Gedichte, die gesellschaftliche oder politische Themen behandeln

Fremd, nie

Beitragvon Ruelfig » Mi 17 Jun, 2009 21:29


Heilige Lügen über den Leib
prügeln und jubelnd schweigen
in fremden Sprachen die Bilder
brechen sich aus einander im Geist
auf Körpern in tausende Arme
fragen: Wo ist meine Stimme?
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Re: Fremd, nie

Beitragvon rivus » Mi 17 Jun, 2009 22:21


Hi Ruelfig,
deine Shortlyrics gefallen mir. so auch "Fremd, nie Heilige Lügen über den Leib / prügeln" inspirieren sie mich doch zuzeiten. Man könnte alle Religionen der Welt, meinethalben die ewig neue Suche nach dem einen Gral meinen und doch münze ich sie einfach mal auf die abgehängten Fachmänner von Pfandflaschen, die als Kinder von aufrechten Hart IV-gängern ihre Existenz aufpäppeln durch das Durchkramen von in Müllbehältnissen geschmissenen Zivilabfall, wobei bestimmte Werbelügen die Leiber prügeln und so mancher jubelnd schweigt, da er auf der sogenannten Existenzleiter weiter oben steht, egal in welchem Land hier- oder dortzuorten und schon brechen diese Bilder sich selbst aus, sprechen sich aus "im Geist auf Körpern
in tausend Arme" gleicher Ohnmacht, die das Schicksal ihrer Väter wiederholen und sich doch fragen: Wo ist die eine, meine Stimme? und trotzig ihr "Fremd, nie" ihrem Unterschichtendasein entgegenstemmen ....

Gern gelesen, u. sehr frei in der Interpretation
LG, Rivus
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Re: Fremd, nie

Beitragvon Ruelfig » Do 18 Jun, 2009 18:02


Hallo Rivus,
mit deiner Interpretation hast du mich gebügelt. Da fragt man sich als Zeilenfabrikant: steckt das echt da drin? Aber ja, wenn du das liest und so schlüssig begründest. Gemeint habe ich ein komplett anderes Thema, aber der von dir angezeigte Konflikt existiert auch dort.
Danke für dein Belesen und Antworten.
LG,
R
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Re: Fremd, nie

Beitragvon Perry » Do 18 Jun, 2009 22:56


Hallo Ruelfig,
ich lese gesellschaftliche Probleme aus deinem Text. Da ist eine religiöse Komponenete, deren Konflikte ja wie die Geschichte zeigt durchaus auch mit Gewalt ausgetragen werden. Weiter sehe ich ein politisches Ansinnen, indem sich ein Wähler fragt: Wo ist meine Stimme, mein Votum abgeblieben.
Vermutlich liege ich auch daneben, aber es steckt eben sehr viel Spielraum in deinen Zeilen.
LG
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Re: Fremd, nie

Beitragvon Ruelfig » Do 18 Jun, 2009 23:13


Hallo Perry,
du liegst genau darauf. Vielleicht hätte ich zum Schluss nicht übersetzen sollen: where is my vote?
Grüße,
Ruelfig
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Re: Fremd, nie

Beitragvon OlafmitdemTraktor » Sa 20 Jun, 2009 15:30


hallo ruelfig,
schwierig erscheint es so oft, aktuelle bezüge ins gedicht zu heben und dabei ohne moralischen zeigefinger die über das tagesgeschehen hinausgehende wesentlichkeit durchschimmern zu lassen. dies ist dir hier meines erachtens gelungen.
die enjambements der ersten vier verse sind gelungen.
das aktuelle iranische geschehen ausblendend, bleibt für mich als leser hier die sich in den religionen manifestierende leibfeindlichkeit und der starre dualismus der trennung von geist und körper. so wird der klagende ausruf des schlußverses zur anklage: wo bleibe ich als mensch, der doch eine einheit ist und sein will, wo ist der ort, an dem mein ich resonanz erfährt in seiner ganzheitlichkeit?

lg OlafmitdemTraktor (oh mann, wie konnte ich mir nur solch einen umständlichen namen zulegen)
Der Schlüssel zum Glück ist auf jeden Fall ersteinmal ein Schlüssel. (Gregor Libkowsky)
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Re: Fremd, nie

Beitragvon Ruelfig » Mo 22 Jun, 2009 20:20


Hallo OlafmitdemTraktor (oh mann, wie konntest du dir nur solch einen umständlichen namen zulegen),
danke für deine Antwort und die Einschätzung. Ich finde es auch sehr schwer und wichtig, zu "politischen" Themen zu schreiben, die doch oft das persönliche betreffen. So sehe ich die Situation im Iran als Aufstand des "Ich" gegen das verordnete, willkürliche "Wir", welches alle Totalitarismen kennzeichnet.
LG,
R (das ist mal ein kurzer Nick, ne?)
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