Gedichte, die gesellschaftliche oder politische Themen behandeln

Licht

Beitragvon lavite-machine » So 16 Jun, 2013 08:56


Die Welt ist doch längst durchgepaukt -

ihr Klang, einst frei in seinem Fügen

ist nur noch Schaffenswerk.

Das Werk an sich,

dem Vorwands Willen aufgehalten

kann lediglich Verlierer sein.

Die Wand führt vor,

du verstehst -

endlich und nur,

dagegen lehnt nichts

einfach so.
....."Wer die Fragen nicht beantwortet, hat die Prüfung bestanden."
(aus "Die Prüfung" von F. Kafka)

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rivus (Fr 19 Jul, 2013 15:48)
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Re: Licht

Beitragvon cube » Fr 19 Jul, 2013 15:19


lavite-machine,

gefällt mir ebenfalls. für mich klingt an, dass die momentane einrichtung der welt nicht die bestmögliche ist. das licht ist als titel derbe unspezifisch, was mich hier nicht stört : dem licht als erkenntnis streben wir entgegen, erkenntnis über sich und die welt erwerben halte ich für grundvoraussetzungen, damit werke mehr als bloße 'schaffenswerke' sein können. mehr als angelerntes durchgepauktes abgepaustes : nämlich die möglichkeit etwas eigenes hervorzubringen, ein werk, das keine wand ist; etwas anderes als eine abweisende und raumtrennende oberfläche, sondern mglw etwas eher durchlässiges, das räume öffnet, nicht verschließt, ein tragfähiges gebilde ohne lückenlos geschlossen zu sein. also das finde ich hier auch vor, wie geschrieben, die phänomene klingen an, erlauben aber hineinlegen eigener bedeutungen, aktivieren den leser als interpreten, der den text weiterführt oder sogar abschließt, je nachdem.

was mich innehalten ließ, waren drei verse, die ich gleich zitiere. ganz konkret ist es die mittlere zeile, mit der ich nichts anfangen kann, dem Vorwands Willen aufgehalten, erschließt sich mir inhaltlich nicht (obwohl mir die drei verse im kontext und miteinander durchaus einen sinn ergeben) und fällt auch in sachen sprachstil aus dem ansonsten stimmigen sprachgebilde heraus.

viele grüße,
cube

"Das Werk an sich,


dem Vorwands Willen aufgehalten


kann lediglich Verlierer sein."

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Re: Licht

Beitragvon findefuchs » Fr 19 Jul, 2013 15:42


"Die Welt": Medial allzeit abrufbar, vermessen, verplant, verdrahtet, vorhersehbar, auswendig gelernt, abgespeichert. Alles hat Folgen, alles nur Handwerk, keine Kunst mehr, kein Geheimnis, keine Mysterium, keine unbekannte, kreative Melodie, alles dem Vorwand geschuldet, man wolle es genau so. Daher ist "das Werk", das Ergebnis des menschlichen Schaffens, kläglich. Wände - metaphorisch hier wohl für alles, an das man sich vertrauensvoll anzulehnen vermochte - sind längst keine Stützen mehr, sondern Gefahr. Wer dennoch dagegen "lehnt", ist ins "Licht" gezerrt, offengelegt, durchleuchtet - mit aller Konsequenz.

Statt "aufgehalten", hätte ich "geschuldet" benutzt.

Toller Text.

finde
Als ich des Suchens müde wurde, erlernte ich das Finden.
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Re: Licht

Beitragvon lavite-machine » Fr 19 Jul, 2013 19:56


Hallo cube, hallo finde,

danke für die eindrucksstarken Bilder. Hier noch ein paar Gedanken von meiner Seite: Der Text, im Grunde eine Aneinanderreihung, eine Verschachtelung, darin wiederum ein Bild, eine Struktur. Für mich ist die Welt/das Werk als Folge in diesem Text wie ein Gebäude - Baustein für Baustein durch Menschenhand auf- und auf- und aufgebaut, zubetoniert, zugepflastert, alles fest verankert, durch und durch, immer weiter, Baustelle um Baustelle, Maschinerie um Maschinerie. Das bildliche Schaffenswerk. Ohne Vollendung, geschweige denn geistigem Feinschliff. Der Mensch in der Destruktivität seines selbst, seiner Rastlosigkeit, Uneinsichtigkeit, seiner ziellosen Unvollendung im Außen. Ja, im Grunde im gesamten Mensch-Sein verfehlt, alles über- und über- und überbaut, weiter im übertragenen Sinn die Gärten zu- und zu- und zugepflanzt, letzlich noch geschmacklos ausgeschmückt. Werteverlust im Gesamtbild, wenn man hinschaut; wenn man wegschaut, leider nur schwer im eigenen Daseins-Film zu erkennen.
Der Teil "dem Vorwands Willen aufgehalten"- sicher nur im Kontext greifbar. Ich hatte da ein Bild im Kopf; die Welt in ihrer ursprünglichen Daseins-Melodie quasi von der Konstruktion Mensch ziemlich schief mit Folgen gesungen.
Der Titel "Licht" darum, weil es in einem Gebäude als Kontrast lichte Momente gibt. So habe ich das bei dem Text vor Augen gehabt, Strahlen quer durch, Licht - schlicht, frei im Raum, ist da, von selbst. Anhaltspunkt zum Greifen nach vorn, Richtungsweiser zur Erkenntnis. End-lich und nur ist das Verstehen, "dagegen lehnt nichts einfach so". Nichts und alles. Das Licht.

Gefallen mir wirklich sehr, Eure Bilder und Gedanken dazu. Habe jetzt Eure Beiträge zusammen beantwortet, ich hoffe, das gab kein Durcheinander.


Liebe Grüße

lavite-machine
Zuletzt geändert von lavite-machine am Fr 19 Jul, 2013 20:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Licht

Beitragvon findefuchs » Sa 20 Jul, 2013 09:58


Hallo lavite-machine,

das Licht als "Richtungsweiser zur Erkenntnis", wie Du sagst, einerseits, klar, aber da würde ich gerne noch das Licht als Möglichkeit der Blendung, der Verblendung gegenüberstellen. Im Grunde ist das ja die Kernaussage Deines Textes, der das Licht allerdings ausschließlich mit positiven Möglichkeiten besetzt und somit wertet. An der Stelle habe ch eine andere Auffassung. Ich ließe die Wertung weg. Das Licht ansich ist völlig neutral. Es ist. Mehr nicht. Der Mensch nimmt es wahr, benutzt es, bewegt sich und lebt darin. Schicksalhaft? Selbstbestimmt?Planvoll? Chaotisch?Erkennend? Geblended?Verblendet?Alles ist offen.

Insgesamt könnte ich mir so ein Thema super als Kurzfilm vorstellen, schwarz-weiß, aus einer Mischung von Zeitraffereinstellungen, vielen Überblendungen und eventuell auch trockenen Einstellungen. Naja, nur so eine Idee.

Gruß.

finde
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Re: Licht

Beitragvon lavite-machine » So 21 Jul, 2013 17:00


Hallo finde,

danke für den Zusatz und für den Hinweis mit dem Kurzfilm, sicher, eine Idee! - ich mache ja ab und an welche....

Liebe Grüße

lavite-machine
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