Für alle Gedichte, die zwischenmenschliche Beziehungen behandeln - mit Ausnahme der Liebeslyrik

Brüselpapier

Beitragvon Anna Lyse » So 15 Nov, 2009 13:44


Träumst weiter im Wechselblick
die Taschen voll
den Keks noch zwischen Lippen
Bröselpapier schneidend
schaust mich zu oft an
ja lahmgeblickt
lässt mich das Teelicht fragen
und antwortschwer
seltene Tränenknöpfe schütteln
unsere Klebemäuler
liegen flach
im Papier und Keksgemisch

bis zu der Rotze ist es noch weit
.
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Re: Brüselpapier

Beitragvon aniana » Mo 23 Nov, 2009 17:32


Hallo Isa,

Ein wenig schwer getan habe ich mich schon mit deinem Gedicht. Aber irgendwie fasziniert es mich auch und ich finde, es verdient einen Kommentar.
Also versuche ich mal zu sagen, was ich persönlich herauslese.

Hier klagt das lyrI ein Gegenüber an, das anscheinend nicht zu einem wirklich sinnvollen Gespräch bereit ist, ausweicht, auf Fragen nicht antwortet. Letztere gehen quasi ins Leere (zum Teelicht). Auch das LyrI hat keine Worte, „Klebemäuler“ – assoziiere ich jetzt mal mit verschlossenen Mündern. Alles ist oberflächlich (flach), dabei gäbe es doch so viel zu sagen.
Aber vor allem das lyrDu packt nicht aus, träumt (weicht aus) und die Blicke lassen auch das lyrI mit seinen Absichten erlahmen.

Bröselpapier...ich habe mich lange gefragt, was das ist. Papier, das zerbröselt wird, in Brösel zerschnitten? Es wird nicht das Gesamte angesprochen, das wesentlich wäre, sondern Unbedeutendes?

Zwei Menschen, die eigentlich reden müssten, die Ballast mit sich herum schleppen, sich aber im Schweigen und in Banalitäten verlieren.
Wenn sie weiter so handeln, wird es lange dauernd, bis die „Rotze“ mal zur Sprache kommt.

Eindringliche Bilder einer scheinbar alltäglichen Situation, die Tiefe haben.
Ich sehe die beiden vor mir sitzen.

Ich habe dein Gedicht oft gelesen und es hat Eindruck hinterlassen.
Gruß
aniana
[mittig:27trn5ue]Um fremden Wert willig und frei anzuerkennen,
muss man eigenen haben.
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aniana
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Re: Brüselpapier

Beitragvon Anna Lyse » Mi 25 Nov, 2009 06:31


Hallo aniana,

ja du hast die Bedeutung der Worte gut erkannt. Ich denke man könnte viele Probleme zwischen zwei Menschen in dem Gedicht sehen, unterschiedlicher Natur. Keine davon wäre wirklich falsch.

Bröselpapier...ich habe mich lange gefragt, was das ist. Papier, das zerbröselt wird, in Brösel zerschnitten? Es wird nicht das Gesamte angesprochen, das wesentlich wäre, sondern Unbedeutendes?


Ja, das problem wird von dem lyr. Du geleugnet, für ihn ist es nicht vorhanden oder nicht so drastisch wie es das lyr. Ich darstellt. Demnach zerbröselt es, wird immer kleiner und kleiner ist aber noch da egal wie sehr man darum herumredet. Hier sind Erwartungen an das lyr. Du übersteigert und sie werden auch nicht erfüllt.

Der letzte Satz sollte eigentlich heißen: Bis zu der Verzweiflung ist es noch weit.
Das lyr. Ich heult aber es fließt noch keine Rotze, dafür ist es alles noch nicht drastisch genug. Hatte kurz überlegt es etwas abzumildern in der formulierung weil mir das Wort "Rotze" ein bisschen deplaziert erschien, ich habe es dann aber so gelassen weil ich denke es wirkt am Ende so besser.

Ich freue mich dass du dir Zeit für diesen Text genommen hast und auch das es Eindruck hinterlassen hat. Danke.

Viele Grüße,
Isabel
.
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