Pessimistische Lyrik

FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHEN

Beitragvon Rando Reinhardt » Fr 10 Jul, 2009 18:07


Der Umgang mit sogenannten Schriftstellern
ist in höchstem Grade schädlich
(für mich)

sie sind Menschen
die nichts aus sich selbst heraus
sondern alles nur durch ihre (literarische) Brille sehen
und das ist gefährlich

aufrichtig überzeugt halten sie ihre Sinnlichkeit
für romantischen Überschwung
ihre Wankelmütigkeit für künstlerisches Temperament
und ihre Faulheit
für philosophische Ruhe

ihr Geist in seinem banalen Streben
nach Perfektion
sieht alles ein wenig überlebensgroß
mit Umrissen
die in einem blauen Dunst
von Kippen und Sentimentalität verschwimmen

sie lügen
ohne zu wissen
dass sie lügen

und wenn man es ihnen nachweist
dann erklären sie
es sei eine schöne Lüge

sie sind Idealisten
Wenn die Sache irre wird, werden die Irren zu Profis
(Hunter S. Thompson)
Rando Reinhardt
Mitglied
Mitglied
 
Beiträge: 58
Registriert: Di 07 Okt, 2008 13:11
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon rivus » Sa 11 Jul, 2009 09:53


ach rando (benka),
kommst mir nun mit somerset maugham (da werde ich schwach!) gefällt mir dein dingens. auch wenn es viel behauptet ;) , lese ich es gern.

grüße, rivus
Benutzeravatar
rivus
Moderator
Moderator
 
Beiträge: 2989
{ IMAGES }: 0
Registriert: Sa 27 Sep, 2008 09:19
Wohnort: Am Rand der Welt
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon exmaex » Di 04 Aug, 2009 16:27


hallo rando,
leichte bis interessante gedanken. für meinen geschmack aber als lyrik ungeeignet, da fast ausschließlich aneinandergereihte aphorismen ohne (sprachlichen) bezug zueinander.

sie lügen
ohne zu wissen
dass sie lügen

imho unfug. lügen ist per def. wissentliches fehlinformieren.

gruß exmaex
irgendwie
exmaex
Urgestein
Urgestein
 
Beiträge: 1603
Registriert: Sa 25 Sep, 2010 17:34
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon Gast » Di 04 Aug, 2009 16:39


ist es falsch sich von rationalen definitonen zu entfernen?
Gast
 
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon exmaex » Di 04 Aug, 2009 16:45


noe. nur nicht immer angebracht.
irgendwie
exmaex
Urgestein
Urgestein
 
Beiträge: 1603
Registriert: Sa 25 Sep, 2010 17:34
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon mystic » Di 04 Aug, 2009 18:13


Hallo!

Ich finde den Text einfach sehr wahr!
Aber es soll auch noch andere Menschen geben... :D

mystic
mystic
Neu
Neu
 
Beiträge: 33
Registriert: So 26 Jul, 2009 20:57
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon rivus » Di 04 Aug, 2009 22:05


lügen ohne zu wissen, dass man lügt ist schlicht u. einfach selbstbetrug ;)
Benutzeravatar
rivus
Moderator
Moderator
 
Beiträge: 2989
{ IMAGES }: 0
Registriert: Sa 27 Sep, 2008 09:19
Wohnort: Am Rand der Welt
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon mystic » Mi 05 Aug, 2009 07:55


[quote="rivus":fhc9u8mn]lügen ohne zu wissen, dass man lügt ist schlicht u. einfach selbstbetrug ;) [/quote]
Genau, und irgendwann merken diejenigen es nicht mehr.

