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Masuren

Beitragvon kernbusch » Mi 06 Apr, 2011 12:57


Sie hängt kleine Wachsengel an ihre Haut.

Zur Schifferklavierpolka
küssen sich Leder und Holz,
schau nur, ihre Strümpfe
sitzen so straff.

Ich atme in die Hände
ihrer Mutter, spüre den Vater,
streife Nächte
mit den Farnen der Gladiolen,
schmecke Hasenblut
auf Birkenbrett.

Meine Stirn wächst in ihr Herz
und wir lachen uns über den Winter,
unter dem Wolfspelz

Heimat.
kernbusch
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Re: Masuren

Beitragvon rivus » Mi 06 Apr, 2011 23:35


hi kernbusch,

ne kleine annäherung. ich kenne die musuren. sie waren für mich ein stück zeltheimat.

im zuge des musurischen, des erinnerten, des erotisierten, des erodierten kamen meine segelerlebnisse mit einem selbstgebauten holzboot wieder zurück ins gegenwärtige. die wachsengel des polnischen werden auf der haut der geliebten wieder lebendig. der underground donnert mit schifferklavierpolka, der pfadfinderische lederstrumpf küsst das masurische holz, eine lebenslandschaft, die kaum ihre geheimnisse auf den ersten blick frei geben will, denn ihre wunderbaren oberflächen, bleiben straff bestrümpft, straff im strengen, fast im katholischen. das zwischenspiel posiert, gibt auf polkaart ein stückchen von sich preis. es ist wohl das masurenbild, ein legendäres elterliches, was das atmen, die eroberung masurischer weiblichkeit erschwert. so bleibt dem lyrich nur das streifen in den besonderen nächten mit unprobaten, pseudowilderischen mitteln. es bewaffnet sich mit den farnischen schilden und gladiolischen schwerten, ganz masurenritter, um doch nur hasenblut auf birkenbrett fast halluzinatorisch zu schmecken. was bleibt ist die innere verzweiflung, die symbiotische wegung, bahnung eines kognitiven sehnens der uneroberten, die einen so manifesten platz im innern des lyrich einnimmt, dass ein sinniertes lyrwir wenigstens im eingebildeten eine polka über den winter der gefühle bringen kann. so wächst aber auch unterm wolfspelz, unterm immer rauheren äußeren, so etwas wie ein stück heimat.

grüße, rivus
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