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Für alle Gedichte, die zwischenmenschliche Beziehungen behandeln - mit Ausnahme der Liebeslyrik
von Neruda » Do 11 Mär, 2010 21:40
gegen 12 philosophiert das dachgeäst über ein verlorenes kind, über abgeschnittene photografien & arme die geschwister nicht tragen konnten, kraftlos waren blut, ungleich ihrem, oder die zerstochenen venen flossen in den tag hinein, in die nacht, in fremden beton & blieben nicht haften, nicht einmal fetzenweise am reet
darunter, mutter, verschwende keinen gedanken an die finger zwischen den heizungsrohren, an das festhalten von plastiksonnenblumen erzählen die mauern hier, erzählen mir märchen über mutterglück & maschinengestanztes familiendenken hältst du mir vor, die augen verschlossen
in der innenstadt drückt mir eine selige fremde flyer in die hand ich sehe nur happy family – davon weiß ich nichts sage ich & gehe weiter unter das kopfsteinpflaster
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von Friederich » Do 11 Mär, 2010 23:18
Hallo Kim, der, wie ernst auch immer gemeinten, Aussage, dein Werk würde sich im Moment im Kreis drehen, muss ich anhand dieses Gedichts entschieden widersprechen. Zwar finde ich das angesprochene Kurzgedicht auch nicht herausragend, dafür ist dieser Text umso besser. Meinem Eindruck nach steigt die Qualität des Gedichts von Zeile zu Zeile. Dem Anfang stehe ich, obwohl von seiner Bildkraft durch die starke Kohäsion durchaus überzeugend, etwas kritisch gegenüber. Elemente, die mir sehr gefallen wie gegen 12 philosophiert das dachgeäst über ein verlorenes kind, über abgeschnittene photografien & arme die geschwister nicht tragen konnten]
wechseln mit Elementen, die ich mir vielleicht anders wünschen würde. Betrachte das aber nicht unbedingt als Kritik, sondern als "Geschmacksäußerung". kraftlos waren blut, ungleich ihrem, oder die zerstochenen venen flossen in den tag hinein, in die nacht, in fremden beton
Hier stört mich einerseits der sperrige Rythmus, andererseits das Wort "ungleich", da es als einziges nicht zu dem ansonsten nicht retrospektiv angelegten Register passen will. Damit hätte ich das kritische hinter mich gebracht ;) Der ganze Aufbau ist schon fast episch in seiner rückblickenden Breite, deutet die Beziehung zur Mutter und den Aufbruch in die Stadt nur an aber lässt dabei Welten entstehen. Stark! darunter, mutter, verschwende keinen gedanken an die finger zwischen den heizungsrohren, an das festhalten von plastiksonnenblumen erzählen die mauern hier, erzählen mir märchen über mutterglück & maschinengestanztes familiendenken hältst du mir vor, die augen verschlossen
Mir gefallen die Zeilenumbrüche hier sehr und, wie du die Märchenhaftigkeit, die disperse Sicht auf das Glück beschreibst, ohne dabei auch nur im geringsten unauthentisch zu werden. Wie gesagt: Der Höhepunkt ist für mich der Schluss. Nach vielen direkt zu verstehenden Zeilen wirkt die Schlussmetapher sehr stark und das "davon weiß ich nichts" ist wie ein, dennoch alles offen lassendes, Fazit. Ein tolles Werk, gerne gelesen! Friederich
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von Neruda » Fr 12 Mär, 2010 16:54
Hey Friederich,
also ich glaube, diese Aussage war schon ziemlich ernst gemeint und tatsächlich finde ich auch selber, dass da was dran ist. Die letzten Texte drehten sich tatsächlich im Kreis. Ich finde aber auch, dass dieses aus dem Raster fällt.
Welche Elemente würdest du dir denn anders wünschen? Selbst wenn es sich auf eine Geschmacksfrage beläuft, kannst du das ja ruhig näher definieren. Mir kam der Rhythmus, an der von dir angesprochenen Stelle auch zuerst etwas sperrig vor, aber nachdem ich den Text ein paar mal mehr gelesen hatte, habe ich das anders gesehen. Ich kann mir aber vorstellen, dass es schwer ist im ersten Moment Zugang dazu zu finden. Dein Problem mit dem "ungleich" kann ich so nicht nachvollziehen. Auch das impliziert für mich nichts retrospektives. Wie genau kommst du darauf? Ansonsten schön, dass dir der Text gefallen hat und vielen Dank fürs Kommentieren :)
Lg, Kim
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von Friederich » Fr 12 Mär, 2010 22:09
Hallo Kim,
ach so es wurde nicht ganz klar, wie ich das meinte. Also, was mir nicht so gefällt ist das, was ich danach beschreibe, also der Rythmus, der mir nach wie vor nicht gefällt, auch wenn ich verstehen kann, dass du das anders siehst und es auch so lassen willst :)
Das mit dem "ungleich": Das Wort an sich evoziert nicht per se etwas retrospektives, aber irgendwie stört es mich beim Lesen, vielleicht durch den rythmisch-holprigen Kontext, der es so hervorstechen lässt. Aber natürlich kannst du es gern anders sehen, denn dein Zugang zu dem Text ist natürlich ein ganz anderer
LG, Friederich
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von Neruda » Sa 13 Mär, 2010 14:17
Hey :)
achso okay, ich dachte irgendwie du hättest noch Kritikpunkte, die du noch nicht genannt hast. Naja, natürlich, ich hab den Text ja geschrieben und mich viel mehr damit auseinandergesetzt. Das kann ich aber vom Leser so erstmal nciht erwarten, also sollte der Rhythmus natürlich eigentlich lieber zugänglicher sein. Ich kann, wie gesagt, auch nachvollziehen, dass du Probleme mit der Stelle hast, hatte ich am Anfang auch. Naja, mal gucken, ich schau mal ob mir da noch was einfällt um das zu verbessern.
Lg, Kim
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