Lyrik rund um das Thema Liebe

Re: Der lange Abschied

Beitragvon Eckenbrüller » Mo 18 Mai, 2009 17:06


Hallo rivus,

Nach diesem
wird das Holzhacken
kommen


damit kann ich nicht viel anfangen, denn schon in der Eingangszeile frage ich mich, worauf sich „diesem“ bezieht – auf den im Titel benannten „Abschied“, auf den „Sturm“ in der S2 oder etwa auf das „Jahr“ in S3? Nein, das ist mir viel zu ungenau für einen Einstieg, da stehe ich ja gleich anfangs mit fragender Stirne da.

Wenn innerhalb der ersten 6 Zeilen dreimal „Holz“ zu lesen ist, wirkt das auf mich langweilig, so als wäre dem Dichter bereits zu Anfang das Wort ausgegangen. Mag sein, dass es nur mir so geht, aber ich kann mit den Bildern nichts anfangen:

im Wurfholz
vom letzten Sturm
wird das Holzhaus
unbenutzt sein


Was soll das bedeuten? Wie kann etwas „im Wurfholz“ unbenutzt sein? Das ist mir zu hoch. Wurfholz lässt mich an eine Art Bumerang denken – man warf ihn im letzten Sturm (Metapher für Ehekrach?) und dann bezog man das Holzhaus nicht, mh.

Im selben Jahr
reiben unsere Sandrücken
über blank gewetzte Abendlichter


Stand ich eben noch im Wald und sah vor lauter Bäumen selbigen nicht, werde ich jetzt – rein von den Bildern her – an einen Sandstrand katapultiert. Soll das Hinweis auf ein Jahreszeitengedicht geben? Das geht mir alles viel zu durcheinander. Wie soll ich da als Leserin mit dem Text warm werden? Auch diese ganzen Zeitsprünge verwirren zu sehr, als dass sie dem Text ein anständiges Fundament mitgeben könnten; vom „letzten Sturm“ stößt man auf die zukünftige Unbenutztheit des Holzhauses, um dann „im selben Jahr“ die Sandrücken aneinander zu reiben. Wer soll da noch mitkommen und den Worten eine sinnvolle Bedeutung entnehmen können? Also auch der Inhalt dieser Strophe bleibt mir verborgen.

auf zugefrorenem See
reißt sich mein Vorderrad mauke und in die Nase
steigt ein sanfter Moschusgeruch weg
zu deinem zittrigen Mund


So, waren wir eben noch am Sandstrand, befinden wir uns nun auf zugefrorener See, wo sich das Vorderrad mauke reißt. Dieser Ausdruck passt m.E. überhaupt nicht zum Rest des Textes. Woher stammt auf einmal der Moschusgeruch und wozu wird der überhaupt erwähnt? Ansonsten kann ich auch hier keine Verbindung zu den bereits aufgeworfenen Aspekten herstellen, mir fehlt nach wie vor ein roter Faden. Es wirkt, als ob der Autor selbst nicht wüsste, wohin die Reise überhaupt gehen soll, was er auszusagen beabsichtigt. Bei mir kommt nichts an.

doch der Otter
längst aufgerappelt
war im Nu fort


Der Otter wird hier so selbstverständlich mit dem bestimmten Artikel versehen, dass ich mich frage, ob er schon zuvor Erwähnung fand? Nö, es sei denn, da fehlt eine Strophe. Also auch die Conclusio mit dem Otter zielt für mich ins Leere. Hört sich ja alles nett an, aber der Sinn sollte bei all den Worten nicht verloren gehen, finde ich.

Gruß,
Eckenbrüller
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Re: Der lange Abschied

Beitragvon rivus » Mo 18 Mai, 2009 19:30


Hallo Eckenbrüller,

danke für dein Lesen und promptes Kommentieren. Upps, du hast mich voll erwischt. Das Dingens ist wahrscheinlich viel zu schnell entstanden und sollte eigentlich mit dem Otter eine witzige Komponente enthalten. Aber na ja :D

Ja "Nach diesem" sollte sich auf die Eingangszeile, auf den vorhergeahnten langen Abschied beziehen. Daher das Futur in den beiden ersten Strophen. Aber das scheint für den Leser nicht naheliegend und daher wird der hölzerne Einstieg ein anderer sein müssen, damit nicht noch mehr Leser mit gerunzelter Stirne dasitzen. :] D

Das Wurfholz steht für das vom Sturm einer Beziehung geworfene Holz. Das Holzhaus war als einstiges Liebeshäuschen gedacht, was bald leer stehen wird.

"Wie kann etwas „im Wurfholz“ unbenutzt sein?"

Weil nach dem Abschied das ganze Umfeld unbenutzt bleiben wird. Auch die künftigen Stürme werden ihr Holz dazuwerfen.

In der dritten Strophe kommt die Gegenwart ins Spiel. Die Sandrücken sind zugegebenermaßen ein irritierendes Bild (jedoch kein Sandstrand weit und breit, sondern eher ein Zeitsand, ein ermüdender Sandmännchensand, ein Sand, der sich aufschichtete, weil es zu keinen Kontakten mehr kam u.u.u. ...) und sollten nur für die Reibeflächen der Beziehung stehen, aber auch ein erster Querverweis für den noch ins Spiel kommenden Otter, dessen Fell im Abendlicht einer untergehenden Sonne in einer Teichlandschaft besonders glänzt.

