Alle Gedichte, die in keine andere Kategorie passen

(o.t.) randzone

Beitragvon Hefe » Fr 19 Sep, 2008 12:08


an den seitenarmen greift der fluss
sich die blicke heraus, halbseitig gesenkte
und lenkt sie über die flöße
im wind biegt sich der bug beachtlich

was uns nicht auffällt: im augenwinkel
verblüht der rest prärie
"das gestohlene fahrrad kannte unseren weg // als hätten wir es schon vor jahren geklaut"
(Herbert Hindringer - am anfang)
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Re: (o.t.) randzone

Beitragvon Stullen Andi » Sa 20 Sep, 2008 16:48


Huhu Chefe,

ich will den Text mal ohne direkte Bleutge-Nagelung angehen:

In Deinen vergangenen Texten hat es immer allzu oft geregnet, weshalb hier erst einmal positiv auffällt, dass kein Regen fällt. Auch habe ich in diesem Gedicht einen offensichtlichen Aspekt im Ohr, den ich bisher bei Dir so nicht gelesen habe oder der mir nicht aufgefallen ist: das Federballspiel in Sachen Phonetik. Hier besonders eingängig bei: fluss / flöße, halbseitig / heraus, gesenkte / lenkt, biegt / bug / beachtlich.

Aus diesen Bausteinen besteht nahezu komplett die erste Strophe, was für mich diesbezüglich auch gegen Bleutgeanlehnung spricht bzw. ihn davon entfernt. Die abschließende Passage bricht mit diesem Konzept, was sinnvoll erscheint, da es die Aussage der Zeilen an diesem Punkt unterstreicht. Das funktioniert sehr gut.

Auch meine ich, dass der Eingangspart des Textes mit den Gleichlauten nicht überfrachtet ist. Es wirkt - trotz Dominanz - nicht allzu aufdringlich, bis auf die stabreimige B-Häufung, die etwas zu forciert daherkommt. Ansonsten aber durchaus chic.

Was aber für mich mit dem Anfangsteil tatsächlich bricht, ist die "Prärie". Das unterstützt Du weder eingangs, noch ist es meines Erachtens sinn- und textgetragen, da die Wassebezüge so dominant daherkommen, dass man kaum an Steppenlandschaft denken mag, kann oder will. Diese Regionen zeichnen sich ja gerade durch Wassermangel aus, weshalb ich auch, solltest Du eben nur anstreben, eine Nachbarlandschaft gegenüberzustellen, damit in keiner Weise zurechtkomme.

Insofern habe ich Probleme mit dem Ausklang des Gedichtes, weil er für mich eben durch die Prärie nicht mit dem Einstieg zusammengeht.

Gelöst davon muss man sagen, dass Naturlyrik immer ein recht undankbares Biest ist, ich jedoch meine, dass Du gerade durch die Phonetik einiges an Plus herausgeholt hast. Was ich aber vermisse, ist ein Mehr an Sprachspiel, ein handfester Neologismus o.ä, etwas, das die Beschreibung aus sich selbst herausholt, da sie so zu sehr plätschert. Einbauen könntest Du das gerade in den letzten Zeilen, da die erste Strophe sonst zu überladen wäre und auch der Fokus hier ein anderer ist.

Insgesamt ist der Text nett, aber es fehlt ihm ein wenig der Arsch, die Lunte, die man anfänglich zündet und die gen Ende nicht einfach so ausbrennt oder verpufft, ohne etwas in die Luft gesprengt zu haben. Nun gut, bei naturbelassenen Beschreibungen kann das auch zu viel des Guten sein, konstruiert wirken. Man muss das mit Bedacht einstreuen, passend, aber so wie hier zündet das Gedicht nicht recht.

Grüße
Stullsen
Stullen Andi
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