mystic
mystic
Neu
Neu
 
Beiträge: 33
Registriert: So 26 Jul, 2009 20:57
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon Drehrassel » Mi 05 Aug, 2009 14:44


kurze aufklärung: eine lüge ist eine falschaussage, die notwendig zur voraussetzung hat, dass sie bewusst geschieht. wer also, sozusagen im nachhinein, versucht, sich selbst darüber zu täuschen, unternimmt oder unterliegt einen/einem verdrängungsversuch. an dieser stelle also vermischen sich also begrifflichkeiten aus dem wertekanon einer gesellschaft, stitte moral und auch dem recht und der psychoanalyse (oder psychopathologie im falle einer amnesie). / gleichwohl ist selbstverständlich nicht jede form einer täuschung, schon gar nicht jedes unwahre aussage zu verwechseln mit einer lüge. schlussendlich bleibt es aber dabei, wer das bewusstsein darüber verliert, eine unwahre aussage geäußert zu haben, mit der absicht (auch das gehört zwingend zur lüge, daher ist eine unbewusste lüge nicht möglich), seinen hörer oder leser zu täuschen, lügt zumindest ab diesem zeitpunkt nicht mehr. /

in randos/benkas versen liegt also ein widerspruch. da ich davon ausgehe, dass rando diesen mit voller absicht als ein stilmittel zur anwendung brachte, fände ich es an dieser stelle angebracht, im folgenden - wenn schon - darüber zu diskutieren, welche funktion das für den text haben könnte. - also, bitte: back to topic! -

pseudo-mod rassel
dreimal selig, wer einen namen einführt ins lied!
- ossip mandelstam
Benutzeravatar
Drehrassel
Stammuser
Stammuser
 
Beiträge: 791
Registriert: Mi 17 Sep, 2008 12:27
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon rivus » Mi 05 Aug, 2009 19:47


ich habe zur lüge nun doch ein off-topic eröffnet. sicherlich kann man zum "lügen ohne zu wissen, dass man lügt" psychologisieren, philosophieren.

im stillen denke ich mir schon, dass benka das ganz bewusst als stilmittel eingesetzt hat, um zum beispiel uns zum nachdenken zu bewegen oder um auch daran zu erinnern ;) :
auf Île Saint-Louis steht beispielsweise ein geheimnisumwittertes haus. baudelaire gründete hier mit victor hugo, alfred de musset und balzac den club der haschischraucher. und aus diesen nebeln heraus wurde feinste geschichten gesponnen, die auch in das reale leben hineingewebt wurden, sodass es für sie schwierig wurde ... ;)

aber das ist eine andere geschichte & ich werde jetzt versuchen, benkas stück zu interpretieren

grüße, rivus
Benutzeravatar
rivus
Moderator
Moderator
 
Beiträge: 2989
{ IMAGES }: 0
Registriert: Sa 27 Sep, 2008 09:19
Wohnort: Am Rand der Welt
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon exmaex » Mi 05 Aug, 2009 21:04


wenn es also nicht stimmt, was rr in der strophe schreibt, dann bezieht sie sich auf ihn. er versucht uns also mit den absichtlich falschen versen zu belügen und ist somit ein "sogenannter schriftsteller", das würde er sich aber nicht eingestehen können, da er sich selbst belügen muss. mithin existiert die lüge nur noch aus sich selbst heraus (mysteriös).
da benka also nicht wissen kann, dass er ein schriftsteller ist, hat er den text geschrieben, um uns es ihn wissen zu lassen - also:

benka, du bist ein schriftsteller und in höchstem grade schädlich für dich!

ich weiß jetzt aber nicht, ob das jetzt stimmt... weil ich vllt. selbst ein sch..teller sein könnte. (ich bin ein schriftsteller holt mich hier raus).
irgendwie
exmaex
Urgestein
Urgestein
 
Beiträge: 1603
Registriert: Sa 25 Sep, 2010 17:34
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon apnoe » Mi 05 Aug, 2009 21:16


super. echt benka!
ich musste richtig laut lachen.
auch wenn das vielleicht nicht so geplant war... aber... undsoweiter.
ja! gimme 5!
clap*
:oD


falls das für spam gehalten wird, dann sag ich noch dazu, dass ich es gut finde, wie du deine zeilenumbrüche gestaltet hast und dass jeder umgang mit menschen gefährlich ist. ich werde nun seeeehr nachdenklich... ja.
g*
es gibt augenblicke, in denen eine rose wichtiger ist als ein stück brot. (rilke)
apnoe
Etabliert
Etabliert
 
