von Drehrassel » So 02 Aug, 2009 10:09
hallo mystic,
zunächst mal würde ich die ganzen grußformeln, anreden an die leser und all das, was du das so unschön über und unter dem text platziertest, wieder heraus editieren. das verdirbt einem jedes interesse, sich mit deinem gedicht zu beschäftigen. es sieht wie gesagt nach nix aus, es klingt devot und nach selbsthilfegruppe; außerdem bevormundet es den leser. - ganz wie das kleine unschuldige blättlein, das sich vom baume gelöst im winde schaukeln lässt, führt nämlich auch das lyrische gedicht ein gewisses eigenleben, von jenem moment an, da man es fertig geschrieben, redigiert und editiert der öffentlichkeit zum reinen genuss und/oder auslegung, deutung, interpretation (rezeption) übergab. /
dein text versucht sich in einer allegorisch-gleichnishaften rede. ich denke, das ist offensichtlich. du bleibst dabei konsequent in einer ebene und durchbrist die bildfelder sowie die lexikalischen felder praktisch nicht. man könnte also von einer implikativen allegorie reden. textimmanent gibt es keine genauen hinweise darauf, ob und welche anderen lesarten / doppelte ebene in einer exegese einschlägig zu sein scheinen. einzig das stilmittel der personifikation, das wiederholte und explizite nennen des "lebens" als abstraktes und offensichtlichen schlüsselbegriff und schlussendlich die - entschuldige! - ausgelutschte bildhaftigkeit des gedichtes lassen den heuristischen rahmen, den sinnhorizont dieses gedichtes mit zaunpfählen um sich schmeißen, sodass der geneigte leser sich gerade zu in deckung begeben muss, um sich schadlos zu halten... /
leider wirkt die inkohärenz mancher deiner vergleiche nicht als habest du da sozusagen bewusste dissonanzen anbringen wollen, sondern als habest du tatsächlich sehr bemüht versucht, deine anvisierte polysemie eng und parallel zu führen; was dir dann aber mit peinlicher offensichtlichkeit misslang. z.b.
"bis der harte Aufprall
des Lebens"
nicht einmal im falle regennasser blätter, die plump von einem baum geschüttelt werden und direkt zu boden fallen, würde ich von einem "harten aufprall" sprechen. umwieviel weniger, wenn es sich um ein im winde tänzelndes blättlein handelt?
wie gesagt, merkte man deinem text an, dass es ihm an dissonanzen und bildbrüchen glegen wäre, beurteilte ich das anders. aber dem ist ja so nicht...
die verse sind schlicht und harmlos stets an kolon-grenzen gebrochen und geben praktisch nichts her, was sie als eigenständiges struktur-element auszeichen könnte. - das aber macht die lyrische dichtung zur lyrik! der grammatische satz befindet sich da nämlich in einem spannungsverhältnis zum vers als einer ebenso eigenständigen einheit. so und nur so muss man lyrische gedichte lesen, schreiben, verstehen.
naja. das soll mal reichen...
gruß,
rassel
dreimal selig, wer einen namen einführt ins lied!
- ossip mandelstam