehe… Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Einheit, Universalität, Freiwilligkeit und vor allem Humanität im Umgang miteinander – dies alles gestattet in meinen Augen ein gesundes Miteinander in der Welt – eine Freiheit, die es uns ermöglicht, wir selbst zu sein – und - andere in ihrem Selbst zu lassen und zu achten.. ... hey, und wenn du jetzt wieder sagst: "auschließendes nach Isiah Berlin sollte man Freiheit nicht mit anderen Werten gleichsetzen", so sage ich: da scheißt der Hund drauf, denn das Eine beeinflusst das Andere und ist allein, wie wir Menschen nun mal auch, einfach nischt! Punkt! Das vorerst von mir… Liebe Grüße strukti
Re: Was meinen wir mit Freiheit?hallo strukti,
ja & ja. freiheit vollzieht sich nicht im luftleeren. in unsrem tun sind wir gott sei dank immer bezogen auf andre. so geschieht soziale realität. und somit sind wir bei hegel, denn er postuliert "freiheit beruht auf wechselseitiger anerkennung" und bei dir
lg rivus Zuletzt geändert von rivus am Mo 02 Jul, 2012 23:59, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Was meinen wir mit Freiheit?Freiheit ist unbeweisbar.
Egal wieviel Entscheidungsoptionen wir in einer Situation haben, entscheiden tun wir uns immer für eins, und das könnte immer vom Gehirn kühl berechnet sein. Aristoteles sagte ja auch schon: das Gehirn dient der Kühlung^^ Zuletzt geändert von Prunkbold am Di 14 Aug, 2012 20:14, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Was meinen wir mit Freiheit?und freiheit dient der hitze. man kann sich die freiheit nehmen an freiheit zu glauben ist die kantdenkweise die mich am meisten überzeugt hat
Re: Was meinen wir mit Freiheit?überzeugt mich auch^^
Freiheit is demnach ein Begriff wie Gott - und liegt hinter unseren Erkenntnismöglichkeiten. Ich glaube zwar nicht an Gott, ab mir ist klar, dass ich nicht beweisen kann, dass es Gott nicht gibt. Zuletzt geändert von Prunkbold am Di 14 Aug, 2012 20:31, insgesamt 3-mal geändert.
Re: Was meinen wir mit Freiheit?
sehe ich auch so, ich denke dennoch, das freiheit etwas mit sich lähmungen zu entraffen zu tun hat. gewohnheiten und was. unfreiheit entsteht meistens durch fremdhandlung ... sich dessen zu entraffen, wäre demnach auch eine gewisse art von freiheit, freiheit dazu man selbst zu sein (goethes herrenmoralding ... und auch wieder kant ... ), kann es in dem sinne dann wirklich freiheit geben? ist der tot freiheit? gott (im sinne von vorbestimmung, fremdbestimmung) wäre in meinen augen das paradebeispiel für unfreiheit. martialischer materialismus. Zuletzt geändert von KrachKaff am So 19 Aug, 2012 12:31, insgesamt 2-mal geändert.
Worte wo Worte fehlen: stirb Flenders
Re: Was meinen wir mit Freiheit?Freiheit ist alles tun zu können, wofür man genug Geld hat. Merkste selber ne?
Re: Was meinen wir mit Freiheit?ich habe mal einen aphorismus geschrieben:
"Deine Freiheit hört da auf, wo die des anderen anfängt." lg von koko Vielleicht stünde es besser um die Welt, wenn die Menschen Maulkörbe und die Hunde Gesetze bekämen.
G.B. Shaw
Re: Was meinen wir mit Freiheit?Um es erneut mit Kant zu sagen:
Freiheit ist die Voraussetzung jeder Maxime. Jedwede Entscheidung setzt diese Voraus. Das Weltengesetz - der kategorische Imperativ - ohne Freiheit: unmöglich Folglich führt sich jedwede andere Theorie zwingend selber ad absurdum! Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung von Menschen die die Welt nie angeschaut haben - Alexander von Humboldt
Re: Was meinen wir mit Freiheit?Freiheit hat für mich auch ganz viel mit Bildung zu tun.
Frei in seinen Entscheidungen ist vom Prinzip her jeder Mensch. Egal, was er tut, er hat sich dafür entschieden, ob es nun bedacht war oder nicht. Er trägt die Verantwortung dafür. Genauso ist auch alles, was er nicht tut, nach seinem Ermessen geschehen, einfach dadurch, dass er sich für etwas anderes entschieden hat. Auch das liegt in seiner Verantwortung. Das Ausmaß seiner Entscheidungen zu begreifen, das vermag nur ein gebildeter Mensch. Dabei ist der Unterschied von Bildung und AUSbildung essentiell: Letztere ist immer auf ein Ziel ausgerichtet und befähigt den Menschen nur dazu, seine Entscheidungen gemäß der ihm eingebläuten Doktrin zu fällen. Ist dieser Prozess abgeschlossen, wird er diese Doktrin als seine eigene Maxime übernehmen(um mal in Kantianisch zu sprechen), sich also komplett assimilieren. Nur wenn der Mensch in allen möglichen Bereichen gebildet wird, ohne dass ihm eine bestimmte Richtung aufgezwungen wird(wobei sich hier die Frage stellt, inwiefern das überhaupt möglich ist), kann er sich frei entwickeln und seine Entscheidungen schlussendlich nach eigenem Ermessen fällen.
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