hallo friedrich,
(hm - ich wollte doch nur kurz...)
ich bin echt angetan von dem spiel mit dem "nicht-gedicht". betrachten wir:
keine autos gab es damals kein
......................nur winter und schnee
schwieg nacht ins haar man hätte zurück
die einrückung hier, fällt sprachlich durch einfachheit auf. eine ellipse bestehend aus vier worten in ganz herkömlicher anordnung. ganz klar im gegensatz zu der bildhaftigkeit der folgenden zeile (schwieg nacht ins haar) und der sprachlichen aufwendigkeit der vorrangegangenen ("keine autos gab es damals" statt "damals gab es keine autos").
außerdem ist ihr zueigen, dass sie eine eigenständige (sinn-)einheit bildet. was in den meisten der verse nicht der fall ist. lediglich "es flimmerte weiß " bzw. "es flimmerte" und "einzeln waren sie bruchteile" erreichen auch diesen charakter. in allen anderen muss der leser über die versgrenzen hinaus lesen um die syntagmen zu vervollständigen.
diese zweite zeile fällt etwas aus dem gedicht heraus, so wie ein kommentar und ist trefflich "an die seite" des gedichts geschoben. aber das allein wäre eher langweilig. gleichzeitig ist die entstehende lücke im schriftbild (gebiet außerhalb des gedichtes, des textes) in den text selbst eingebunden:
das letzte "kein" der ersten zeile verweist auf ein noch folgendes wort. noch etwas, das es damals nicht gab. einerseits kann man annehmen, dass das sprechende subjekt des gedichts hier die aufzählung der dinge, die es nicht gab, abbricht um in diesem kommentar sehr klar zu sagen was es gab: "nur winter und schnee". oder, wir nehmen an, dass das gesuchte wort da ist, in der lücke selbst oder die lücke selbst sein soll. also ein (durch schnee) verschleiertes wort, etwa wie ein zensurbalken. (nur eben weiß)
die letzte möglich keit, die lücke selbst ist der text "es gab kein [nichts]" oderso.
diese interpretation liegt noch näher wenn man das [nichts] in susammengang mit dem rest zeile stellt.
keine autos gab es damals kein
[nichts] nur winter und schnee
[edit: den teil mit den "auf gleicher höhe" abschließenden versen habe ich hier rausgenommen (4 zeilen oderso), da mir auffiel, dass ich den fehler gemacht habe, das nicht aus dem originaltext abzuleiten.]
ganz ähnlich sehe ich diesen effekt bei
es flimmerte weiß
es flimmerte
hier wäre ein sehr denkbarer grund für die wiederholung um den leser darauf zu stoßen, das "nicht-gedicht" mit einzubeziehen. zu lesen: "es flimmerte []" also z.B. "es flimmerte [weiß]" in anlehnung, an die "farbe", die auch hier (wie gewöhnlich) der hintergrund eines abgedruckten gedichtes hat.
ob die wiederholung an der stelle sinnvoll ist kann ich noch nicht ganz sagen, einerseits wirkt es etwas redundant, andererseits käme man sonst wohl nicht darauf; eine umformulierung könnte dem aber vllt. abhilfe schaffen? so zum beispiel:
keine autos gab es damals kein
......................nur winter und schnee
schwieg nacht ins haar man hätte zurück
lächeln können, wirbeln, sinken, steigen doch ich
starrte ins schwarz hinauf
.......flimmerte esnächste strophe, nächstes glück.
einzeln waren sie bruchteile
langer winteraugenblicke, taumelten aus
allen wolken als das damals
zur erzählung zerrann
hier denke ich kommt die praxis des erzählens ins spiel, und ein wichtiger bezug auf die erste strophe in der der text eben so wirkt als kämen einfach fetzen einer alten geschichte ("lächeln können, wirbeln, sinken, steigen") dem sprechenden subjekt ins gedächtnis, es ist es ist schwammig und einige dinge bleiben hinter dem weiß (rauschen, fällt mir da ein.) verborgen. "einzeln waren sie bruchteile" ja die verse etwa wären aufgrund der vielen enjambements einzeln "wertlos", aber zusammen breiten sie sich aus und werden: ein gedicht! :)
das will ich nun nicht weiter ausbauen.
dadurch, dass du hier die grenzen zwischen dem, was nicht zum gedicht gehört, nämlich dem papier (des verlegers) bzw. unserem forenvirtuellpapier an zwei stellen aufweichst, setzt du die ganze "seite" dem verdacht aus noch zum gedicht zu gehören. oder noch weiter geführt: der text selbst könnte unter verdacht stehen nicht zu speziell dieser geschichte (damals...) also auch nicht zu diesem gedicht zu gehören, wenngleich es inhaltlich den anschein haben kann (siehe die kommentarhaftigkeit der 2ten zeile). dein gedicht verwischt.
das verstärkt zusätzlich die bruchstückhaftigkeit.
gefällt mir. oh ja.
am titel störe ich mich allerdings wie isa etwas, wobei ich durchaus nachvollziehen kann warum "schneeflocken" bei "bruchstücken" genannt werden sollen, allerdings charakterisiert man allgemein schneeflocken durch ihre komplexe, keines wegs bruchstückhafte gestalt. dass
schneeflocken fraktale sind, reisst da dann auch nicht raus ;) will sagen zu: gewollter titel. ein zwar rational faßbarer, doch nicht als stimmig empfundener titel.
mfg
fred
PS: verzeih' mir bitte etwahige rechtschreibfehler o.ä. ... müde
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(DichterFürst1616)