Pessimistische Lyrik

Glücksverbrennung

Beitragvon Aichi » Di 25 Aug, 2009 23:03


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Glücksverbrennung


Ächzender Morgen
Pochende Glieder auf glimmender Glut

Die Luft reißt ab
und festigt den Verfall

Es zehrt und krallt unter meinen Füßen[/mittig:3gn782xw]
[mittig:1cblroer].
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Sich zu unterscheiden und nach der Kehrseite zu fragen
[es] ist die einzige Rettung ...

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?????, ????
- Dir en grey -

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Aichi
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Re: Glücksverbrennung

Beitragvon Antibegone » Sa 29 Aug, 2009 10:24


Huhu Aichi :-)

Ich möchte dich erst einmal herzlich begrüßen, denn ich denke, wir sind uns bisher noch nicht über den Weg gelaufen. Also ein liebes Hallo an dich.

Hm, ich beobachte deine Texte schon etwas länger … ich muss zugeben, ich habe immer nur kurz draufgeklickt, überflogen, weg. Das ist eigentlich sehr schade – deine Texte haben mich nie zum Verweilen eingeladen, mich nie aufgefordert, sie zu lesen, zu analysieren. Keines deiner Worte konnte jemals an mir hängen bleiben.

Ich will damit nicht sagen, dass alles, was du schreibst (oder jemals schreiben wirst) von sich „schlecht“ ist. Es scheint mir nur, dass du die Worte gar nicht zu schätzen weißt, ja, fast verschwenderisch mit ihnen umgehst … wenn ich sehe, wie viele Texte du hier eingestellt hast. Und sie scheinen immer ein ähnliches Thema zu haben (irgendeinen dunklen, unfassbaren Schmerz, Depression, Unglück …) Selbst die Formatierungen (zentriert, kursiv) wählst du sehr ähnlich.

Ich frage dich, was soll das bringen? Mich hat es leider nicht beeindrucken können. Es ist so als würdest du den gleichen Text immer und immer wieder schreiben und nur ein paar Wörter, nie aber den Sinn/ Form, tauschen.
Ich finde (und das ist meine eigene, persönliche, bescheidene Meinung, andere mögen widersprechen), dass Gedichte berühren sollten, erschüttern, erschrecken, zum Nachdenken zwingen, Höhenflüge auslösen können, neue Perspektive vermitteln, mich ungeahntes fühlen lassen … Für mich haben Wörter eine faszinierende, unendliche Kraft. Jede Silbe sollte voller Bedeutung stecken.
Mir ist vollkommen klar, dass nicht jeder Autor das immer schaffen kann. Und nein, ich kann es sicher auch nicht, wenngleich ich gerne würde :-) Das ist schwer. Aber ich habe das Gefühl, du versuchst es nicht einmal. Und das macht mich irgendwie traurig.
Willst du nicht, dass deine Worte gehört werden? Wie ein Fluch kleben bleiben, wie eine nicht erlebte und doch gefühlte Erinnerung, etwas, dass immer bleibt und darüber nachgedacht werden will? Ich würde gerne einen solchen Text von dir lesen.
Das wirklich Traurige ist nämlich, dass du durchaus fähig bist, wunderbare Wortkonstrukte zu schmieden. Aber du tust es nicht. Du reihst einfach Wörter hintereinander.

Ich habe dieses Gedicht ausgewählt, um dir zu zeigen, was ich meine. Ich werde mein Bestes geben, es dir zu erklären. Wenn es mir nicht gelingt, frag einfach nach. Ich werde gerne versuchen, es noch einmal besser zu erklären, falls ich zu ungenau/ unverständlich bin.