Beiträge: 385
Registriert: Sa 13 Sep, 2008 18:24
Eigene Werke
 

Re: FÜR SOMERSET MAUGHAM DER MIR HALF EIN WENIG MEHR ZU SEHE

Beitragvon rivus » Do 06 Aug, 2009 10:38


Hallo Rando (Benka),

also vorweg, als ich das erste Mal diesen Text las, musste ich schmunzeln. Doch schwirrten in meinem Kopf bald viele Fragen:

mit was könnte Somerset Maugham dem LI geholfen haben, ein wenig mehr zu sehen? Ist es seine außergewöhnliche Neugierde gewesen, die beispielhaft war oder seine Angst im Leben etwas zu verpassen, welche ihm seine über alles geliebten Bücher aus der Hand legen ließen und in die Welt hinaustrieben, so dass er ein „Unterwegsler“ wurde? Ist es sein legendärer Wissensdurst, den er auf seinen Reisen zur Südsee, in Malaysia, Persien, Russland ausgiebig löschte und ihm zum erfahrenen und aufschreibenden Sehenden werden ließen?

1
Der Umgang mit sogenannten Schriftstellern
ist in höchstem Grade schädlich
(für mich)

Beim ersten Lesen von 1 musste ich unwillkürlich grienen! Das LI verallgemeinert stark und stößt damit natürlich auf den Widerstand der Leser. Wie kann es sein, dass ein Umgang mit Menschen im höchsten Grade gefährlich sei? Zugegebenermaßen differenziert das LI und schränkt den zu fürchtenden Menschenkreis auf sogenannte Schriftsteller ein. Und es nimmt sogar die Schärfe aus den vollmarkigen Zeilen, denn es bezieht die getroffene Aussage nur auf sich! Aber warum fürchtet sich das LI im höchsten Maße vor Schriftstellern, die in seinen Augen gar keine sind? Was hat es zu verlieren? Wo ist der Bezug zum oben genannten Maugham? Ist es eine dem LI nicht bewusste Personenüberhöhung, die alle anderen schriftstellernden, sich am Schreibhandwerk versuchenden in den Schatten stellt und vielleicht ihn höchst selbst auch? Oder gab es persönliche Negativerfahrungen mit Menschen, die einst Schreibende werden wollten und dann doch scheiterten? Oder sitzt dem LI die Angst im Nacken, dass sich für sein Schicksal das Zitat des Maugham „Es ist ein großer Trost, andere dort scheitern zu sehen, wo man selbst gescheitert ist.“ verwirklichen könnte? Hat sich die Angst und der Unmut des Maugham, der immer darunter gelitten hat, dass Proust, Joyce und andere als literarisch höherwertig galten als er selbst auf das LI übertragen? Oder lenkt der Umgang mit nicht wirklichen Schriftstellern einfach nur ab von den eigenen, vielleicht höher angesiedelten Ambitionen, so dass der Umgang mit Ihnen nur kostbare Zeit raubt?

2
sie sind Menschen
die nichts aus sich selbst heraus
sondern alles nur durch ihre (literarische) Brille sehen
und das ist gefährlich

In 2 wird jedoch konkretisiert und der Leser hofft, auf seine vielen Fragen antworten zu erhalten! Jedoch gibt es einen weiteren, eindeutigen, aphoristischen Bezug zu den Sogenannten, denen nun vorgeworfen wird, „dass sie nichts aus sich selbst heraus, sondern nur durch ihre (literarische) Brille sehen würden und die zweite Warnung nun ob ihrer Gefährlichkeit (für das LI?!) folgt. Wie kann man aber aus sich selbst heraus sehen, wenn man nicht vorher etwas durch die Brille (Filter) hineingelassen hat? Und jeder Mensch filtert nun mal, der eine mehr, der andere weniger. Hier folge ich Joseph Beuys-Gedanken, dass der Mensch nur das herauslassen kann, was in ihn hineingegangen ist. Doch was meint das LI mit dieser Brille? Wovor warnt es? Was ist so gefährlich daran mit einer literarischen Brille zu sehen? Vielleicht meint es, dass die Welt viel reicher ist, als es die Literaten je erfassen könnten und es gefährlich wäre, die Dinge nur literarisch zu sehen. Dem kann ich als an Literatur interessierter Leser dann beipflichten, denn die Lehrmeister unserer Wahrnehmungen können nicht nur literarisch gebildete Menschen sein, dass würde uns ja einengen, sondern sollten aus vielen Lebensbereichen stammen, um unsere Wahrnehmung zu bereichern und wenn nötig zu korrigieren. Doch nun zur nächsten Aussage

