Für alle Gedichte, die zwischenmenschliche Beziehungen behandeln - mit Ausnahme der Liebeslyrik

Erdenengel

Beitragvon Bunsenbrenner » Sa 11 Okt, 2008 11:51


Nicht nur droben im Himmelsland,
sondern überall unter Erdenwesen.
reichen sie uns die helfende Hand,
verzeihen Taten, als sei nichts gewesen.

Sie sind da, wenn wir sie brauchen,
schnell, sofort an jedem Ort.
Und wenn wir keine Hilfe brauchen,
laufen sie auch dann nicht fort.

Offene Ohren, ein guter Rat,
Hilfe aus jeglicher Not.
Allzeit bereit zu guter Tat,
vom Lebensanfang bis zum Tod.

Du mein Freund, mein Engel,
bin sehr froh, dass es dich gibt.
Von Gestalt her ein normaler Bengel,
doch der beste Kumpel, den es gibt.
Bunsenbrenner
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Re: Erdenengel

Beitragvon Smilodon » Sa 11 Okt, 2008 13:04


Hallo Bunsenbrenner,

herzlich willkommen bei uns im Forum, auch wenn ich dich leider mit einem Verriss begrüßen muss. Nicht nur, dass dein Text weder sprachlich noch inhaltlich sonderlich originell ist, er arbeitet mit plumpen Bildern und Vergleichen (um genau zu sein, mit nur einem Bild: dem des Engels), die jeder schon hunderttausendmal für sich durchgekaut hat. Mit anderen Worten: Solche Zeilen kann man vllt. einem besonders lieben Menschen mal in eine Grußkarte schreiben, dafür eignen sie sich bestens, aber um als Literatur wahrgenommen zu werden, ist das zu wenig, beinahe nix.

Ich will es an ein paar Stellen verdeutlichen:
Sie sind da, wenn wir sie brauchen,
schnell, sofort an jedem Ort.
Und wenn wir sie mal nicht gebrauchen,
dann laufen sie auch dann nicht fort.

Ein offenes Ohr, ein guter Rat,
Hilfe aus jeglicher Not.
Allzeit bereit zu guter Tat,
vom Lebensanfang bis zum Tod.

Das kommt mir irgendwie bekannt vor, erinnertm ich stark an diese Pfadfindersprüche. Auf jeden Fall ist das nicht originell und das gibt einem nix beim Lesen, das ist Lobhudelei bis zum geht nicht mehr und da der Begriff Engel schon allgemein mit solchen Eigenschaften konnotiert ist, zählst du also nur auf, was wir eh schon alle wissen.

Sprachlich sind die paar Zeilen auch ziemlich schlecht, zumindest wenn man sie mit der verdichteten Gedichtsprache vergleicht, die andere aufbieten. Aber wenigstens hab ich keinen Tippfehler entdeckt, das ist für den Einstieg auch schonmal viel Wert.

Offensichtlich versuchst du deinen Inhalt in eine Form zu pressen, vier Strophen a vier Zeilen plus Kreuzreim. Das hier ist ein typischer Fall von: Warum?
Die Reime sind schlecht und gezwungen (Engel-Bengel, wesen-gewesen, brauchen-gebrauchen) und einige Worte grenzen an schlechtimitierte 18-Jahrhundert-Schreibe (droben, Himmelsland, Erdenwesen, "von Gestalt her..." usw.). Kein Mensch drückt sich heute mehr so geschwülstig aus, aber kaum glaubt man ein Gedicht zu schreiben, presst man das Zeugs in ein paar Reime und meint, Literatur produziert zu haben. Sicher mag es Texte geben, die einen schönen alten Stil imitieren und bei denen es auch funktioniert, da kann man dann drüber reden, aber das ist bei deinem nicht der Fall.

Versuch doch mal verdichteter zu schreiben, unnötige Erklärungen (was ein Engel ist und was daran so toll ist) wegzulassen und neue Bilder zu erfinden (Ich weiß, wahrscheinlich wurde jedes Bild schonmal von jemandem gebraucht, aber kaum eines ist so ausgelutscht wie das des Engels), ein bißchen mit der Sprache zu spielen, spannende Bilder in Worte zu übersetzen und achte drauf, dass keine Form oder kein gezwungener Reim dich irgendwie blockiert. Gedichte schreiben macht man nicht, indem man ewig überlegt: "Was reimt sich jetzt auf Land? Aaaah ja... Hand", sondern versucht Bilder, die man nicht in Worten fassen kann, in Worte zu fassen. Wenn sich das dann irgendwie reimt und der Reim dann sprachlich wirklich schön klingt, lass ihn stehen - wenn es keine Reime gibt, ist auch nicht schlimm. Lass dich da auf keinen Fall in ein Schema pressen.

Ich hoffe, ich hab dir trotz der bösen Worte etwas helfen können und vllt. schaffst du es ja, zumindest ein bißchen was (alles geht am Anfang nicht, dafür braucht man Jahre) umzusetzen. Dann gibt's das nächste Mal auch keinen Verriss - Großes Pfadfinderehrenwort ;)

Liebe Grüße,
Smilodon

Noch ein paar sprachliche Kleinigkeiten:
dann laufen sie auch dann nicht fort.

Zweimal dann

Und wenn wir sie mal nicht gebrauchen,

Man gebraucht einen Gegenstand, ein "Erdenengel" (den Begriff bitte auch unbedingt in die Schwulstaufreihung einreihen) ist aber wenn ich deinen Text richtig verstanden habe, kein Gegenstand ;)
Menneskets hjertes tanke er ond fra barndommen av.
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Re: Erdenengel

Beitragvon Bunsenbrenner » Sa 11 Okt, 2008 19:53


Vielen Dank für die lange und ehrliche Kritik zu meinem Text "Erdenengel". Auch dieser Text ist schon etwas älter. Ich werde sehen, ob sich etwas machen lässt. Vielleicht sollte man den Reim wegnehmen? Mit der Metrik habe ich es leider eh nicht so. :(
Werde morgen auf einer langen Zugfahrt mal etwas daran feilen. Vielen Dank nochmal.
LG Sabine

- doppelposting zusammengefügt von joana. bitte in zukunft die "ändern"-funktion nutzen. danke. -


So, habe mal ein ganz klein wenig verdichtet. Der Burner ist es natürlich immer noch nicht, aber vielleicht gelingt es mir ja noch, etwas Feines daraus zu zaubern.
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