Zurr vierten Strophe

Eigentlich am selben Orte gibt es halt die beiden Abschiedsradler, wobei der Vorahner des langen Abschieds sich mächtig weh tut, über einen Otter und mit der Nase auch auf ein zusammengescharrtesSchneehäufchen mit Otterkot fällt. Da diesen Häufchen ottertypisch wie sanfter Moschusgeruch riecht und den ersten Kontakt zum Mund herstellt, wird der lange Abschied mit einer unfreiwilligen Geruchsprobe , die sie in ihrem Lebtag nicht vergessen wird, zwar um eine "Mief"-Variante verlängert und doch wahrscheinlicher so blitzschnell verkürzt, wie der verdutzte Otter das Weite suchte

Alles in allem ein misslungenes Werk, die Zeitebenen verwirren, die Bilder verorten beliebig ...

Grüße

Rivus

P.s.: Mal sehen, ob sich aus der ursprünglichen Idee noch was machen lässt. Scheint Bullshit zu sein.
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Re: Der lange Abschied

Beitragvon Eckenbrüller » Mo 18 Mai, 2009 20:31


Hallo noch einmal,

nun warte doch erst einmal, vielleicht gibt es hellsichtigere Leser als mich, die mehr mit dem Text anzufangen wissen.

Ja, die Wiederholungen von "Holz" ergeben nach deiner Erklärung Sinn - die Langatmigkeit des Wartens. Das habe ich zuvor gar nicht bedacht.

Der Einstieg ließe sich doch durch den einfachen Zusatz von "Abschied" konkretisieren. Damit hätte man einen direkten Bezug, ohne noch viel Aufhebens zu machen:

Abschied
Nach diesem...


Als ich auf folgende Stelle zu sprechen kam:

im Wurfholz
vom letzten Sturm
wird das Holzhaus
unbenutzt sein


störte ich mich in erster Linie daran, dass IM Wurfholz das Holzhaus unbenutzt sein wird. Wenn da wenigesten "durch" das Wurfholz stünde, könnte ich mit diesem Bild mehr anfangen.

Ach so, der Sand steht also für eine Sanduhr, für das Vergehen der Zeit und die Wunden, die man sich gegenseitig zufügte. An sich ein interessanter Gedanke, doch transportieren die von dir gebrauchten Worte ihn nur unzureichend (für mich). Aber nichtsdestotrotz gefällt mir die Idee, wenn man sie anders umsetzte.

Und die Exkremente von Ottern riechen nach Moschus? Das wusste ich noch nicht. Also ist das lyrI mit seinem Rad auf dem Eis weggerutscht und im Haufen eines Otters gelandet? Es melde sich bitte jener Leser, der das im intendierten Sinne gedeutet hat! :D Nein, darauf wäre ich nie und nimmer gekommen.

Grüße,
Eckenbrüller
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Re: Der lange Abschied

Beitragvon rivus » Mo 18 Mai, 2009 21:46


hallo auch noch mal,

danke für das zweite nachlesen, für die warteempfehlung. also keine bange bezüglich der aufgabe des textes, zumal du dir die mühe machtest, dich damit auseinanderzusetzen. ich werde versuchen, etwas "stringenter" zu formulieren und deine vorschläge beim neuformieren des textes miteinzubringen. dein einstiegsvorschlag gefällt mir richtig gut und deinen "abschied" werde ich auch nach diesen zeilen in die überschrift aufnehmen. zum "im" (wurfholz) bin ich mir noch nicht schlüssig, da mir persönlich das bild sehr viel gab, da ich auch schon mehrmals vor dem beschuss solcher wurfkaliber flüchten musste und ich das wurfholz der stürme in den verschiedensten positionen wiederfand, so dass ich dieses bild für einen "interessanten abschied" gar nicht so übel fand: aber dein einwand bleibt bestehen und ich überlege mir das "durch", welches eigentlich eine steigerung des geschehens ermöglichen und das bild des wurfholzes praktisch forcieren könnte ...

mal sehen wie ich den "sand"-begriff noch besser platzieren kann, da er doch so gänzlich andere projektionen anschob. (aber vielleicht lasse ich ihn auch weg)

freut mich, dass ich dich mit meinem moschusgeruch der otter so bereichern konnte ;) , aber in natura kann man beim einschnieben dieser marke schon mal mehr als seine nase rümpfen.


wie auch immer. danke nochmal für deine einlassungen und vorschläge

grüße

rivus
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Re: Abschied

Beitragvon Perry » So 31 Mai, 2009 12:57


Hallo Rivus,
in dieses Bilderwirrwar einen roten Faden reinzubekommen, ist vermutlich nicht leicht.Vielleicht hifft es dir, dich auf eine Bildebene zu konzentrieren.
Am naheliegendsten wäre für mich das gemeinsame Radeln auf dem Eis und der Sturz in die Otterscheiße. Daraus ließe sich dann ein Grund für die Trennung ableiten, denn sie hat nun endgültig die Nase voll von seinem Abenteuertrip und ihm bleibt nur noch Holz zu hacken. ;)
LG
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Re: Abschied

Beitragvon rivus » So 31 Mai, 2009 15:28


hallo perry,
nun hast du einen text ausgegraben, der schon ein wenig moschus in sich t rägt ;) . ich hatte ja eigentlich schon eckenbrüller versprochen, nochmal am text zu werkeln, jedoch blieb alles einfach im otterkot liegen. dem machte dieses wirr(r)war(r) nichts aus. nun werde ich mich bemühen, etwas brauchbares zu fabrizieren, aber danke für dein komm.

lg, rivus
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