Alle Gedichte, die in keine andere Kategorie passen

endzeit vertanzen

Beitragvon Friederich » So 21 Sep, 2008 15:40


die nacht tropft
mond dir ins
gesicht

und blinde tänzer
treiben stunden
ins exil/ morgen

grauen.
L'avenir, on ne l'attend pas comme on attend le train. L'avenir, on le fait. (Georges Bernano)

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Re: endzeit vertanzen

Beitragvon turmfalke » Mi 01 Okt, 2008 12:27


hej friederich,

dein gedicht hat was, sicher, aber es kommt nicht ganz durch. der titel ist gut und auch die überleitung vom titel in die erste zeile (im titel klingt „endzeit vertanzen“ wie eine allgemeine aussage, in der überleitung dann „vertanzen die nacht“ – da wird es auf einmal zu einer handlung, das gefällt mir) und auch an sich hat die erste zeile was, aber mit der zweiten hab ich probleme. wieso „mond dir ins“? liest man das laut, klingt es scheußlich. die beiden „d“ hintereinander und dann die beiden „i“-laute, das – pardon – versaut es. was spricht gegen „mond in dein“? damit wären beide probleme auf einmal gelöst.
die zweite strophe gefällt mir sehr gut, die blinden tänzer die die stunden ins exil/ morgen treiben (reine formsache: auch wenn es so zwar korrekt ist, sieht die lücke hinter dem schrägstrich doch nicht besonders poetisch aus. weglassen?), aber dann ein furchtbar ausgelutschtes „morgen // grauen“. whä. das macht es irgendwie kaputt. und meiner meinung nach kannst du es getrost weglassen; „exil/ morgen“ drückt genug aus, das „grauen“ ist so ein vorzeigeklischee, das einfach nicht nötig ist.
ich denke, wenn du den zweiten vers umstellst und den letzten weglässt, hat das gedicht mehr fluss und ist irgendwie formvollendeter.

lieben gruß,
falke
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Re: endzeit vertanzen

Beitragvon i.z. » Mi 01 Okt, 2008 13:15


Wenn wir die Endzeit vertanzen - sprich: der Moment konsequenter Ernsthaftigkeit im Übermut untergeht - dann wird der Morgen ein Exil sein, fern der Heimat, ohne Ausblick auf Rückkehr. Konsequenzen unbedachten Handels vermögen den Menschen hart zu treffen. Ich stimme dir zu.

Und ich stimme Falke zu. Die Schwäche dieses Gedichtes ist seine klangliche Form, aber nicht sosehr in phonetischer Hinsicht, möchte ich meinen, sondern in kontextueller. So ist es weniger der zweite Vers, der mich stört, als mehr die Übertriebenheit des losgelösten "grauen"s. Es ist zu viel und überbietet die unbeschwerte Klanglichkeit der beiden Strophen um ein Vieles. Der inhaltliche Climax der Nacht, die den Mond dem lyrischen Du ins Gesicht tropfen lässt - ihre Düsternis also hinter der Helligkeit verbirgt - und so die Tänzer blind erscheinen, tritt gut heraus, findet aber im "grauen" keinen Abschluss, da dieses sich damit - meines Erachtens - nicht in Einklang bringen lässt. Es ist im wahrsten Sinne losgelöst. Es steht da und steht für sich allein und wirkt daher - wie Falke sagte - verbraucht.

Grüße,
i.z.
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Re: endzeit vertanzen

Beitragvon Friederich » Sa 04 Okt, 2008 22:55


Hallo ihr beiden,

danke für die Rückmeldung. Ich sehe, was ihr meint. Das exponierte "grauen" überlagert die anderen Strophen und ist ein wenig verbraucht. Ich werde mir überlegen, was ich da tun kann.

@Falke: Ich sehe, was du meinst. Aber findest du "dein Gesicht" nicht auch etwas flach? Aus phonetischer Sicht leider kommt bei "dir ins Gesicht" die metaphorische Konstruktion glaubhafter Rüber, aber ich lasse es mir durch den Kopf gehen.

Gruß, Friederich
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Re: endzeit vertanzen

Beitragvon MORDS TUSSI » Mi 08 Okt, 2008 12:04


"die nacht tropft
mond dir ins
gesicht"


friedrich, beim besten willen: nein
"die nacht tropft" ist erstmal so ok. das bild wird dann aber gekappt, nicht weiter ausgeführt.
"die nacht tropft / mond" was soll das bitte sein? da fehlt m.e. etwas, was den mond mit etwas tropfendem vergleicht. das ist nicht gerade eine leichte aufgabe. das gebe ich zu. das tropfen mit der zeit in verbindung zu bringen ist ok. ich habe die zerfließenden uhren von dali im kopf, auch wenn ich das sehr schnöde finde, weil es DAS bild von dali ist, das auf so blöden kunstkalendern immer herhalten muss.

"mond dir ins" wie bitte? überraschung überraschung? auch wenn man die 1. strophe im ganzen betrachtet ist "dir" doch reichlich deplatziert.

grüße
MORDS TUSSI
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Re: endzeit vertanzen

Beitragvon Friederich » Sa 11 Okt, 2008 10:33


Hi Tussi,

danke für die Antwort und sorry für die verspätete Rückmeldung. Auch wenn die Kritiken zu genau dieser Stelle sehr stark in beide Richtungen divergieren, kann ich deine Kritik nachvollziehen. Ich finde allerdings nicht, dass das Bild für sich nicht wirken könnte. Es ist nur in der Tat etwas konstruiert. Hier werde ich denke ich nicht mehr viel ändern können, aber solche Rückmeldungen sind für weitere Schreibarbeiten ja immer von Wert.

Danke also und schönes Wochenende,

Friederich
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Re: endzeit vertanzen

Beitragvon wa-bash » Sa 11 Okt, 2008 22:05


jetzt will ich auch noch kurz ein statement hierlassen. das Bild des tropfenden Mondes ist für mich persönlich ein gängiges Bild, zumeist sieht der Mond manchmal selbst unreal aus, gerade wenn der kontrast zwischen Mond und Dunkelheit besonders groß ist..tropfen oder schemen bedeuten natürlich immer nur sagen wir Lichtinterferenzen und ich kann gegen diese nichts aussetzen, da licht selbst durchaus in portionen vorkommt ist an der Begrifflichkeit eeh nichts falsches..

was mich ein wenig stört ist die Syntax von "mond dir" und die Wiederholung von "ins" vllt wäre da auf die kürze was optimierbar, ansonsten gefällt mir es eignetlich...mit blinde tänzer, sind damit protagonisten gemeint oder die Mondtropfen?
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Re: endzeit vertanzen

Beitragvon Friederich » So 12 Okt, 2008 12:42


hallo wa,

danke auch dir für den kommentar. die problematik bei "mond dir" ist mir bewusst. ich denke, es sollte jedem überlassen bleiben, was denn nun die "blinden tänzer" sind ...

mfg,

friederich
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