Pessimistische Lyrik

durch monotones nachtfremdland

Beitragvon salome » Fr 29 Jul, 2011 12:30


durch monotones nachtfremdland


laternen verhuschen am rand,
und bleiben entkräftet zurück.
es zieht nur das leuchtende band
der mittelmarkierung den blick
hinaus in ein nachtfremdes land.
das radio dudelt musik,
motorengeräuschübermalt,
so eintönig grau wie asphalt.
salome
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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon LAS » Fr 29 Jul, 2011 18:00


Hallo salome,
das "Problem" an diesem Gedicht ist meines Erachtens, dass die ersten beiden Verse derart gut sind, dass ich alles Folgende als "abflauen" empfinde und ich mir beinahe wünschen würde, das Gedicht wäre genau andersrum aufgebaut:
so eintönig grau wie asphalt,
motorengeräuschübermalt,
dudelt das radio musik,
hinaus in ein nachtfremdes land.
es zieht nur das leuchtende band
der mittelmarkierung den blick.
laternen verhuschen am rand
und bleiben entkräftet zurück.
Bitte nicht als "So ist es besser" verstehen. Ich habe lediglich meine (spontanen) Gedanken beim Lesen wiedergegeben und die sind nun mal nicht relevant.
Mit freundlichen Grüßen
LAS
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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon Le_Freddy » Fr 29 Jul, 2011 22:10


hi salome,

schönes gedicht. ich bin doch sehr überrascht, aber es scheint heute noch möglich zu sein reimgedichte zu schreiben, die nicht peinlich sind - im gegenteil: tatsächlich interessant sind.

über "die form" brauchn wir ja nicht groß zu reden: 8 verse; auftaktig alternierend (3-hebig); reimschema angelehnt an abababcc; durchgehend männl. kadenzen.

interessanter ist da schon: ich sage 'angelehnt', weil sich die reime gegen ende zurückziehen:
während die a-reime durchgehend streng bleiben (rand, band, land), entarten die b-reime stetig (zurück, blick, musik). das "i" in "musik" ist nunmal langesprochen, und stellt damit eine weitere abweichungvom ursprünglichen klang dar. das geht soweit, dass - in verbindung mit der satzgrenze am ende des fünften verses - der sechste vers sozusagen abgesprengt wird vom restlichen gefüge. ich wollte den sechsten vers zunächst als waise lesen, also so: ababaxcc
ähnliches lässt sich beobachten bei "malt" und "asphalt" in den letzten beiden versen: "phalt" wird kürzer gesprochen als "malt", was auch hier wieder den reim schwächt - nicht so sehr wie im falle des sechsten verses, aber merklich.

versteh mich nicht falsch bitte: das mag ich so daran. dass das reimgefüge so aufgelockert wird, macht für mich den text tausendfach interessanter. hinzu kommt die schlichte beschreibung einer autofahrt bei nacht, die dem/der leser_in ersteinmal garnichts sagen will, ihn/sie einfach seinen/ihren assoziationen überlässt.

insofern finde ich es einen lustigen vorschlag von LAS, den Test einfach umzudrehen (vor allem: das es funktioniert.) aber ich finde die entwicklung, die deine version nimmt wesentlich besser.

aber lass uns mal bitte über titel sprechen, die sind ab und zu doch bedenkenswert. "durch monotones nachtfremdland" das ist ja so hölzern - also vor allem das "nachtfremdland". lieber wäre mir da schon "durch monotones, nachtfremdes land" oder noch besser die schlichte bezugnahme auf den fünften vers: "durch nachtfremdes land" der vorteil bei letzter variante, wäre dass der fünfte vers noch stärker würde. deke ich.

lieben gruß
fred
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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon salome » Sa 30 Jul, 2011 07:12


hallo las,
freut mich, dich auf diesem weg kennenzulernen.
deine idee der umstellung finde ich köstlich, und frappierend den umstand, dass es auch noch funktioniert ;) . ich möchte aber doch meine gewohnte betrachtungsweise (vom straßenrand zum autiinneren hin) und der entwicklung zu immer mehr kargheit treu bleiben.
du musst keine scheu haben, mir deine ideen, fragen, kritikpunkte... zu offerieren, das ist mir alles sehr willkommen, ich verstehs schon nicht als zertrümmerung meines selbst :D.
ein herzliches danke für deine gedanken und zeilen.
lg salome

