Beschreibung von Natur und Umwelt

Am Tau der Gondel

Beitragvon kernbusch » Mo 04 Apr, 2011 19:47


Morgen kriecht als junger Geliebter
unter die Decke der Totenmutter.

Ein Schnarren befreit
die Piazzen von Raum und Zeit.

Andacht trägt die Welt
sicher in meine Tasche.

Im Glockenschlag,
erklärt sich violettes Licht
zum Hüter der Geister.

Das Meer flüstert:
come un amico anziano,
in dein blaues Haar.

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rivus (Di 17 Mai, 2011 19:45)
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Re: Am Tau der Gondel

Beitragvon Antibegone » Di 05 Apr, 2011 20:59


Hallo kernbusch. Herzlich Willkommen im LiFo :)


Ich finde dein Gedicht gar nicht schlecht. Es erinnert mich an „der Tod in Venedig“ – diese Stimmung des schwermütigen-trägen Verfalls Italiens, gemischt mit der Brise des Meers, die etwas Frisches verkünden möchte, einen Morgen, eine junge Liebe. Aber dessen Stimme die eines „alten Freundes“ (ich habe mal die ital. Phrase mit: wie ein alter Freund übersetzt. Ich kann kein Ital. Und habe es mir stümperhaft zusammen geklaubt, also korrigieren, falls Müll) ist und unter der „Decke der Totenmutter“ eingeschlossen wird und selbst wieder verkommt, weil sie verschlossen wurde, gar nicht erst wehen kann.
Mir gefällt vor allen die letzte Strophe ganz gut. Das Meer als (junger) Geliebter, vermeintlich, der semantische Bruch mit dem alten Freund, zurück in das blaue Haare, was sich ja auch leicht mit Meer assoziieren lässt, eher auf eine klare See hinwiese, hier aber gleichzeitig die Geliebte ist. Ich sehe da eine Bewegung in dieser Strophe, die besonders eindrucksvoll den vergeblichen Windzug in dem abgeschlossen Raum aus Verfall darstellt. Im Grunde, glaube ich, bleibt das Gedichte vielleicht sogar in der Schwebe: Wird es Morgen? – Bleibt es Schlaf?

Deine Sprachbehandlung ist relativ leicht – wenn man vom ital. Absieht -, bildreiche Sprache, die plastisch ist und mich durchaus anspricht. Du möchtest diese Stadt zeichnen, die Gondeln, die Kirchen, das Wasser und mir zumindest wird das sehr deutlich. Vor allen dieses Spiel aus Vokabeln des Meers, der Frische und demgegenüber denen aus dem Bereich von Tod und Verkommenheit sprechen mich an.
Manchmal wählst du relativ allgemeine Begriffe zum Beispiel „Welt“ oder „Raum und Zeit“. Dadurch verwischst du. Generalisierst. Deine Bilder werden dadurch ungenau. Ist es das, was du möchtest? Ich fand das etwas schade, weil ich mir diese italienische Stadt gut vorstellen konnte und mir gewünscht hätte, die Bilder würden genauer gearbeitet sein, um eben dies zu unterstützen. Oder nehmen wir mal die erste Strophe. Du schreibst explizit „Totenmutter“. Musst du Tod erwähnen? Oder willst du deine Bilder für sich sprechen lassen und im Leser die Assoziation von Tod hoch kommen lassen? Meiner Meinung nach hat das Gedicht ohnehin schon die Kraft diesen Verfall darzustellen, ohne dass du klar stellen musst, dass Tod darüber liegt.

Liebe Grüße,
Traumi
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