Alle Gedichte, die in keine andere Kategorie passen

präventiv

Beitragvon Antibegone » Fr 08 Apr, 2011 21:22


ausgeschnitte früchte die ich auffädele
um nicht hinzusehen während
die anderer tage in gräsern
sagt mir nichts neues, nein.


betrug der mittagssonne noch ein kilogramm
wird ihr körper unter ständig explodierender
hitzeschwankungen in der sternennacht deck die sträucher ab
bitte, verschwende dich nicht.
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Re: präventiv

Beitragvon rivus » Sa 09 Apr, 2011 22:13


hi antibegone,

etwas zuvorkommen, damit es nicht geschehen ist, damit es ungeschehen gemacht wird: präventiv ausgeschnitte ermöglicht früchte von sehnsüchten träumen aber auch realem aufzufädeln, damit das lyrich nicht mehr damit frontal und ganz konfrontiert wird. um nicht mehr hinzusehen beim das lyrich fragmentierenden währen, archivieren, während die früchte andrer tage längst in den gräsern andre lyricherlebnisse adaptieren, bildern. doch diese art von prävention etwas auszuhalten ist eine uralte, die schon bei den weisen funktionierte. jedoch rebelliert im lyrich etwas bisher unausgesprochenes, noch unausgeschnittenes. dieses unausgeschnitte sagt nein zum bewährten, das lyrich bisher bewehrende, beschützende. es ist, als ob das verletzliche, sich damit verletzende selbst, selbst preisgeben muss, um präventiv das selbstverleugnen nicht mehr im vergangenen, auch nicht im künftigen abzulegen, damit es endlich selbst wird, damit es nicht mehr spalten muss, um hinsehen zu können zu allem, zum ichwirduselbst, zum selbstgeschaffenen, selbstgeträumten, selbsterlebten, selbstwahrgenommenen, um endlich geboren zu werden.


doch die um- und selbstrealität ist eine andre, eine retourkutsche des surrealen bisherigen. die ausgeschnitte, die gaukelbilder der mittagssonne, ambitendieren ins schwere, ins doch nicht mehr aushaltbare. es fehlt nur noch ein winziges solarkilogramm bis zur selbstexplosion. der selbstspagat kann nur noch in kalter astronomischer sternennacht gehalten, die extremen hitzeschwankungen des gemütes konserviert werden. in diesem status quo werden die äußeren und inneren zustände des lyrichselbst zum deck, zur wehrung, zum imperativ, zum implosiv aller ichsehnsüchte, aber auch zum imperativ für ein veräußertes, für ein fingiertes, für ein fast unbezogenes duselbst, das als letzten akt einer nie wirklich vollzogenen beziehung, endlich die selbstverstrauchungen, selbstversträucher abdecken soll, um den rest vom selbstich für immer zu verdecken. die selbstachtung wird ein akt der selbsterniedrigung. die unausgeschnitte das podium für den auftritte eines narzisstischen duselbst. der vorhang fällt, das präventiv auch. es bleibt alles beim alten. ungeboren.

gern assoziiert

grüße, rivus
Zuletzt geändert von rivus am Sa 09 Apr, 2011 22:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: präventiv

Beitragvon Antibegone » So 10 Apr, 2011 16:58


Ja, das Lyr Ich und Lyr Du treffen sich gar nicht, gleiten trotz ihrer Beziehungshaftigkeit aneinander vorbei, das sehe ich genauso.

Diese Chance zu einer Selbstwerdung/ Geburt sehe ich eigentlich nicht. Oder sagen wir mal eines „Selbstseins in der Beziehung“. Vielleicht gab es die einmal in der Vergangenheit. Und selbst wenn es sie einmal gab, ist gerade diese zum Betrug geworden.

„damit das lyrich nicht mehr damit frontal und ganz konfrontiert wird“

Ja, genau, in dem Sinne Prävention als einfacher Selbstschutz.

„jedoch rebelliert im lyrich etwas bisher unausgesprochenes, noch unausgeschnittenes. dieses unausgeschnitte sagt nein zum bewährten, das lyrich bisher bewehrende, beschützende“

Wo siehst du diese Rebellion?
(Sie kann ja da sein, auch wenn ich sie nicht sehe)

„es fehlt nur noch ein winziges solarkilogramm bis zur selbstexplosion. der selbstspagat kann nur noch in kalter astronomischer sternennacht gehalten,“

Ja, es sind kalte Explosionen, die eher etwas Ohnmächtiges als Aggressives haben.

„, das als letzten akt einer nie wirklich vollzogenen beziehung, endlich die selbstverstrauchungen, selbstversträucher abdecken soll, um den rest vom selbstich für immer zu verdecken“

Ja, das kann man so sehen… eigentlich ganz interessant. Für mich bestand eben vorhin in dem „Sträucher abdecken“ der präventive Akt. Das Zudecken von Konflikten, von etwas, das wild wächst, in alle Richtungen, wie die Sonne es in ihren Eruptionen tut – nur dass hier eben auch diese Natürlichkeit gestört ist.

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Re: präventiv

Beitragvon rivus » Mo 11 Apr, 2011 16:07


ach antibegone,
eigentlich sehe ich die rebellion im nein. die erste strophe ist gegenwärtig. dieses gegenwärtig bebilderte ist ausgeschnitte, sagt dem lyrich nichts neues. dieses nein ist für mich die rebellion, das hinter dem bekannten noch etwas unausgeschnittenes, ungesagt gebliebenes ist. es klingt für mich wie ein aufruf, eine entscheidung zu fällen. das endgültige vollzieht sich dann dreiwärtig, physisch, gegenwartsfokussierend und fast antizipatorisch. die beziehungshaftigkeit kann hier enden, wenn das lyrdu der aufforderung und der bitte des lyrich's nachkommt. im zweiten lesen ist der ausgang offen, es könnte durchaus, trotz allem präventiven der vorhang wieder aufgehen.



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