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die sofapumpe

BeitragVerfasst: Do 09 Feb, 2012 11:54
von annabell
die sofapumpe (in umräumung von hellmuth opitz: schöner scheitern)



colapommes im gesicht, als
habe, zeichen, zum bericht im promimagazin.
da fällt ein häpchen raus, da
brechen gelbe zähne aus den
lippen unter der nase, wo
schwarze lücken schmunzelnd stehn.

und voll fett gern gesehn, sind
aufgetouchte finger auf die
dinger irgendeiner promisken,
die geiler noch unterm straff gespannten
nervenkostüm wirkt.

an der finstersten ecke, kurz
vor der kribbelnden decke erwischts ihn
unvermutet früh. was bleibt,
ist atemlosigkeit und feuchtes
kräuselhaar, dazu gestammeltes:
so nich.

umschalten!
pommes ins gesicht.

Re: die sofapumpe

BeitragVerfasst: Fr 10 Feb, 2012 00:28
von Le_Freddy
das mag ich.

du schaffst hier mit den zeilenumbrüchen, damit auch den verschobenen (end)reimen und dem wortakzent einen wirklich lebendigen rythmus, den man/_/frau gerne liest. es ist ein unsteter rythmus der da entsteht, zwar dominiert die alternanz im metrum, das aber wir oft genug aufgeweicht, dazu ist die reimsilbe (wenn vorhanden!) nicht immer die vorletzte des verses und selbst die verslänge variiert stark. alles das, hast du - finde ich - sehr feinfühlig übereinandergelegt, sodass es (mich) wirklich mitreißt.
allerdings verliert sich dieser (mir fehlt ein wort dafür, ich nenns mal:) drive in der zweiten strophe leider, und ich als leser war doch recht enttäuscht, zumal es so was bärtiges wie das "(gespannte) nervenkostüm" sein muss, dass sich da dem zuvor aufgebaute rythmus verweigert und heraustritt. verzeilich wäre das, könnte der text hier mit was coolem aufwarten, an der stelle, aber leider tut er genau das nicht, damit bin ich nur traurig aus dem groove (vllt. das?) rausgeworfen zu sein.

also dann shalömchen!
fred

Re: die sofapumpe

BeitragVerfasst: Sa 11 Feb, 2012 10:53
von struktur-los
Hi Annabell,

irgendwie spricht es mich an, dieses Gedicht – es ist anders – und: es ist nicht schön. Der Titel ist m. E. das Beste am Ganzen - Sofapumpe * lach - hab ich noch nie gehört – köstlich. :tongue:

Der Inhalt ist vorstellbar, wenn auch nicht nachvollziehbar. Mir fehlt in deinem Text noch die Feinrippunterwäsche (am besten in weiß), hinter der sich das feuchte Kräuselhaar verbirgt. Na ja.

Das Ende fand ich zuerst sowas von flach und langweilig – aber dann dacht ich mir – schlaf nochmal drüber – und siehe da – es ist ok so, denn ich glaube, genau das spiegelt das aktuelle Weltbild wider – warum nicht auch das – zudem Nüchternheit nach einem kurzen, ähm, Tripp – blubb - vorbei - hat letztendlich auch nichts gebracht, außer dem, dass es sich nun wieder gemütlicher auf dem Sofa sitzt – lediglich die Cola fällt weg – upps – eine Entwicklung innerhalb der ansonsten faden Sofaromanze.

Nein, es ist mir ernst – dein Gedicht ist etwas Besonderes – es fällt ein wenig aus dem Rahmen – und wäre das Ende mit einem kleinen Hoffnungsschimmer für die Menschheit angefüllt, hätte es mich erwischt.

Liebe Grüße

PS: "Schöner Scheitern" von Hellmuth Opitz... hast' erfolgreich umgeräumt - also, passend zum Titel - ich mag sein Gedicht mit seiner äußerst gefühlvollen Wort- und Bildspielerei - sanft und herzlich würde ich sie nennen.