_________________

hi fred,
von deinem kommi bin ich schlicht platt. ehrlich gestanden, waren es ein paar deiner rezensionen, die mich hier her gelockt haben :) .
besonders toll finde ich, dass du mir bei den b-reimen auf die schliche gekommen bist, bei aller monotonie, dem subjektiven eindruck des LI , nicht von der stelle zu kommen, findet da doch entwicklung (bewegung) statt - das ist sozusagen gegenläufig zum gedicht, wie auch der eintönig graue asphalt doch ein wenig aufbricht. ich bin begeistert, dass du das bemerkt und allem anschein nach nicht gleich in die "fehlerkiste" gepackt hast.

beim titel hast du wahrscheinlich recht, und ich habs mit der monotonie ein wenig übertrieben, durch nachtfremdes land, müsste eigentlich genügen.

es freut micht, dass du dem reimgedicht, doch überlebens-chancen gibst. ich spiele gern mit formgebundenem und setze dabei vor allem auf brüche. das ist ein spannendes feld, ein grat an dem man leicht abrutschen kann und der meinungen polarisiert.

vielen herzlichen dank für dein einfühlen und den fundierten wie freundlichen kommentar.
lg salome
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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon Drehrassel » Sa 30 Jul, 2011 08:47


zitat:"auftaktig alternierend". -> "daktylisch" würde es dieter burdorf nennen, da es über regelmäßige füllung (das heißt, die senkungen zwischen den hebungen) von zwei unbetonten silben verfügt. streng genommen handelt es sich um den amphibrachys (amphibrachen) als versfuß und zwar nach der dritten hebung um eine silbe unerfüllt, das heißt also katalektisch.

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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon salome » Sa 30 Jul, 2011 09:10


dem ist nichts hinzuzufügen,
außer vielleicht:

hallo dreh, altes urgestein, danke für die begrüßung :) .
da weiß man doch gleich, dass man es mit einem experten zu tun hat,
der sein fachvokabular versteht. sehr schön, gut zu wissen, das!

lg salome
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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon Le_Freddy » Sa 30 Jul, 2011 12:09


Drehrassel hat geschrieben:zitat:"auftaktig alternierend". -> "daktylisch" würde es dieter burdorf nennen, da es über regelmäßige füllung (das heißt, die senkungen zwischen den hebungen) von zwei unbetonten silben verfügt. streng genommen handelt es sich um den amphibrachys (amphibrachen) als versfuß und zwar nach der dritten hebung um eine silbe unerfüllt, das heißt also katalektisch.

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:lach: *hahaaah*
gibts dafür ne entschuldigung? hm. ich war betrunken? unterzucker? wollte nur wissen ob ihr aufpasst?
- nä, wat peinlich!
ich stell mich mal in die ecke. danke dreh für die korrektur.

lg
fred
Zuletzt geändert von Le_Freddy am Sa 30 Jul, 2011 12:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon Perry » Sa 30 Jul, 2011 14:07


Hallo salome, ich experimentiere auch gerne mit Stilmitteln, nur ist meine Basis der Vers Libre.
Den Titel finde ich (ebenfalls) zu "überladen." Mir würde hier "nachtfremd" durchaus genügend, denn dass es sich um eine monotone Fahrt über Land handelt, erfährt der Leser ja noch.
Ansonsten ist "motorengeräuschübermalt," schon ein irgendwie hervorstechendes Adjektiv.
LG
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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon salome » So 31 Jul, 2011 17:32


hi fred,
sehr sportlich! deine reaktion gefällt mir. endlich mal jemand, der sich einen fehler ein- und zugestehen und darüber lachen kann. :)
sehr sympathisch, lg salome

___________________________________________

hallo perry,
der "überladene titel" war schon mit absicht als entsprechung für den monotonen singsang aus dem radio und überhaupt... gedacht, genau wie "motorengräuschübermalt" eben diese geräuschkulisse auch sprachlich abbilden sollte. aber, das brauchts vielleicht gar nicht. ich denk noch ein bisschen darüber nach.
danke für die anregung. :)
lg salome
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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon LAS » Mo 01 Aug, 2011 02:15


ich möchte aber doch meine gewohnte betrachtungsweise (vom straßenrand zum autiinneren hin) und der entwicklung zu immer mehr kargheit treu bleiben.


Ist doch klar, dass du das Gedicht nicht auf den Kopf stellst. Ich habe das nur zur Visualisierung meines Leseeindrucks getan.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: durch monotones nachtfremdland

Beitragvon salome » Mo 01 Aug, 2011 08:23


danke, las!
liebe grüße, salome
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