Alle Gedichte, die in keine andere Kategorie passen

Aw: marie & anneliese

Beitragvon Anna Lyse » Do 24 Feb, 2011 21:30


hey rivus,

von den drei neu eingestellten texten, gefällt mir dieser text am besten. er lässt sich flüssig lesen und wirkt sehr erdrückend, zwar schwingt da eine leichte heiterkeit immer mit aber die ist schwer zu fassen und hält nicht lange an.
viele bilder, in an sich wenig text sind hier untergebracht und der drache entführt den leser schon fast ins abstruse.
möchte ich meinen.

obwohl beide strophen sehr unterschiedliche bilderlandschaften erzeugen wirken sie trotz allem wie eins. das finde ich ausergewöhnlich, denn so ganz fassen kann man deinen text dennoch nicht
erst ist da die trauer, um was weiss ich nicht dann ist da das fassbare, was man da zu fassen bekommt ist unklar und am ende ist die annahme, doch von was?

mir gefallen die zeilen :
" ist abgeklemmt und es gibt es keine kartoffelpuffer mehr
und unterm morschen birnbaun bleibt die bühne
leer und ohne jahreszeiten hinterm abgeschlagenen fensterladen
die laut zusammenfallenden klapptische auf puppenkisten und garnrollen"

mitunter am allerbesten. wenn man sich die bühne unter dem birnbaum vorstellt und die kartoffelpuffer dazu, ohne die jahreszeiten gelesen zu haben dann endet man trotzdem unwillkürlich bei den jahreszeiten und kann schon das ende sehen ohne deine worte vorweggenommen zu haben.

mir scheint es so als ob marie & anneliese nicht die sind für die sie hier herhalten, viel eher sind sie gebrauchsgegenstände ;) wenn man damit überhaupt etwas anfangen kann. könnte man es auch als austauschbare puppen sehen.

dein text stirbt am ende tatsächlich-

lg,
isa
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Aw: marie & anneliese

Beitragvon rivus » Fr 25 Feb, 2011 19:49


hallo isa,
danke für dein kommentieren.

mhmm, es ist eine ddr-geschichte u. nachwendegeschichte, eine ziemlich individuelle. es freut mich, dass dir einige passagen darin gefallen. (irgendwie muss ich wohl bei meinen texten mich einfach wortgleiten ;) lassen, denn dieser text war der am schnellsten entstandene. so mag sein besserer lesefluss erklärbar sein?!)


dass die geschichten (strophbilder) ineinander übergehen, auch beim lesen, scheint mir ja auch von deiner leseweise her gelungen. den ausgang wollte ich bewußt so ausklingen, sterben lassen, denn marie u. annemarie (krebsgeschädigte, dann auch männer- und nachwendegeschädigte) können nicht mehr anders als sterbend, dies aber würdevoll und in alter puppenspielerinnenmanier aus der geschichte gehen, so mein gedanke....
die am ende lockere u. taffe annahme von schicksal u. der abschied aus allem, so wäre ein bühnenabgang vorstellbar ...

der gedanke, dass beide, die sich am ende mit allen bühnenkulissenhaften symbiotisierten, nicht nur mit ihren puppenspielerinnendasein, sondern auch mit ihren rollen, so austauschbar wirken, erschrickt mich im ersten moment, aber erfährt so ihr gemeinsames abgehen aus dem lyrwir, nicht auch eine gegenseitige würdigung, so entwinden sie sich doch einer buratinischen rückentwicklung oder?

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Aw: marie & anneliese

Beitragvon Perry » Sa 26 Feb, 2011 13:20


Hallo rivus,

das ist wohl Lebenstragödie pur.
Gerade im ersten Vers setzt du mit Worten wie "nicht vorhandene eierstöcke und jukeboxmänner" ungewöhnliche Hinweise, auf schicksalhafte Wendungen. Kann ich "leuna und wismut" noch mit krebserregend in Verbindung bringen,
ist mir das Bild mit den zwei Ufern, die ein Fluß nicht zusammenbringen kann, dann fast ein wenig zuviel Philosophie.

In der Zweiten Strophe wechselt das Szenario dann in ein dem Verfall preisgegebenes Laubenbild.
Die Wortbrücke mit dem "Strom" ist mir dabei einen Tick zu gewollt, aber das ist Geschmackssache. Im Vergleich zur ersten Strophe ist die Puppenspielerszene fast ein wenig zu weit ausgeführt, vorallem weil sie für mich nur einen Übergang zum "märchenhaft-verbrähmten" Abgang schaffen soll.

Insgesamt ein Text, der sehr gut die bedrückend-wehmütige Atmosphäre einfängt und den Versuch einer Bewältigung mit (Galgen)Humor und Fantasie beschreibt.

Ich hoffe, du kannst etwas mit meinen Empfindungen und Hinweisen anfangen.
LG
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Aw: marie & anneliese

Beitragvon rivus » So 27 Feb, 2011 13:35


hi perry,
danke für dein beschäftigen mit dem text.

du hast mich ganz schön zum schwitzen u. ins grübeln gebracht. (ich arbeite noch am text u. form u. ich habe schon vieles ausprobiert. dabei gab es drei-strophen-versionen oder das zusammennehmen zu einem textkörper.)

der strom liegt mir aber nun sehr heftig im magen, weil ich den übergang gerade gut fand. in der zweiten strophe gab es einen strom der eigentlich unmögliches schlicht im gartenlaubenstrom zusammenführte. mhmm, die letzte zeile der ersten strophe klingt wirklich arg philosophisch u. strapaziert. :kaffee:

die puppenspielerinneninventar habe ich dank deinem hinweis etwas reduziert, doch fällt für mich dadurch etwas atmosphäre weg, hmm


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