3
aufrichtig überzeugt halten sie ihre Sinnlichkeit
für romantischen Überschwung
ihre Wankelmütigkeit für künstlerisches Temperament
und ihre Faulheit
für philosophische Ruhe

Das LI identifiziert die in 1 + 2 vorgebrachten äußeren + inneren Grundannahmen über die zu Meidenden und modifiziert das vorweggenommene Beängstigende. Es wirft den „Sogenannten“ ihre eigenen Überzeugungen als Tarnmanöver ihrer wirklichen Eigenschaften vor. Aber warum gerade diese und warum so verallgemeinernd? Gibt es dafür konkrete Beispiele, denn mit Verlaub sind die genannten Eigenschaften sicherlich nicht repräsentativ für eine bestimmte Gruppe und sie könnten auch auf beliebig andere Menschen zutreffen! Doch scheinen romantischer Überschwang, künstlerisches Temperament und philosophische Ruhe eine gewisse, wenn nicht sogar positive Wirkung auf das LI zu haben u. es entdeckte vielleicht hinter diesen Eigenschaften bei konkreten Menschen Fassaden, die sie als „Sinnlichkeit“, „Wankelmütigkeit“ u. „Faulheit“ erlebte? Kann das Entdecken dieser Eigenschaften, die im LI vielleicht negativ bewertet werden, zu Abwertungen geführt haben, die es im Nachhinein noch so beunruhigen, verunsichern, dass es zu solchen starren Kognitionen flüchtet, um sich selbst vor analoger Fassadenhaftigkeit zu schützen, weil es den Sogenannten zu sehr ähnelt?


4
ihr Geist in seinem banalen Streben
nach Perfektion
sieht alles ein wenig überlebensgroß
mit Umrissen
die in einem blauen Dunst
von Kippen und Sentimentalität verschwimmen

In 4 werden weitere Fäden aufgedrieselt und die LI-Attributionen führen uns zum Perfektionismus, zur Phantasie, zur blauen Blume, die jedoch banalisiert und abgewertet werden.



5
sie lügen
ohne zu wissen
dass sie lügen

In 5 wird der Leser mit dem diskutierbaren Selbstbetrug konfrontiert, der uns vielleicht bewusst an die fließenden Grenzen von Dichtung und Wahrheit führt.


6
und wenn man es ihnen nachweist
dann erklären sie
es sei eine schöne Lüge

In 6 tadelt das LI das Festhalten an schönen Lügen.


7
sie sind Idealisten


In 7 werden die Karten auf den Tisch gelegt und die Idealisten müssen für all die vorher aufgetischten Aphorismen herhalten.

Resümee
Ich werde das Gefühl nicht los, dass das LI ganz bewusst diese Art der Betrachtung gewählt hat, um aufmerksam zu machen auf die vielen Klischees, die über Schreibende im mitmenschlichen Umfeld herrschen. Es provoziert durch die Wahl aphoristischer Elemente und berührt dabei die eigenen Ängste, Bedrängnisse & Gefahren. Nur so ist für mich der Bezug zu Maugham herzustellen, der ja selbst immer im Kreuzfeuer solcher Anfechtungen leben musste.

Ich habe mich gern mit diesem Text auseinandergesetzt

Grüße, rivus

p.s.:
zur Lüge:
drehrassel hat recht. seht bitte dort. sobald ein mensch den bezug zur realität nicht mehr herstellen kann (störungen der hirnfunktion) , also auch zur gelogenen realität, vermag er im sinne der lügendefinition, nicht mehr zu lügen.
Benutzeravatar
rivus
Moderator
Moderator
 
Beiträge: 2989
{ IMAGES }: 0
Registriert: Sa 27 Sep, 2008 09:19
Wohnort: Am Rand der Welt
Eigene Werke
 

Zurück zu Schwarzlicht

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 4 Gäste

cron