Literaturforum

[Perry]

zuerst schrieben wir mails, telefonierten, dann
verabredeten wir uns in darmstadt, hauptbahnhof.
der zug hatte verspätung, eine bombendrohung.

der weg von den gleisen ist lang, das ausweichen
mit dem rollkoffer auf dem engen bahnsteig nicht
leicht kommt man ins schlingern. entschuldigung.

ich nehme die treppe, nicht dass der lift stecken
bleibt noch zeit für einen cappuccino? frage ich
meine uhr. die tickt zustimmend: italienischen?

in der wartehalle riecht es nach abschied, oder
ist es der byzantinische weihrauchduft der dame
neben mir, mit der origamiblume in der hand?

ich lasse meine unbemerkt fallen.

[Perry]

Hallo esb,
schön, dass du dich auch mit diesem Text auseinandersetzt.
Origame bzw. richtiggeschrieben Origami ist die japanische Papierfaltkunst und lässt hier die Folgerung zu, dass die Dame eine weiße Papierlilie in der Hand hält. Wenn du lieber dem Duft eine Hand andichtest, warum nicht, macht nur keinen Sinn.
Die Strophenform habe ich hier gewählt, weil die kleinen Pausen die einzelnen Passagen ein wenig wirken lassen sollen. Zumindest habe ich mir Mühe gegeben in die mittleren beiden eine zeilenübergreifende Leseart einzubauen.
Über den Inhalt kannst du dir denken was du willst, das Leben ist eben manchmal unverschämt und warum sollte ich nicht aus der männlicher Sicht schreiben, das liegt mir geschlechtsspezifisch im Blut.
LG
Perry
PS: Was hast du gegen Darmstadt, auch dort leben und lieben Menschen.
Lyrik muss nicht immer gefällig sein.

[Perry]

Hallo esb,
Origame war schlicht ein Schreibfehler und einen Reim in Richtung Dame hatte ich allenfalls unterbewusst im Sinn.
LG
Perry