Gedichte, die gesellschaftliche oder politische Themen behandeln

Occupied

Beitragvon Ruelfig » Sa 20 Okt, 2012 03:56


Er geht ans Telefon, bevor es schellt,
hat er die Antwort fertig: Nein!
Ich will noch Glas im Container sortieren,
ich stanze Konfetti aus altem Papier.
Wer tackert wohl die welken Blätter wieder an die Bäume?

Barbaren haben die Anstalt übernommen,
Klüngelpitter prügeln sich um jedes Klümpchen Blech,
dabei sind noch Berge von Plastik zu bündeln
und Essensreste aus Eimern zu kratzen.

Am Abend schaut er alte Filme auf Tapeten
im Flur läuft ein Streifen über
apokalyptische Anfälle
alleine zu Haus.
Endlich Nichtdichter

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rivus (Do 25 Okt, 2012 13:18)
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Re: Occupied

Beitragvon kokoschanell » Sa 20 Okt, 2012 23:05


hi ruelfig,
besetzt ist ein guter titel.
besetzt ist der protagonist in der wahrnehmung seines alltages, eingeengt, eingegrenzt.
unentrinnbar seine position. das alltagsleben als irren-anstalt.

selbstironisches ende. mir kommt da eine hochhaussiedlung in den sinn. fremde unter fremden, deren filme nur auf den eigenen tapeten ablaufen.( tolles bild)
irgendwie geht sie unter die haut, deine geschichte, denn es ist ja eine art moderne ballade.
lg von koko
Vielleicht stünde es besser um die Welt, wenn die Menschen Maulkörbe und die Hunde Gesetze bekämen.

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Re: Occupied

Beitragvon rivus » Do 25 Okt, 2012 13:59


hi ruelfig,

das stück rührt mich, krempelt mich um. es besetzt mich. alles ist fertig; auch die zeit, endlich zeit um grenzen zu setzen, bevor das alles wieder von vorne beginnt. doch das verfluchte wärtige bleibt, besetzt jegliche zeitgitterstörung mit struktur eines egos, dass sich seiner bedeutsamkeit darin bewusst ist. das selbst ist so aufmerksam, dass die zeitläufe gleichsam auch regieanweisung sind! aber für wen? für welche zeitläufe?

back to the 50's! die steinpicker sind nicht mehr weit, aber die plastische zeit verrückt ein wenig die perspektive, verstört fast, doch helfen die plaste- und kübelreste das bühnenbild aufrechtzuerhalten, der schutt einer nachkriegszeit ist noch aufzuräumen und zu verscherbeln, damit die tagesstrukturierung funktioniert!

am abend aber, wärtigt die zeit den protagonisten, füllt ihn. wertet das selbst, kokoniert raum in tapeten, die ihn vertraut sind, noch verorten, in- und ausgestalten, obwohl sie schon hinausschleichen und in unvertrautes flurgelände überlaufen, was nicht sein darf, denn zu sehr erinnern die wandernden streifen an nicht mehr sagbares, weil die welt wie damals wieder in schutt und blech zusammenfallen könnte. doch sie fällt, diese zeit ist weder gestern, noch heute, noch morgen, einfach nicht mehr fassbar, fällt sie in sich zusammen und provoziert diese apokalyptischen anfälle, die keinen mehr am abend am leben lassen, außer ihn, in einer matrix verstrickt, aus der er sich nicht mehr befreien kann und in der er die ganze härte des alleinseins zu spüren bekommt.


gern gelesen
lg, rivus
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Re: Occupied

Beitragvon Ruelfig » Mi 31 Okt, 2012 21:49


Hallo Kokoschanell,
danke für deine Lesart Richtung Ballade (auch wenn es formal nicht stimmt). Aber ja, vielleicht versuche ich noch, eine daraus zu machen.
Hoy Rivus,
Geschichte wiederholt sich manchmal als Farce, vielleicht steht uns die Wiederkehr der Supertrümmerfrau ins Haus, wer weiß? Mag sein als Supertrümmermann.
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