Re: die sofapumpe

BeitragVerfasst: So 12 Feb, 2012 17:56
von rivus
hi annabell,
was für eine momentaufnahme. die umräumung ist gelungen oder nicht? die sofapumpe produziert das schöner scheitern fast wie eine postsenile endlosschleife. so funktioniert ein perpetuum immobile im binärtakt: aber der pommesschmiss könnte es noch richten?

ambivalent. ambibizarr. ambikarikaturesk. wenn die sofapumpe wie eine wasserpumpe funktioniert, so ist einmal ausgeworfenes für immer im netzwerk des realen, aber auch des surrealen. promiskuität, aber nich so, so nich, dann doch lieber pommes im gesicht?

mhm, die anspannung in der ersten strophe, das aufgeilen in der zweiten, dann der zu frühe auswurf, dann der ausklang, ein abgesang des so eigentlich nich mehr machbaren. aber der lyrprotagonist tappt weiter in der pommesfalle. in der schönen neuen welt und in der die projektionen schmeißende sofapumpe wird dieses spiel wohl bis an das ende ihrer tage oder des sofas oder des zum sofa mutierten lyrs gehen. das ist ein verfluchter mechanismus und das lyr wird komplett umgeräumt, wie auch sein umlyrfeld. was bleibt ist eine strukturierte sofapumpe, die genauso strukturiert funktioniert wie eine hifibildermaschine. die aufhebung des lyri hat schon längst begonnen. so wird depravation en masse gepumpt. ein (aus)-gepumpter lebensentwurf ...


grüße
rivus

Re: die sofapumpe

BeitragVerfasst: Do 16 Feb, 2012 11:32
von annabell
hallo ihr drei.

schön. über eure kommentare habe ich mich durch die bank gefreut. gleichzeitig und vorweg muss ich mich entschuldigen, da ich aufgrund von zeitmangel wirklich nur sehr abrisshaft antworten kann.

@fred: das du den text, die art und weise seines ver(s)laufs, seinen aufbau im großen und ganzen, magst, höre ich natürlich gerne. dennoch muss ich darauf hinweisen, dass der "groove oder drive", den du lobend umschrieben hast, doch sehr durch die anlehnung an opitzens original zustandegekommen ist. was ich lediglich getan habe: ich habe das haus eben "nur" ein wenig umgeräumt, mit neuem inventar ausgestattet und andere protagonisten ins licht gestellt. eine übungseinheit, wenn man so will, die ich jedem ans herz legen kann, der sich in sachen lyrik an einem handlauf fortbilden muss/möchte.
das es dich in der zweiten strophe unschön aus dem geleis warf, gerade mit sonem old harry wie dem straff gespanntem nervenkostüm, tut mir leid. allerdings bin ich mit dem text so ganz zufrieden. ein stereotyp passt meiner meinung nach ganz gut ins bild, in die aufblitzende physiognomie des lyr/er.

trotzdem vielen dank für deinen hinweis. vielleicht hole ich andernorts mal etwas cooleres aus dem giftschrank.

@strukti

klar, der titel huckt!

feinripp passte sicherlich auch zum bärtigen (spagbollorest verklebten) alten harry. das ende ist platt und das soll auch so sein. ist halt ne kreisbewegung und schließt folgerichtig ab, wie ich finde. danke, dass du dem text das attribut "besonders" beimengst. das freut! =)

ps: opitz schöner/es scheitern ist ein sanftes und feines gewebe. ich glaube, dass ich mich ihm (dem text) sonst gar nicht so sehr an den hals geworfen hätte.

nochmals danke

@ rivus

deine assoziationslandschaft kann so stehen bleiben!
ein aus-gepumpter lebensentwurf als momentaufnahme und schlaglicht.
im scheinbar niemals enden wollenden und verschobenen widerwillen vor den unterhandlungen eines (un)selbst; dem riss zwischen kurz davor und kurz danach, davor, entkommt in diesem gespinnst noch nichts und niemand. wollen wir hoffen?
nein

grüßen, dreimal grüßen

bell