Optimistische, fröhliche Gedichte

Windrad

Beitragvon Albatros » Do 18 Sep, 2008 15:18


Das Windrad dort an jenem Ort,
das läuft so fort und immerfort,
und schlägt der Wind dann einmal um,
dreht es sich eben andersrum.
Und steht er still, so hält es an,
weil´s sich von selbst nicht drehen kann.

So lauf auch ich in einem fort,
von dort nach hier, von hier nach dort.
Geh vorwärts, rückwärts, stehe still,
ganz wie der Geist mich treiben will.
Und wird der Leib dereinst vergehn,
mag frei mein Geist dort drüben wehn .
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Re: Windrad

Beitragvon isaban » Do 18 Sep, 2008 18:26


Das habe ich schon mal irgendwo gelesen.

Ob ich es als Lichtblick betrachten kann, weiß ich nicht, denn schließlich geht es hier um ein LI, das sich vom Wind, vom Schicksal, von dem, was ihm vorgegeben wird treiben lässt, nicht einmal versucht, selbst die Richtung zu bestimmen. Damit will es warten, bis es den Löffel abgegeben hat und findet diese Aussicht womöglich nicht einmal bedrückend.

Beinahe schade finde ich, dass beim Wechsel der Windrichtung nicht auch als kleine Finesse vom Jambus in den Trochäus gewechselt wird.
Witzig ist die Elision in V6, die durch diese winzige Beschneidung sehr schön das inhaltlich angeführte Manko verdeutlicht, interessant auch die Hin-und-her-Inversion V7 und 8, die den Inhalt perfekt unterstreicht. Nicht ganz so schön die Dopplung des "Geistes", V10 und 12, gelungen jedoch die Windung der Syntax, um darzustellen, wie weit hergeholt die Freiheit des Geistes in den letzten beiden Versen ist.

LG, Isaban
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Re: Windrad

Beitragvon Albatros » Do 18 Sep, 2008 21:28


Liebe Isaban,

das hast du bestimmt schon mal in "keinverlag" gelesen. Ich persönlich habe mich sehr gefreut, deinen Namen hier zu lesen. Dass du als "Wortbrecherin" bereits in lyfo aktiv warst, war mir offen gesagt nicht bewußt.

Nun möchte ich vorab bemerken, dass ich kein solcher Profi bin, wie du. Mit Trochäus und Jambus arbeite ich nicht bewußt. Ich schreibe aus dem Gefühl oder Bauch heraus.

Jedenfalls lässt sich das lyrI nicht bewußt treiben. Mein Text beschreibt vielmehr, dass der Mensch hier auf der Erde Zwängen unterworfen ist, auch aufgrund der Beschränktheit seines Leibes und damit seiner Möglichkeiten. Der Geist ist den leiblichen Bedürfnissen wie auch der ihn umgebenden Lebenssituation unterworfen und wie etwa ein Fahrzeug abgeregelt. Das entfällt mit dem Verlassen dieses Gefängnisses "Leib". So in etwa habe ich mir das vorgestellt.

Dir danke ich wie immer für die wertvollen Anregungen, die meine Texte so oft verbessert haben.

LG Albatros (Peer)
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Re: Windrad

Beitragvon Eugen » Do 18 Sep, 2008 21:38


Moin,

ich habe ein Verständnisproblem. In der ersten Strophe hast Du zwei unabhängige Protagonisten. Den Wind, der treibt und das Windrad, das getrieben wird.

[quote="Albatros":39vxf8zp]
ganz wie der Geist mich treiben will.
[/quote]
Wer treibt hier wen? Der Geist den Körper? Was für ein Geist? Meiner? Das "mich" wäre dann doch aber eine Einheit aus Geist und Körper. Siehst Du den Geist getrennt vom Körper wie in der ersten Strophe, dann ist der Körper kein "ich" mehr.

Gruß Eugen
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Re: Windrad

Beitragvon isaban » Do 18 Sep, 2008 21:51


@ Albi:
Ah, ich wusste doch, dass ich es vor längerer Zeit schon mal irgendwo gelesen hatte. :D
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Re: Windrad

Beitragvon Albatros » So 21 Sep, 2008 08:35


Hallo Ihr Beiden,

@Eugen

Selbstverständlich sehe ich Geist und Körper als eine Einheit, wobei der Geist, also die Summe unseres Verstandes und unserer Veranlagungen, den Körper treibt. Solange der Körper lebt, ist der Geist an ihn gebunden. Dabei sehe ich jetzt den Aufenthaltsort des Geistes nicht dermaßen streng, als dass dieser permanent im Innern des Menschen ruhen müsste. Und in dem Bild als Wind steuert er den Menschen quasi "von außen", in dem er ihn, wie bei einem Windrad antreibt. Ich hoffe, du gestattest mir diese kleine Freiheit. Ich betrachte dies trotzdem als Einheit oder Ich.

Unseren Geist setze ich dabei trotzdem nicht mit anderen "Geistesmächten" (bspw. Leidenschaften) gleich, die einen Menschen auch treiben können.

@Isaban

Schön, wenn du dich noch an mein "unvergessliches" Gedicht erinnern konntest. :D

Euch Beiden danke ich verbindlichst für Euer wertes Interesse.

