von Drehrassel » Mi 12 Aug, 2009 15:01
ich gehe zu deinen gunsten davon aus, dass du diesen widersprüchlichen ausdruck "pränatal[e] missgeburt" ganz bewusst heran zogst. liest man die folgenden zeilen, ist im weiteren verlauf des gedichts nur noch defizitären persönlichen bindungen zwischen dem sprecher-ich und einer sozialen gemeinschaft die rede, welche durch es (das ich) als "familie" bezeichnet wird, in welcher es als ein "gast" vorkommt und von einer "vermeintlich"[en] adoption (?). en passant werden in den darauf folgenden versen diesem "gast" die rolle eines ausgenutzen (inwiefern?), benutzen (wofür?) untergeschoben, welcher - quasi in einer antiklimax, denn dieses attribut steht in dieser eine zeile bildenden reihe gleich am anfang - wie ein ding, wie ein gebrauchsgegenstand... eben "gebraucht" würde (nicht im umgangssprachlichen sinn kitischiger liebes-"rhetorik", was den wert der aussage ja in sein gegenteil überführte). - somit sollte dieses wort "missgeburt" verstanden werden als dem sprachgebrauch sozial verkommener und ungebildeter (als schimpfwort) entlehnt. - brutalisierung des sprachgebrauchs wäre bei dem gewählten thema des gedichtes eigentlich nicht zu beanstanden; hier mag es aber leider überhaupt nicht zum duktus zu passen und überführt den text ins unfreiwillig komische. - denn die reine larmoyanz des ich in verbindung mit einer auf geradezu peinliche weise nicht vorkommenden form auch nur der spur von sublimierter ausdrucksweise, lyrischer verabeitung menschlicher erfahrung als sprachliches kunstwerk, keiner über stumpfsinnigste alltags-metaphorik hinaus stattfindenden bildhaftigkeit ("ausgebrannt"), stattdessen aber einer jede suche nach einem das interesse des lesers weckenden inhalts dieser verse über das hohle gejammer seines subjektes hinaus an jeder stelle als ein zum scheitern verurteiltest unterfangen zu tage treten lassende aneinanderreihung zwar bedeutsam klingender, aber so nichts sagender worte wie "mensch" "liebe" "leben" usw. usf., --- macht mir diesen text leider, mystic, ungenießbar. vielleicht lag es in deiner absicht, mit diesem text einen intendierten leser, zu rühren, mitleiden zu lassen, wut, enttäuschung und dergleichen auf empathische weise zu generieren. zumindest drängt sich mir dieser verdacht auf. in meinem fall aber lief die wirkung auf ein gegenteiliges hinaus: langeweile pur. und wenn wut, dann ein ärger über einen solch billigen versuch, anteilnahme zu erheischen mittels eines buchstabenhaufens, dessen ferne von dem, was ich unter lyrik und lyrizität verstehe, ganze universen zu durchqueren haben dürfte.
dreimal selig, wer einen namen einführt ins lied!
- ossip mandelstam