Hey atti,
Ich versuch mich mal wieder an einem text von dir, nachdem ich die Vielschichtigkeit und Doppeldeutigkeit von „webusstsein“ katastrophal unterschätzt habe….
Diese Zeile „wir altern, verdammt, wir altern,/ und morgen schon werde ich gähnen!“ zusammen mit dem Bob Dylan Lied will mir sagen, dass es um den Alterungsprozess der Gesellschaft geht, nicht des individuellen, denn „wir“.
Dann haben wir diese Wörter von „Bewegung“ und „Drängen“ und „Weiter“ mit dem Richtungswort „zu“ und „weg“. Vielleicht meint es eine Art von Zeitverstreichen. Eine Annäherung an etwas. Aber es ist mir im Moment zu ungenau, um tiefer zu gehen – Dass irgendeine gesellschaftliche Fragestellung im Vordergrund steht, ist mir dann ab „Demokratie“ klar. Wobei du mit „unsrer Version von Demokratie“ klar machst, dass unser politisches System, nur weil es die in ihm existierenden Elemente der Herrschaftsausübung als demokratisch bezeichnet, von „Demokratie“ spricht, sozusagen aus der Wirklichkeit die Definition ableitet und rück-appliziert, nicht die einzige Variante von der Idee einer Herrschaft des Volkes darstellt und es durchaus andere Entwürfe gäbe. Also eine Distanzierung davon, wie demokratisch wir eigentlich wirklich sind. Okay, dieses Herrschaftssystem ist jenes „Weiter“, meint ein propagiertes „Yes, we can“ und „Vorwärts“. Eine auf oktroyierte Bewegung statt der natürlichen, die verändernde Zeiten eben nun einmal mit sich bringen? Die Unterscheidung von „euch“ und „denen“ ist mir unklar. Soll ich das auf „gesellschaftliche Insider“ und „Outsider“ anwenden? Auf die politischen Akteure, als das „euch“, das ja vom Bezug her passen würde, nämlich die Leute im „Weiter, die wir wählen“. Tja dann, würde ich sagen – außer, dass wir altern passier halt nichts. Kein großer Fortschritt, keine Allversöhnung, sondern die Zeit bringt natürlicher Weise nur das Altern mit sich. Bewegung ins Altersheim…?
Mehr als das ist es nicht. „doch mehr/ist da nicht,/was sich/ändert, mit“.
Es liest sich abgehackt wegen der Zeilenumbrüche. Und mir ist nicht ganz klar, nach welchem Konzept sie gesetzt sind – es sei denn du wolltest unbedingt diese krubbelige Form erreichen, wolltest du das?
Ich hab mir mal nen Spaß gemacht und deinen Text verunstaltet, das heißt die Zeilenbrüche heraus genommen.
for the times they are a-changin', was? Und ich spüre das Drängen und will dieses Weiter, von dem wir uns trunkengeflashed berauscherzählen, das wir wählen, in unsrer Version der Demokratie!die Bewegung bewegt mich zu auf euch, weg von denen, andersherum, wer kann das wähnen? wir altern, verdammt, wir altern, und morgen schon werde ich gähnen!
doch mehr ist da nicht, was sich ändert, mit Blick aus der Ferne, die grinsen mich lässt und das Wie frei-stellt.
Man merkt, dass du eigentlich vollständige Sätze schreibst. Die Interpunktion stimmt auch. Du benutzt eine Inversion, die aber auch nur schief klingt „Die grinsen mich lässt“ und einen Reim, „wähnen“ auf „gähnen“. Das ist äh… mittelmäßig ungelungen. Zumal ich „wähnen“ auch im Sprachgebrauch deines Ichs mal überprüfen würde. (ah ja, da wir gerade dabei sind nach ! kommt eig nen Leerzeichen)
Es liest sich auch nicht wie ein Gedicht, oder? Eher wie prosaische Sprache.
Das heißt das einzige, womit du es zu einem Gedicht machen willst, sind Zeilenumbrüche am Ende von Sinnabschnitten (meist noch mit Interpunktion gekennzeichnet), die eine krubbelige Form ergeben. Aha. Ist das dein Konzept? Ich meine, das könnte ja eins sein… (Gefallen muss es mir darum ja noch lange nicht)
Da fällt mir noch was ein (ich vergessliche, oh). Am Ende arbeitest du etwas kreativer mit den Zeilengrenzen. "Wie/ frei-/stellt". Das liest sich einerseits als: Das Wie freistellt. Und aber auch als: Das wie frei? (als frage) stellt. Wie frei sind wir eigentlich... das finde ich nicht schlecht!
Wenn ich es mit dem „webusstsein“ vergleiche, hast du wenigstens inhaltlich etwas gearbeitet. Beziehungsweise es bleibt inhaltlich nicht in sich, stellt Bezüge und Verknüpfungen her, sodass man – wie du siehst, was ich ja auch getan habe – sich wenigstens damit beschäftigen kann.
So long.