Hallo Perry,
durchaus will mir dieses Gedicht gefallen, weil es einige sehr lesenswerte Elemente enthält.
Der mögliche Kritikpunkt des sich Wiederholens im Gedicht wird für mich dadurch entkräftet, dass eben die Aufzählung nicht erfolgter Katastrophen und apokalyptischer Szenarien deren Vielzahl ad absurdum führt. Genau dieses Absurde findet seinen Höhepunkt, indem die offensichtliche Falschheit vieler Prophezeiungen schlicht daher zu rühren scheint, dass sie revidiert wurden.
Qualität gibst du dem Text, indem du einen etwas anachronistischen Wortschatz verwendest und damit nicht nur Bezug zur Historie der Prophezeihungen wie Nostradamus nimmst, sondern auch deren vermeintliches "nicht mehr in die Zeit passen" thematisiert (was natürlich durch die Hauptaussage treffend wieder negiert wird).
die welt nicht
mit geächze untergeht
die dinge nicht wie
vorausgesagt eintreten
Hier stören mich die letzten zwei Verse, da sie weder ein richtig effektvoller Registerwechsel noch im vorangegangenen anachronistischen Stil gehalten sind. "Eintreten" ist hier so technisch, so deskriptiv - wäre es nicht eine Idee, so etwas wie "nichts so richtig abgehen will" als Jugendsprache zu verwenden (nur ein, konkret nicht passender, Vorschlag) oder aber "die dinge ihren gewohnten Lauf nehmen" oder so, um dann in der letzten Strophe einen noch stärleren Bruch zu haben?
Richtig stark aber ist für mich, dass der "Prophet" nur als Personalpronomen auftritt, was ihn einerseits als nichts besonderes erscheinen lässt, auf der anderen Seite aber den Titel des Gedichts mit einbezieht.
LG, Friederich
L'avenir, on ne l'attend pas comme on attend le train. L'avenir, on le fait. (Georges Bernano)
Friederich