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von einer parkbank aus gesehen

BeitragVerfasst: Mi 30 Jan, 2019 12:43
von Perry
von fern grollt die brandung in den auslaufenden wellen
flieht ein schwarm heringe vor laut bellenden silbermöwen
auf dem markt sind austern und taschenkrebse im angebot

im blendenden schein der junisonne fallen türkentauben
wie tot vom himmel erst das von windrädern getaktete licht
fängt sie wieder ein und bringt ihren lebensfilm zum laufen

junge bordsteinschwalben lassen männerherzen hüpfen
auch wir lehnen wechselseitig erregt die körper aneinander
auch wenn die vielbeschriebene liebe von lyrikern selten hält

Re: von einer parkbank aus gesehen

BeitragVerfasst: Mo 04 Feb, 2019 21:52
von rivus
hi perry
ein kontemplatives gedicht. ein annäherungsversuch

(1) strophe 1 spiegelt die ferne anderer überlebenskämpfe. die brandung tönt wehmütig, endlich und strandend und bekommt ihren endgültigen ausdruck im angebot auf dem fischmarkt der menschen. ein darwinisches szenario (der jahrmarkt der eitelkeiten, das bellen der silbermöwen gehört dazu)
(2) strophe 2 ach, hier bietet die junisonne zusammen mit den windrädern (in ornithologischer sprache totengräber) das trauerspiel manipulierbarer lichtschattenwelt, doch das fallen der türkentauben ist nur zu real
(3) strophe 3 vergeblich scheint alles ersehnen und einfangen, balzac beschrieb es in seinem „glanz und elend der kurtisanen“


fg
rivus

Re: von einer parkbank aus gesehen

BeitragVerfasst: Mo 04 Feb, 2019 23:07
von Perry
Hallo rivus,
Du solltest Dir dein Geld als Lektor oder besser Literaturkritiker verdienen. ;)
Spaß beiseite, das ist sicher kein leichter Job und vermutlich auch nicht besonders lukrativ.
Es freut mich, dass Du soviele lyrische Facetten im Text entdecken konntest. In Beobachtungen stecken ja immer
auch eigene Erfahrungen, die sich an der Umwelt spiegeln. Erinnerungen an schöne Tage am Meer, Tod und die unerfüllte Suche nach neuer Liebe. Wie eben Lyriker manchmal so ticken. ;)
Danke fürs Reflektieren und LG
Perry