ich würde gerne noch bei der wahrheit bleiben, bevor wir zur lüge kommen.
und ich würde gerne auch noch die aussagen wahrheit außen vor lassen. ersteinmal die frage nach der wahr-nehmung:
Der Irrtum, sagt man, ist die Erscheinung. Das ist falsch. Im Gegenteil, die Erscheinung ist immer wahr, wenn man sich an sie hält. Dieser Baum den ich für einen Menschen halte, ist nicht scheinbar ein Mensch, und ein Baum in Wirklichkeit. Als Erscheinung […] ist er dieses in der Nacht aufgetauchte dunklere Etwas.Und das ist wahr: es ist das Auftauchen eines Seins.
(J. P. Sartre: Wahrheit und Existenz)
er beschreibt den Irrtum als "auf der Ebene der Wirklichkeit" liegend, auf die die "verifizierbare Antizipation" (Mensch!) zielt. freilich ist damit noch nicht viel gesagt. aber wenn so unwahr wäre, was uns nachts abundan begegnet, warum fürchten wir uns dann so sehr? und warum fürchten wir uns noch vor dingen, von denen wir wissen uns nicht fürchten zu müssen? damit kommen wir langsam in den bereich der aussagen: dies sind atome – dies sind kerne mit elektronengas darum – dies sind protonen und neutronen … wellenfunktionen … aber es ist doch immernoch ein stein? man darf sich die frage stellen ob das, was hinter dem schleier liegt, den die wissenschaft (zurecht) lüftet wahrer ist als das was wir sahen als der schleier noch unten war, oder ob es nicht viel mehr eine andere wahrheit ist.
diese fortschritts-infrage-stellung lässt ich weiter verfolgen: es gab zeiten da bezeichnete man wale als fische, heute weiß jedes kind, dass wale keine fische, sondern säugetiere sind. richtig. wie gut dass wir über diesen irrtum erhaben sind. dass hier zwei grundverschiedene begriffe von fisch verwendet werden interessiert uns dabei nicht. (die verwendung unterschiedliecher sprachen ist wohl auch der Grund für den "beef" zwischen neuro-bio und philosophie, was der eine meint wenn er freiheit sagt, ist nicht ansatzweise mit dem zu vergleichen (nich das Gegenteil) von dem, was der andere mit determinierung meint.) und weil es schon einmal angesprochen wurde, noch soviel zum fortschritt: dass das mittelalter geglaubt habe die welt sei eine scheibe, ist sicherlich aus einer gewissen neuzeitlichen arroganz in verbindung mit selektiver wahrnehmung und übersetzungsfehlern entstanden, aber wer könnte jemandem diesen glauben verübeln? wer von uns geht durchs leben in dem bewusstsein auf einem riesegen ball zu sitzen? (ich wohne ja nun auch im flachen land ;P)
aber nochmal zur aussagenwahrheit. wann ist denn eine aussage wahr? (mal von allen (nicht mehr) hermeneutischen problemen abgesehen die das verstehen und sprache uns bereiten) wenn sie mit der sache übereinstimmt? wenn sie nicht wiederlegt ist? wenn sie mit anderen aussagen kohärent ist?
das müsste erstmal geklärt sein, bevor wir eine diskussion über die lüge anfangen, nichtoder?