gut rivus,
die säugende, nährende, ja, bildende mutter im zentrum.
drumherum: eine salzsteppe, unwir(t/k)liches gelände; der raum, in dem das tötende einzieht. frösche unken fast schon monoton. das kind eines dickhäuters setzt dem li schlammmützen auf. tja und bei cheetahs? muss ich an tarzans kreischimpansigen affenkumpanen denken, der sich bei diesem radau wohl gerade mal so auf blickweite - wenn überhaupt - an antilopen wird heranpirschen können. die szenerie der ersten vier zeilen wirkt auf mich tragikomisch, verzerrt, wie ein verunglücktes und auch verödetes disneyremake. von daher verstehe ich die existenzielle schwere der ersten zeile nur schwer.
das bedrohliche, dunkle ankommen des tötenden wird in der folge nicht oder kaum eingelöst oder (soll) gar nicht erst GROSS zur kenntnis genommen (werden)?
aber lesen wir weiter:
das li wird festgehalten vom gesang der salzbüsche. salzbüsche sind ziemlich zähe und genügsame sträucher, die sich mit viel mühsal und wenig wasser in karge böden krallen und ihrer zeiten harren; jedenfalls ist es kein sattgrünes und voll hoch aufschießendes gewächs, wie ein kräftiger laubbaum zb. und doch: es ist ein stück lebendigkeit, die das li fesselt, zumnindest mehr als die vorigen schlaglichter, die es wie im vorbeigehen erwähnt, wo es im kindischen spiel sogar eine packung schlamm abbekommt. das li wirkt auf mich leicht genervt, oder besser, besorgt.
nun tritt das ld in opposition zum li auf.
das li hängt an der natur. das ld an chapeau claque oder elganten handschuhen (was auch immer).... in der letzten zeile der ersten strophe höre ich die direkte rede des/eines ld. "meine miriam, meine maria, meine mutter gottes, stammt aus witchcraft". ein heutzutage gar nicht so selten gehörtes statement. "meine bildung stammt aus zeit vertreibenden, womöglich virtuellen, spielereien", sagt das ld. hm ich sehe das li eine augenbraue hochziehen und seine lippen zum leichten aber überhörbaren pfff zusammenspritzen.
die zweite strophe beginnt als ansprache des li ans ld. trotzdem, sagts li, sitzt du mit dem rücken zur wand, hängst du da genauso drin wie ich, als du sprichst: usw...! man kann die 3.-6. zeile mehrdeutig lesen. anfangs, dachte ich noch, dass es doch ziemlich offensichtlich ist, dass
jedem, jeder, allen, jeder nur bedeuten kann, dass hier von der beliebigkeit im handeln, sagen (sind diese zeilen sogar wieder als direkte rede des ld zu verstehen?) und denken des ld die rede ist. aber je häufiger ich dem nachgehe, desto öfter kommt mir auch der gedanke, dass sich das li behutsamer ans ld wenden könnte und seinerseits, sozusagen als weiterführung seiner ansprache, dem ld - ein aufklärerisches, humanistisches motiv - die augen für die buntscheckigkeit des lebens öffnen will?
ich will das noch nicht entscheiden.
deswegen gehe ich einfach voran. vielleicht komme ich mit den letzten drei zeilen zum umgreifenden dieses werkes, zumindest aus meiner sich annährenden lesart:
ich gebe zu, ich gerate bei den letzten drei zeilen der zweiten strophe ins stocken.
das weiße schicksal sinkt hinab in die häuser und die schwarzen lebenslinien steigen hinauf zu den wolkenhäusern. zwei bewegungsrichtungen, zwei unfarben werden aufgerufen, aber, wie ich glaube, nicht um diese zweiheiten einfach einander gegenüberzustellen, sie zu trennen. etwa in dem ich sagte, dass das weiße schicksal die flachen häuser der ld`s heimsuchte und die schwarzen lebenslinien die alleinige sache des li`s seien. ein anderer ausgang riefe folgende konstellation auf: beide, li und ld, werden vom schicksal betroffen, welches, in neutralem, kaltem und hintergründigem weiß gehalten, fast sprachlos (wie ein weißes, unbeschriftetes blatt papier) hingenommen werden müsse. im vordergrund zeichneten sich die schwarzen lebenslinien auf. sie zielten in die wolkenhäuser; sie transzendierten das schicksalhafte, sie formulierten dieses um und damit gäben sie ihm eigens erst eine lebendige hülle: das leben/die schrift selbst. darüber hinaus könnte man die vorvorletzten zeilen auch als den gezogen schluß des li`s bezogen auf das leichte und beliebig sich ausdrückende dasein des ld`s lesen:
vom schicksal heimgesucht, sprachlos gemacht, flüchtete sich das ld in trübe wolkenfernen. das schicksal und das leben zögen in entgegengesetzter richtung aneinander vorbei. beide würden hier nicht entschlossen angenommen und versöhnt, gekreuzt und zum ausdruck gebracht, sondern das ld riefe - bis zum hals im dreck und mit dem kopf in den wolken steckend - bloß "verurteilt uns nicht!".
das was stirbt betritt den raum oder das tötende als das sich selbst tötende, an sich selbst sterbende, zielt zu grunde gehen an oder der langsame tod, der leben heißt, klafft im kargen raum oder das leben einfach das leben oder aber das li beobachtet das verlümmelte und wurfweite verenden des anfänglichen totbringers, des ld, und macht sich aus der nötigen distanz einen reim darauf.
ich muss augenscheinlich zugeben, dass ich mit deinem regenverhangenen himmeln ziemlich unpfleglich, mal hier mal dorthin schießend, umging
. zudem kann ich dir nichteinmal sagen ob mir dein text gefällt oder nicht. trotzdem hat mir das herumstochern in ihm freude bereitet.
ich hoffe du nimmst mir das nicht übel.
Abschließend vielleicht die drohung: dass es durchaus auch sein kann, dass ich in zukunft nochmals und anders - ich hoffe dann etwas klarer und aufgeräumter - an diese zeilen herangehe....who knows...
beste grüße und gute nacht
bell-frog