„Ächzender Morgen
Pochende Glieder auf glimmender Glut“

Was beschreibst du hier? Nicht mehr als Schmerzen, „Pochen“, „Ächzen“, „Glut“ impliziert dies. Es ist eine reine Gefühlsbeschreibung ohne jeglichen Bezug auf irgendetwas anderes. Es geht nicht über sich hinaus … Die Wörter sind vollkommen austauschbar. Wenn du schriebst: „Pochender Morgen/ Ächzende Glieder“ machte das keinen großen Unterschied. Die Wörter greifen nicht ineinander, bauen nicht auf sich auf … genauso hier:

„Die Luft reißt ab
und festigt den Verfall“

Das ist ein normaler Satz. Schriebst du: „Die Luft reißt ab und festigt den Verfall“ wäre das ein prosaischer Satz. Nicht mehr.
Und was hat das mit dem „Ächzenden Morgen“ und den „Pochenden Gliedern“ zu tun? Ich sehe hier keine inhaltliche oder formale Verknüpfung. Es ist wie eine Geschichte, in der du immer „und dann“ schreibst. Und dann war ein ächzender Morgen und dann pochten die Glieder auf glimmender Glut und dann reißt die Luft ab und festigt den Verfall. So liest sich dein Text. Okay, du hast eine Alliteration auf das „g“ eingebaut – aber für mich aus einem völlig unersichtlichen Grund.
Du verschenkst die Wörter, die Form, die Sprache. Sie bilden keinen Einheit, verfolgen nichts.

„Es zehrt und krallt unter meinen Füßen“

Auch ein prosaischer Satz. Ohne Bezug zu dem Rest. Nicht mal metaphorisch oder sinnbildlich. Wieder ein unbekannter Schmerz „Es“ löst ihn nur aus. Aber außer dem Thema verbindet deine Strophen nichts, sie verpuffen einfach.
Man könnte noch argumentieren, dass „Glücksverbrennung“ immerhin etwas mit der „Glut“ zu tun hätte. Okay, das akzeptiere ich. Das lyr. Ich verbrennt sein Glück im Schmerz und fühlt sich haltlos, unglücklich.
Welche Reichweite hat diese Aussage? Sie beschreibt irgendein Gefühl (nicht einmal ein bestimmtes!), dass so allgemein ist, dass für alles stehen könnte. Warum sollte ich weiter darüber nachdenken?
Warum soll ich das lesen? Was habe ich davon?
Da frage ich mich, ob du nur schreibst, um zu schreiben? Weil dann hätte ich leider Recht: Du verschwendest Wörter … Wörter allein machen noch kein Gedicht, Strophen allein machen kein Gedicht. Das was du da hast, ist ein prosaischer, unverdichteter Text mit Zeilenumbrüchen und inhaltlosen Beschreibungen.

Was verfolgt deine „Lyrik“ also? Das ist keine rhetorische Frage. Ich frage mich das ernsthaft …

Sei mir nicht böse. Ich will dich nicht fertig machen oder deine Texte disqualifizieren. Ich finde es einfach nur schade, was du da schreibst. Sehr, sehr schade. Ich glaube, wenn du dich hinsetzt, mit den Wörtern ringst, sie überdenkst dann könnten sie viel mehr.
Es ist keine Kunst zu schreiben oder gar viel zu schreiben. Schreiben kann jeder. Aber die Worte an genau den Platz zu bringen an den sie gehören – das ist schwierig. Ein Thema zu finden, das große Reichweite hat. Ich möchte dich gerne ermuntern dies zu versuchen. Ich weiß nicht, ob mir das gelingt (denn auch mir fehlen ganz oft einfach die Worte …), ich hoffe es einfach.

Da fällt mir noch was ein. Dein anderes Gedicht. „Dust in my veins“. Staub in meinen Adern … das ist wenigstens mal eine Metapher, es zeigt, dass du dazu fähig bist. Aus so einem Gedanken kann man etwas machen.

Mach was draus,
Herzliche Grüße,
Myr

PS: Ich hoffe dir ist klar, dass ich mir wirklich viel Mühe gegeben habe, mich in deine Texte einzulesen. Das würde ich nicht tun, wenn ich denken würde, du wärst ein schlechter Autor, der niemals ein gutes Gedicht verfassen könnte ...
Drehrassel: "Als Lyriker sollte man eine ahnende Checkung haben, von dem, was man da macht."
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