Für alle Gedichte, die zwischenmenschliche Beziehungen behandeln - mit Ausnahme der Liebeslyrik

Eiszeit

Beitragvon yalle » Do 11 Dez, 2008 18:59


wenn es kalt wird draußen, und in uns drin

wenn Eiszapfen wie Jagdmesser von der Decke hängen

drohend, spitz, gnadenlos hart

falls unsere Herzen keine Wärme mehr geben können

oder Wärme empfangen

und Du schaust morgens aus dem Fenster

und die Sonne geht nicht mehr auf

wenn Du nicht mehr ins Licht blicken kannst

weil kein Licht mehr da ist

dann spiel Deinen letzten Blues mein Bruder

denn dann ist Eiszeit

die alles überrollt, alles tötet

nichts und niemanden verschont

bei der letzten Eiszeit vor Millionen Jahren

wurden die Dinosaurier ausgerottet

Was würde wohl mit uns kleinen Menschlein geschehen?

Ja- wir haben tausendmal mehr Grips als Dinosaurier

das zweifle ich nicht an

viel wichtiger wird sein

das wir auch tausendmal mehr Herz haben

denn die Kälte von innen ist es

die die Eiszeit ins rollen bringt
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Re: Eiszeit

Beitragvon Friederich » Sa 13 Dez, 2008 14:31


Hallo yalle,

für mich ist dies ein Text, der nicht ohne Kommentar ausgehen sollte, auch wenn er mir in seiner Gesamtheit so noch nicht gefällt. Obwohl klar als recht prosaisches Gedicht erkenntlich fehlt mir hier einfach die Verdichtung und das Spiel mit Form und Gehalt.

Es wirkt nicht ästhetisch, wenn du die Regeln der Großschreibung nur teilweise befolgst. Du schreibst Substantive zwar groß, schreibst aber Satzanfänge klein
wenn es kalt wird draußen, und in uns drin [...]
und unmotiviert groß
wurden die Dinosaurier ausgerottet
Was würde wohl mit uns kleinen Menschlein geschehen?


Über die Großschreibung hinaus fällt mir zur Form auf, dass eine Apostrophierung fehlt, was als kleines Detail den ganzen Text wenig ausgearbeitet erscheinen lässt ebenso wir der falsch gesetzte Gedankenstrich nach "Ja" (Ja - [...]).

wenn es kalt wird draußen, und in uns drin


Ferner sollte in einem Gedicht eine korrekte Unterscheidung zwischen Artikeln und Konjunktionen gegeben sein

viel wichtiger wird sein
das[s] wir auch tausendmal mehr Herz haben


Ansonsten ist für poetische Kurzprosa der Sprachstil nicht konsequent genug, sprich unmotiviert. Am Anfang spricht der Erzähler noch in einem poetischen, fast dramatisierenden Stil (Eiszapfen wie Jagdmesser), was mir mit etwas mehr Verdichtung richtig gut gefallen würde. Der Wechsel zu Verniedlichungen und rhetorischen Fragen

Was würde wohl mit uns kleinen Menschlein geschehen?


sowie Umgangssprache ("Grips", Zeile 17) will dagegen nicht passen, zumal das "[...] zweifle ich nicht an [...]" sich diesem Stilwandel nicht anpasst.

Für meinen Geschmack könnte für ein Gedicht deutlich mehr verdichtet und metaphorisiert werden. Es könnte zum Beispiel auf vieles redundante verzichtet werden, weil es aus dem verwendeten Bild bereits hervorgeht (zum Beispiel "drohend, spitz und gnadenlos hart" ist ja in dem starken Bild des Jagdmessers bereits enthalten). Richtig gut gefällt mir dagegen "dann spiel Deinen letzten Blues mein Bruder".

Insgesamt ein durchaus lesenswerter, aber leider zu wenig verdichteter und nicht ganz ausgereifter Text.

Gruß, Friederich
L'avenir, on ne l'attend pas comme on attend le train. L'avenir, on le fait. (Georges Bernano)

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Re: Eiszeit

Beitragvon yalle » So 14 Dez, 2008 02:51


Danke für die Kritik.
Ich nehms mit Wörtern groß oder klein geschrieben nicht so ernst- wenn das hier wichtig ist, ok dann mach ich das.
"Stilwandel" und "Konjunktionen" war bis jetzt noch nie wichtig für mich.
Wenn das Dein einziges Problem wäre- gut!
Ja stimmt, die endgültige Aussage fehlt, ist aber beabsichtigt, und ich mag auch nicht alles so metaphorisch schreiben-
manchmal ist ne klare Aussage auch nicht übel...
Ich kann das varrieren.
Insgesamt kann ich mit der Kritik leben.
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