Gedichte, die gesellschaftliche oder politische Themen behandeln

grinste püppchen?

Beitragvon GlasaugeBill » Mo 20 Sep, 2010 09:48



grinste püppchen? -

Zapple selten an der Leine
Fischmund, deine Strippen meine
Hände (Angelruten),
fangen Stuten/Puten keine.

Lecken Maden von den Lippen
feuchtes Rosa, Würmer wippen
deine Kiemen- Algen kauen,
Köder klauen, Seetang kippen;


Filetiert es deine Flossen
deine Gläser übergossen
und im Beatsound abserviert.

Die Harpune abgeschossen
zapple Fischmund unverdrossen,
feuchtes Rosa intrigiert.
Sie ist nicht krank und nicht verrückt, nur überdreht wenn sie mit jungen Hunden bellt.
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Re: grinste püppchen?

Beitragvon Perry » Di 28 Sep, 2010 23:23


Hallo Bill,
eine etwas andere Sicht des Angels scheint sich durch den Text zu ziehen. ;)
Mit viel Fantasie kann man vielleicht auch etwas Beziehungstechisches herauslesen, auch wenn es etwas morbide rüberkommt.
LG
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Aw: grinste püppchen?

Beitragvon Leser » Mi 06 Okt, 2010 20:32


Hervorhebenswert finde ich die brachiale Umgestaltung der normalerweise eher lieblich anmutenden Sonettform durch das trochäische Versmaß und vor allem durch die Mittenreime in den Quartetten. Das klingt wuchtig und passt einfach, weil inhaltlich das Sprichwort, „einen Fisch an der Angel haben“, mit körperlichen, morbiden und teilweise sexuell motivierten Fisch-Bildern ausstaffiert wird, was durchaus anrüchig und gesellschaftskritisch sein will.

Mir gefällt hingegen nicht, dass die Bildebene allenfalls metaphorisch funktioniert und das Entstehen eines Bildes im inneren Auge des Lesers nicht zulässt. Man bleibt bei der klanglichen Eskapade hängen und bekommt ansonsten nur Bildfetzen, die ein paar Assoziationen auslösen, aber weder ein Ganzes ergeben, noch als Einzelnes überzeugen können.

Was meine ich mit der Kritik konkret? Ein Beispiel:

„Filetiert es deine Flossen“, ergibt für mich keinen Sinn. Einen Fisch filetieren bedeutet, dessen fleischigen Teil von den ungenießbaren Teilen zu trennen: den Fisch zum Filet machen quasi. Aber die Flossen zum Filet machen? Das funktioniert nicht. Es ist jedenfalls kein Synonym für „die Flossen abschneiden“.
Metaphorisch könnte das natürlich auch als eine Verkehrung gemeint sein: die ungenießbaren Flossen werden zum Filet gemacht, das eigentliche Filet weggeworfen. Im nächsten Vers wechselt aber der Bildspender („deine Gläser übergossen“), sodass die rätselhafte Formulierung nicht aufgelöst wird. Ob sich da einfach ein Fehler eingeschlichen hat oder etwas Besonderes ausgesagt werden soll, kann ich nicht herausfinden, weil die nötigen Hinweise entweder fehlen oder ich sie übersehen habe.

Ein weiterer Störfaktor ist die unsaubere Grammatik, insbesondere die Zeichensetzung.
Ein Komma fehlt jeweils am Ende des ersten Verses, im zweiten Vers hinter „Strippen“ und eventuell am Ende des sechsten Verses. An den Enden der Verse neun und zwölf wäre mir auch ein Komma willkommen.

Insgesamt ist jetzt der negative Teil meiner Kritik deutlich länger ausgefallen als der positive. Das liegt aber nicht daran, dass das Negative so deutlich überwiegt, sondern daran, dass sich der positive Teil so knapp formulieren ließ.
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Aw: grinste püppchen?

Beitragvon GlasaugeBill » Do 07 Okt, 2010 07:47


Hallo Perry,
Wenn man in den richtigen Gewässern fischt, kann man so einiges an die Angel bekommen. Wie morbide die Angelegenheit wird, liegt im Auge des Betrachters, auch wenn die Metaphern ihren Teil implizieren.

Hey Leser,

Ich habe durch Nutzung der Fischmotive versucht, einen (bildlichen) Faden durch das Sonett zu schleifen, was mir leider nicht ganz gelungen ist. Vermutlich ist das der (trotz des Aufbruches) strengen Form geschuldet, die es ungemein erschwert, vernünftige Bildstrukturen zu schaffen. Die angesprochenen Verse werde ich überdenken; hier lohnt sich eine Überarbeitung.
Zeichensetzung halte ich in der Lyrik grundsätzlich für ein Problem (ähnlich der Groß/Kleinschreibung). Durch zuviel Interpunktion (vor allem Kommata) nimmt man dem Leser schnell Interpretationsräume. Versenden können für sich selbst schließen, weshalb ich an ihnen gerne auf Zeichensetzung verzichte.
Vielen Dank für deinen ausführliche & sachliche Kritik!

Glasauge Bill
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