LG Albatros
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Re: Windrad

Beitragvon Old Gil » Sa 27 Sep, 2008 19:19


@Eugen: Die Frage ist nunmal, ob man den Geist auch als das "Ich" sehen kann. Aber das ist eine reine Definitionssache, wie so vieles in der Fylloßofie (iiihhh...). Oder ich habe was falsch verstanden.
@Albatros: Abgesehen davon, dass mir dein Gedicht auch jetzt schon ganz gut gefällt (wenn es mich auch nicht umhaut) finde ich die Idee von isaban sehr reizvoll. Könntest du das einbauen? Bütöh!

Gern gelesen,
gil.
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Re: Windrad

Beitragvon Eugen » Sa 27 Sep, 2008 19:39


Moin,

[quote="Old Gil":k0zfxoeh]Oder ich habe was falsch verstanden.
[/quote]
ich glaube Du hast mich falsch verstanden, was vielleicht daran liegt, daß ich mich undeutlich ausgedrückt habe.

[quote="Albatros":k0zfxoeh]
So lauf auch ich in einem fort,[/quote]
Hier ist das "ich" eine Einheit aus Geist und Körper, denn es kann laufen.

[quote="Albatros":k0zfxoeh]
Geh vorwärts, rückwärts, stehe still,
ganz wie der Geist mich treiben will.[/quote]
Hier liegt eine Trennung vor, denn der Geist treibt das "ich". Wenn ich aber den Geist vom Körper trenne, ist es nicht mehr das "ich" aus der ersten Zeile.

[quote="Albatros":k0zfxoeh]
Und wird der Leib dereinst vergehn,
mag frei mein Geist dort drüben wehn [/quote]
War der Geist nicht vorher schon frei im Handeln, da er den Körper getrieben hat?

Natürlich habe ich ein wenig überzeichnet und vielleicht denke ich ja auch zu kompliziert, aber so waren meine Eindrücke.

Gruß Eugen
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Re: Windrad

Beitragvon Albatros » Mo 29 Sep, 2008 21:10


Hallo Ihr Beiden,

Könntest du das einbauen?


Nee, habe keine Lust. :D Müsste erst einmal im Wiki nachschlagen, was der Unterschied von Jambus und Trochäus ist und meine Zeit ist wirklich sehr knapp. ;)

Abgesehen davon, dass mir dein Gedicht auch jetzt schon ganz gut gefällt (wenn es mich auch nicht umhaut)


Hat Isaban ja auch gefallen.

@Eugen

Hast du alles recht verstanden. Ich verstehe den Mensch als eine Einheit von Geist, Seele und Körper, wobei ich es dem Geist gestatte, nicht zwingend dauernd im Körper wirken zu müssen, er kann nach meinem Dafürhalten auch um den Menschen herum sein, ich bin da einfach nicht so spitzfindig. :D

Euch Beiden besten Dank.

LG Albatros
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Re: Windrad

Beitragvon labahannes » Mi 08 Okt, 2008 11:45


[quote="Albatros":iopnyind]
und schlägt der Wind dann einmal um,
dreht es sich eben andersrum.
[/quote]


Hallo Albatros hier würde ich das "dreht es " in "dreht's" mändern weil sich das sonst nicht flüssig liest. Ansonsten ein schönes Gedicht

Mfg johannes
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Re: Windrad

Beitragvon Eugen » Mi 08 Okt, 2008 15:15


Moin,

[quote="Albatros":1g3s2p4h] wobei ich es dem Geist gestatte, nicht zwingend dauernd im Körper wirken zu müssen, er kann nach meinem Dafürhalten auch um den Menschen herum sein, ich bin da einfach nicht so spitzfindig. :D
[/quote]
da sind wir gar nicht so weit auseinander. Mir ging es nur um die Definition von "ich" in der letzten Strophe. Wenn "ich" die Einheit aus Geist und Körper ist, dann kann das, was der Geist umhertreibt nicht mehr "ich" sein, denn zu diesem Zeitpunkt wird der Geist als von der Einheit losgelöst betrachtet.

Gruß Eugen
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Re: Windrad

Beitragvon Bunsenbrenner » Sa 11 Okt, 2008 12:03


Hallo, eine sehr interessante und wahre Ansicht, so finde ich. Mir gefällt das Gedicht sehr gut. Ein netter Vergleich mit dem Windra. LG Sabine
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Re: Windrad

Beitragvon Albatros » Di 14 Okt, 2008 18:08


Hallo Ihr Dreie,

@labahannes

und schlägt der Wind dann einmal um,
dreht es sich eben andersrum.

Ich denke, dass es so, wie es jetzt dasteht, metrisch einwandfrei ist und möchte es deshalb so belassen. :)

Aber dennoch danke für die Anregung.

@Eugen

Damit wären dann ja alle Klarheiten beseitigt. :D

@Sabine

Bunsenbrenner gefiel mir nicht so, obwohl der harte Dinge zum Schmelzen bringt. :D

Schön, wenn dir der Gedanke gefallen konnte.

Euch Dreien wie immer meinen erlesensten Dank fürs Interesse und die Anregungen.

LG Albatros
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