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es treibt eine rose

Beitragvon Perry » So 10 Jan, 2010 17:18


sie scheint so friedlich, die donau von der brücke aus
betrachtet, wäre nicht das flehen in den strudelaugen,
der nie verstummende hilferuf der wellen.

sie war schön, die baderstochter, gefiel dem herzogssohn
so sehr, dass er sie freite. doch missgunst
verleumdete sie als hexe, stieß sie gefesselt in die fluten.

viel wasser ist seither geflossen, aber noch immer
wohnt hinterlist in den weiden, sodass ich den blick
nicht wenden kann, von ihrem nassen grab.
Perry
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Re: es treibt eine rose

Beitragvon Drehrassel » So 10 Jan, 2010 21:02


lieber perry, glaubst du tatsächlich, dass man heute noch dem leser eines gedichtes erklären muss, dass es wohl "hinterlist", "missgunst" und "verleumdung" waren, die dazu führten, einer frau den prozess zu machen und als hexe zu ertränken? das kann nicht dein ernst sein! zumal sich das ungeheuer linkisch liest, viel zu viel (text-)raum in anspruch nimmt für allerlei gerede, das bei einem solchen thema mehr als nur überflüssig ist. überhaupt bietet der text fast nichts, was über in ungelenker syntax verfassten erklärungen über sachverhalte, die einem auch nur einigermaßen fantasiebegabten leser in wenigen stichworten bereits evoziert sein dürften, hinaus geht. die romantisierende technik, den tod einer frau stilistisch zu ästhetisieren ("sie scheint so friedlich"), indem man eine naturbetrachtung parallel führt zu dem darin vorkommenden verbrechen, ist doch sowohl im titel als auch der grundsätzlichen perspektive des artikulierten ich bereits mehr als nur genug angelegt. du schlägst mit zaunpfahlen nur so um dich. das fällt übrigens überhaupt auf. dass du in deinen gedichten nie in den stoffen und themen selbst bist. du redest immer nur von außen her irgendwelche trivialitäten und erstickst so jedes bisschen an spannung, interesse, fantasie. die zeilenumbrüche wirken dabei wie eine prvokation, ein regelrechtes ärgernis. ich sage das nicht gern, aber... in diesem fall wäre es angenehmer gewesen - und es wäre dabei praktisch nichts verloren gegangen - , wenn du geschrieben hättest etwa: "ich stehe auf einer donaubrücke. schöner anblick, das. irgendwie beruhigend. friedlich. aber, da fällt mir plötzlich der fall einer jungen frau ein - wo hab ich das noch mal gelesen? - jedenfalls war sie eine baderstochter und nicht standesgemäß verheiratet mit einem herzogsohn (muss ein paar jahre hergewesen sein). jedenfalls... irgendwie gab es intrigen, und man hat ihr einen hexenprozess gemacht und sie ertränkt. irgendwo hier in der donau. komisch... wenn ich daran denk gerade... wird mir fast n bissl unheimlich... die ganze umgebung hier... sogar die bäume hier machen nen hinterlistigen eindruck" :D entschuldige perry, aber mehr steckt tatsächlich nicht drin im text. für mich zumindest.

p.s.: wenn ich die drei worte "donau", "wellen" und "strudel" in einer strophe lese, denke ich an... naja, lassen wir das -
dreimal selig, wer einen namen einführt ins lied!
- ossip mandelstam
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Re: es treibt eine rose

Beitragvon Perry » Di 12 Jan, 2010 13:20


Hallo Drehrassel,
scheint ein echt "ungelenker" Tag für dich gewesen zu sein und dann noch so ein Gedicht, das anscheinend dein lyrisches Eerwartungsgefühl geradezu mit Füßen zu treten scheint. ;)
Keine Sorge, ich nehme dir diesen "Verriss" nicht übel, weil er auch Ausdruck von echtem Interesse ist und zudem deine lyrische Vorstellungen widerspiegelt. Wie du so treffend bemerkt hast, habe ich eine andere Herangehensweise an Themen wie du, deine "Zusammenfassung" lässt ja gut durchblicken, zu welcher lyrischen Generation du zu gehören scheinst. ;)
Auch wenn ich mich wiederhole, ich arbeite mit einer vordergründigen Bildebene -hier die tragische Geschichte der Agnes Bernauer - zu der ich als gebürtiger Straubinger eine besondere Verbundenheit verspüre- und reflektiere mich hier als Betrachter der Jetztzeit an den Bildern und Erinnerungen. Was du als
triviale Erklärung der Hexenverfolgung abtust ist die übertragene Aussage des Textes, dass sich zwar die Zeit geändert hat, aber noch immer die gleichen Intrigen in den Herzen der Menschen zu wohnen scheinen. Dies allerdings zu belegen, bzw. an Beispielen auszumalen habe ich der Fantasie des Lesers überlassen.
Formal ist der Text in drei Terzetten aufgebaut, sodass natürlich einige Zeilenumbrüche nicht als Enjambement gedacht sind, sondern einfach nur die Form unterstützen.
Schade, dass du nicht einmal dem Bild von den in den Weiden wohnenden Hinterlist etwas abgewinnen konntest, aber wie anfangs bereits gesagt, an solchen Tagen findet man vermutlich alles irgendwie.

Trotzdem vielen Dank für deine Sicht und LG
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