Pessimistische Lyrik

Leichtküpfig

Beitragvon Ruelfig » Do 22 Jan, 2009 20:36


Die immer gleichen Töne klingen,
wenn Hamster in den Rädern jagen.
Wie wirst du sie zur Ruhe bringen?

Es will dir einfach nicht gelingen,
dem Klang die Ohren zu versagen,
wenn immer gleich die Töne klingen.

Und der Versuch, sie zu bezwingen,
wird scheitern, weil sie weiter nagen.
Wie kannst du sie zur Ruhe bringen?

Sie kommen aus dem Nichts, sie springen
aus dem Äther. Lass dein Klagen,
da immer gleich die Töne klingen.

Es hilft dir nicht das Händeringen,
es gibt kein Mittel, sie zu schlagen.
Wer kann sie noch zur Ruhe bringen?

Sie wollen dich zu Boden zwingen,
hörst du die Würmer in den Ohren sagen.
Die immer gleichen Töne klingen.
Kann man sie nie zur Ruhe bringen?
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Re: Leichtküpfig

Beitragvon Le_Freddy » Fr 23 Jan, 2009 00:39


hallo Ruelfig,

Hier existiert ein lyr.Du, dass sich gegen irgendeinen Auswuchs multimedialen Gesellschaft wehrt "sie springen aus dem Äther". Dieser Kampf wird allerdings mehrfach als aussichtslos vom lyr.Ich abgetan, "weil sie weiter nagen".
Mit "Sie wollen dich zu Boden zwingen" hat es dann zu nächst den anschein, dass das lyr.Ich eine Gefährdung des lyr.Du durch "Sie" feststellt. Aber das sagt nicht das lyr.Ich sondern "die Würmer in den Ohren" ~ Stimmen im Kopf. Hiermit unterstellt das lyr.Ich dem lyr.Du auf den ersten Blick sogar eine geistige Störung.
Interessant hierbei ist, dass "die Würmer in den Ohren" stark an die Ohrwürmer aus dem Radio (daher "Äther") erinnern, die immer gleich klingen. Damit haben wir einen herrlichen Seitenhieb gegen den gezwungenen Popindividualismus. So bewahrheitet sich die Aussage, dass der Kampf des lyr.Du gegen die multimediale Gesellschaft fruchtlos sei.

Die wiederholungen passen tatsächlich gut zum Inhalt allerdings finde ich das Gedicht etwas zu lang, es sind zu viele strophen in denen man nichts neues erfährt, namentlich 2,3 und 5, um den Inhalt zu vermitteln, hätte auch eine dieser strophen ausgereicht.
Außerdem ist in Strophe 6 der zweite vers zu lang, ausgerechnet der mit der pointe... der vierte vers dieser strophe fällt rythmisch etwas heraus, weil man instinktiv das "Kann" betonen möchte, allerdings ist das nicht so dramatisch, da man, beim letzten Vers angekommen, ohnehin jambisch liest und spricht. ;)

[edit]: Jetzt hab ich ganz vergessen auf den Titel Bezug zu nehmen. "Leichtköpfig" - was macht den Kopf leicht? - Hirnlosigkeit, also die durch weite Teile der Medienlandschaft vermittelte Attitüde, gegen die das lyr.Du ankämpft, selbst jedoch auch schon daran leidet.

Soweit von mir, hat mir Spaß gemacht noch dieses Gedicht als mein "gute nacht Gedicht" zu lesen.
amicalement
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Re: Leichtküpfig

Beitragvon Ruelfig » Do 29 Jan, 2009 22:32


Hallo Freddy,
danke für deine Antwort. Die Länge dieses Textes ist ihrer Form geschuldet. Es ist eine Villanelle und diese Form verlangt diese Form und die ständige Wiederholung. Ja, die Wiederholungen sollen die Wiederholung wiederspiegeln nd die Unmöglichkeit, die Ohren frei zu machen. Die Zeilenlänge in der Villanellenform ist eher beliebig. von daher ist es meine favorisierte Reimform.
LG,
R
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Re: Leichtküpfig

Beitragvon Ruelfig » Do 19 Feb, 2009 21:11


Hallo Lymielle,
den Mond beneiden? Ja, das wäre was, wenn einem Stimmen keine Ruhe bringen. Danke für deine Antwort und dein Verständnis. Nieder mit den Ohrwürmern!
LG, R
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