Lyrik rund um das Thema Liebe

brennender sommer

Beitragvon Perry » Fr 22 Mai, 2009 11:38


zigarettenrauch kräuselte
zwischen rohrkolben und binsen
brüteten enten standen
fische im knietiefen

wir wateten durchs seichte
den blick aufs wesentliche gerichtet
ein schneller griff und schon
flog die forelle aufs gras

der qualm grüner zweige
brannte in den augen und doch
wollten wir sie nicht missen
die hitze junger feuer


1.Fassung:
brennender sommer


zigarettenrauch kräuselte
zwischen rohrkolben und binsen
brüteten enten standen
fische im knietiefen

wir wateten im seichten
den blick aufs wesentliche gerichtet
ein schneller griff und schon
flog die forelle aufs grün

der qualm grüner zweige
brannte in den augen und doch
wollten wir sie nicht missen
die hitze junger feuer
Perry
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Re: brennender sommer

Beitragvon Neruda » Fr 22 Mai, 2009 13:02


Hey Perry,

ansich, finde ich, hast du die Atmosphäre eines langen Sommertages ganz gut eingefangen. Man gerät richtig ins Träumen. An einigen Stellen halte ich den Text aber für verbesserungswürdig.
Insgesamt finde ich es gut, dass du hier nicht mit allzu vielen Metaphern oder Verschleierungen gearbeitet hast, weil das nicht zum Thema gepasst hätte. So liest sich der Text locker runter und man spürt fast die Leichtigkeit, die solche Sommertage mit sich bringen.
Zunächst zum Titel:
Den finde ich nicht ganz so gelungen, weil er mir zu wenig aussagt. Das ist so ein 0815-Titel, der einem nicht gerade Lust auf mehr macht. Außerdem wird mir die Bildebene des Titels zu sehr in der letzten Strophe aufgegriffen. Das ist mir zu viel Feuer und brennen. Vielleicht findest du ja noch einen passenderen Titel. Ich bin da leider auch nicht so gut drin.
In der ersten Strophe finde ich, dass es in der ersten Zeile besser wäre "kräuselte sich" statt nur "kräuselte" zu schreiben. Nur "kräuselte" klingt für mich nämlich so als würde da noch ein Objekt hinter fehlen. Als würde der Zigarettenrauch irgendetwas anderes kräuseln. Außerdem finde ich den Absatz von dem dritten in den vierten Vers nicht so gelungen gesetzt. Ich sehe keinen Sinn darin, dass "standen" in die dritte Zeile zu ziehen. Ich würde die Strophe eher so schreiben:

"zigarettenrauch kräuselte sich
zwischen rohrkolben und binsen
brüteten enten
standen fische im knietiefen"

In der zweiten Strophe finde ich, dass du es mit den Adjektiven ohne Bezugswort etwas übertreibst. In Strophe 1, Vers 4 hatten wir ja schon "knietiefen" und dann in Strophe 2, Vers 1 "seichten" und Vers 4 "grün". Vor allem der Übergang von der ersten in die zweite Strophe ist deshalb nicht so schön. Da würde ich eins der beiden Adjektive durch was anderes ersetzen oder halt noch ein Bezugswort dahinterhängen.
In Strophe 3, frage ich mich in Vers 1 wieso die Zweige grün sind. Das ist vielleicht eine blöde Frage, aber sind Zweige nicht meistens eher braun und die Blätter sind grün?
Der Abschluss ist dann zwar ewas langweilig, aber eigentlich a uch ganz nett gewählt, weil ich finde, dass man "hitze junger feuer", entweder wirklich auf gerade angezündete Lagerfeuer beziehen kann oder auf die Hitze der Jugend, überschaumende Leidenschaft, Erwachsen werden und so.
Insgesamt gefällt mir der Text ganz gut, auch wenn ich schon bessere von dir gelesen habe. Vielleicht helfen dir ja einige meiner Kritikanmerkungen weiter.

Lg, Kim
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Re: brennender sommer

Beitragvon Perry » Fr 22 Mai, 2009 15:19


Hallo Kim,
du siehst mich leicht enttäuscht, ob deiner Feststellung:

"entweder wirklich auf gerade angezündete Lagerfeuer beziehen kann oder auf die Hitze der Jugend, überschaumende Leidenschaft, Erwachsen werden und so"

Ich breche mir meine meine lyrischen Finger und du tust so, als ob solche Zweideutigkeiten nur so von den Bäumen fallen. ;)
Was hier wie die Beschreibung eines ganz normalen Sommertages steht, ist das Destillat eines Rückblicks auf eine Zeit der Freiheit (Nichtstun, Rauchen, Fischen) , das sich zudem in der übertragen Lesart, auf die ersten unbedarften bis ungelenken Versuche einer erotischen Annäherung übertragen lassen.

