Gedichte, die gesellschaftliche oder politische Themen behandeln

nachmittags an der uni

Beitragvon Perry » Mo 25 Mai, 2009 13:35


eine schattige sitzgelegenheit lädt ein.
wir nehmen an. der kellner fragt
mit italienischem akzent.
wir bestellen in zeichensprache.

personen mit großen pappköpfen
gestikulieren am nebentisch.
ich erkenne churchill und eisenhower,
wie sie über unsere zukunft feilschen.

gelebte geschichte, kommentiert
der kameramann von donau-tv
sein filmen. wir lächeln im hintergrund,
sind aber nicht im bild, bis du dir

die lippen nachziehst.
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Re: nachmittags an der uni

Beitragvon Friederich » Mo 25 Mai, 2009 23:21


Hi Perry,

ein Gedicht, dessen Schwerpunkt sich vom Anfang zum Ende gesehen hinsichtlich der Aussage von seicht bis kräftig verschiebt. Während dem Anfang noch die Aussage fehlt, gefällt mir die Mitte und das Ende ob ihrer trotz aller Liebe zur Szenerie starken Lakonie in der beschriebenen Alltäglichkeit.

Was mich am Anfang stört, ist die grundsätzlich fehlende Verdichtung. Dies gleichst du jedoch zum Ende hin aus. Insgesamt ein Text, der von der Tatsache lebt, dass die zur Sprache kommende Stimme die Szenerie nicht ernst nimmt und sie dennoch ohne jede Bitterkeit beschreibt.

Gruß, Friederich
L'avenir, on ne l'attend pas comme on attend le train. L'avenir, on le fait. (Georges Bernano)

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Re: nachmittags an der uni

Beitragvon Perry » Mo 25 Mai, 2009 23:50


Hallo Friederich,
der Text spielt mit Eindrücken, die einem nachmittags auf einem Campus begegnen können. Da ist viel freizeitlich Belangloses, hin und wieder intellektuell Überraschendes und dann der allgegenwärtige mediale Zeitgeist.
Da das LI hier als stiller Beobachter auftritt, hinterfragt es das Geschehen durchaus mit einer gewissen Lakonie, aber auch Wehmut in Erinnerung an die eigene Studienzeit.
Was die lyrische Sprache anbelangt, ist sie absichtlich prosaisch gehalten, da die Bilder hier für sich selbst sprechen.
Z.B. stellt der erste Vers, den Kontrast zwischen "nichtverstehen" und "hochgeistig" dar.
Der zweite Vers hinterfragt politische Theorie und Realität und
die letzte Strophe holt das Szenario wieder ins Alltägliche.
Danke für dein interessiertes Lesen und LG
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