von rivus » Fr 03 Jul, 2009 19:33
Ach Ruelfig,
ich intoniere dein Aus einander mit Schwerblut. Das Gedicht kündigt Tatbestände an und trotz dieser Gewissheit des Ausgangs vermag ich, den Text, den Vogeltönen mit innerer Beteiligung zu folgen. Mich empfängt ein direkter, gereimter Dialog eines LI, das einen abrupt beendeten Traum in Baumnähe & in unmittelbarer Nähe zu Vergangenem zu verarbeiten versucht. Das Gereimte liest sich mit viel Puste, arbeitet sich bemerkenswert flott durch Erinnerung, Melancholie, menschliche Schwächen & Eingeständnisse. Daher walkt es das entzweiende Auseinander durch die Leserseele:
Das einsame, nicht entwurzelte, aber traumanfällige LI dringt in wohlbekannten Baum & in vertrauten Schatten, der noch getränkt ist vom einem erlebten Wir und der noch genauso daliegt wie einst im gelebten Traume. Doch aus diesem Wir-Traume, dieser Bindung, diesem Bühnenbild ging ein LD fort und hinterlässt eine geplatzte Illusion: Der zweisame oder doch eher LI-gesponnene Traum war flöten! Das die Beziehung verlassene LD wollte mehr Lebensraum, Bewegungsfreiheit, zweifelte am Zweier- & Eigensein, fühlte sich eingesperrt, gequält, empfand das vom LI gewünschte Wir-Sein als Störung des Eigenrhythmus, ja vielleicht sogar als Bedrohung, da es einen größeren Schutzkreis mit seinem Fortgehen suchte. Zurück blieb das resümierende, abgezweite, nun bindungslose, mit seinen Zweifeln & Ungewissheiten ringende LI, das die Beweggründe des Weggangs des LD bildgenau in sich wachruft & dabei unzweisam seine Beteiligung wegflötet, denn zu dunkel dudelt das Lied die ehemalige Ohnmacht des LI, welche das am LW leidende, sich quälende LD oft nicht mehr aushalten konnte. So suchte es die Zwiegespräche „an des Waldes Saum“, den verlorenen Traum vom gemeinsamen Lebensgang und fand jedoch nur das im Vogel manifestierte, herausmusizierte Einsame, welches die Erkenntnis des Aus-einander-Gelebten, des Nicht-zueinander-Findens in der Version des LI immer eindrücklicher anzustimmen weiß. Und so überrascht das in der fünften Strophe ausgesprochene, auch mit der Zeit gewordene Fremdwerden und Sprachlose nicht mehr wirklich, sondern es führt uns Leser zur letzten messerscharfen Konfliktbewältigung. Hier befreit sich das LI endgültig auch von eigenen, sich selbst zerträumenden Schuldgefühlen und kann mit dem Benennen der Einander-Wahrheit das LD aus dem Klagen und sich aus den hässlich gewordenen Traum bringen. So löst sich der Konflikt! Der Vogel verliert seine Schrecken, metaphorisiert sich in die nicht mehr verletzende Vergangenheit und kann sich sogar mit dem Baum symbiotisieren. Und das LD marschiert ein letztes Mal ins Fort und nimmt den Traum gleich mit.
Sehr gern gelesen
LG, rivus