Zu deinen Anmerkungen:
Lyrisch verkürzte Sprache lässt schon mal ein "sich" weg, wenn dadurch ein zeilenübergreifendes Lesen möglich ist.
Zeilenumbrüche haben manchmal auch den Sinn Wortfolgen (brüten ... standen) durch die entstehende Lesepause zu betonen. Auch kann das "standen" hier sowohl auf die Enten wie auch auf das wir bezogen werden.
Bei der Formulierungssfolge von "im knietiefen" und im seichten" könnte man von einer bewussten Wiederholung sprechen, aber ich gebe dir insoweit Recht, dass eine zu starke Stilmittelhäufung bei einem so kurzen Text etwas überladen wirken kann.
Ein Beispiel für die übertragene Lesart des Textes sind die grünen Zweige. Die Protagonisten verwenden für ihr Lagerfeuer notgedrungen (vermutlich, weil auf die Schnelle kein anderes zur Hand war) grünes Holz. Die Folge ist der beißende Rauch. Dieses Bild beschreibt aber auch die jugendliche Ungeduld/Unreife (grün hinter den Ohren) der Jugendlichen.
Die Schlussformulierung öffnet zum einen den Blick auf die übertragene Lesart einer erotischen Annäherung und schließt den Bogen zurück auf den Titel.

Es sonst nicht meine Art einen Text so offen zu legen, aber hier musste es einfach mal sein.
Danke für deine Meinung und LG
Perry
PS: Durch das von dir angestoßene nochmalige genaue Lesen ist mir aufgefallen, dass ich tatsächlich statt "aufs Gras, aufs Grün" getippt habe und damit grün gleich zweimal vorkommt. ;)
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Re: brennender sommer

Beitragvon Neruda » Fr 22 Mai, 2009 17:03


Hey Perry,

tut mir Leid, wenn du von meiner Lesart enttäuscht warst, aber ich persönlich konnte aus dem Text nicht soviel herausholen, wie du vielleicht reingesteckt hast. Diese mögliche erotische Lesart erschließt sich mir jetzt nach deinen Erklärungen zwar schon, aber von alleine wäre ich glaube ich nciht drauf gekommen, weil mir dafür doch zu sehr der erotische Touch in den Bildern fehlt.
Bei dem "sich" verstehe ich leider nciht was du meinst, denn das zeilenübergreifende Lesen ist mit genauso möglich wie ohne, beziehungsweise sorgt der Zeilensprung hier sowieso nicht für verschiedene Deutungsmöglichkeiten. Man hätte ihn also auch weglassen können, so wie die meisten andere im Gedicht auch.
Die Stelle mit dem "standen" ergibt für mich auch immernoch keinen sinn, weil ich ncith verstehe was "brüteten enten standen" bedeuten soll. Das ergibt für mich keinen Sinn und liest sich unschön. Und auf welches wir lässt es sich denn beziehen? Ich kann es nur auf Enten oder Fische beziehen.
Ansonsten bin ich mir natürlich durchaus im Klaren darüber, wozu man Zeilenumbrüche verwenden kann, ich finde nur nicht, dass das bei diesem Text ideal gelungen ist.

Lg, Kim
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Re: brennender sommer

Beitragvon Perry » Sa 23 Mai, 2009 17:24


Hallo Kim,
ich mache gerne noch einmal den Versuch dir die Zeilenumbrüche aus meiner Sicht zu erläutern:
1. Lesart: Zigarettenrauch kräuselte
2. Lesart: Zigarettenrauch kräuselte zwischen Rohrkolben ...

1. Lesart: brüteten enten
standen fische im knietiefen
2. Lesart: brüteten enten standen (manche brüteten andere standen)
fische im knietiefen

Das "standen" bezieht sich natürlich auf die Enten und die Fische, da habe ich mich falsch ausgedrückt. Das wir, die Protagonisten, standen bzw. wateten erst danach.
Ansonsten ist das zeilenübergreifende Schreiben immer auch ein wenig Geschmackssache.
LG
Perry
PS. Das "enttäuscht" war mehr ironisch gemeint.
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Re: brennender sommer

Beitragvon Neruda » So 24 Mai, 2009 02:33


Ja, jetzt hat Jo nochmal etwas genauer erklärt was ich meinte. Mit "sich" funktioniert es doch auch:
1.Lesart: Der Zigarettenrauch kräuselte sich.
2.Lesart: Der Zigarettenrauch kräuselte sich zwischen Rohrkolben.
Abgesehen davon, dass es hier eigentlich keine wirklichen zwei Lesarten gibt, wie Jo oben erläutert hat.
Mag sein, dass es bei der Enten-Stelle noch irgendwie etwas mehr Sinn ergibt, aber "brüteten enten standen" liest sich ganz grauenhaft und ist jetzt auch kein so wichtiges Bild, dass es unbedingt erhalten bleiben muss.
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Re: brennender sommer

Beitragvon Perry » So 24 Mai, 2009 16:24


Hallo ihr beiden,
freut mich, dass ihr euch so mit dem Zeilenumbruch auseinandersetzt.
Letztlich lebt Lyrik von Verkürzung (in diesem Fall das "sich") und Andeutung. Insgesamt ist es natürlich Geschmackssache, gegen das "grauenhaft" wehre ich mich allerdings entschieden, da bewegen wir uns anscheinend auf total unterschiedlichem Terrain.
LG
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