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fast ein wintermärchen

Beitragvon Neruda » Mo 28 Dez, 2009 00:34


gewidmet: jemandem

der schnee zergeht im gleichtakt unserer schritte,
kälte beißt uns nur zärtlich ins genick
aber hier geht es nicht:
um die richtigen worte
sondern ums perfekte schweigen

wir graben zwei hände in eine manteltasche,
lassen den atem nicht gefrieren & sind doch fern
wie die lichterketten-skulpturen auf der anderen straßenseite
lauert verurteilung; ebenso wie kohleaugen aus der dunkelheit
die flüsternd ein „du darfst nicht“ zwischen unsere lippen schieben
wie ein stück realität

an diesem abend ist nichts heilig, nichts als
die geschenkten stunden voll vorgetäuschtem glück,
diese arme die rückhalt sind & doch nichts halten

dann ziehst du dich an
& aus
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Re: fast ein wintermärchen

Beitragvon rivus » Di 05 Jan, 2010 03:30


ach neruda,
(ich hatte einen ausführlichen text zu deinen zeilen geschrieben, aber leider sind sie bei dem versuch, sie zu speichern, verschollen. so schreibe ich nun als fan nur kurz, da meine zeit, dieses verflixte dämchen, mich immerzu aus dem verweilen zerrt und zu anderen orten drängelt!)

eine schnittige schrittbeziehung, die sogar so emotional heiß gleichtaktet, dass schnee zergeht u. die kälte nur zärtlich ins genick beißt u. doch wird noch nicht gewagt, zuneigung auch näher zuzulassen, weil es nicht geht, es einen haken gibt. selbst die richtigen worte sind scheinbar fehl am platze, denn es geht ja ums perfekte schweigen.

dieses schweigen scheint zu gelingen, aber die nähe wird in einer manteltasche verstaut, der atem, vermutlich auch im gleichtakt, so diszipliniert, dass er nicht gefriert und doch trägt, bürdet das paarbild schwere u. monotonie, gespenstert nähe u. illustriert so eine statische, signalgebende ferne (lichterketten-skulpturen), die zum greifen nah sternt, jedoch in der reichweite der anderen straßenseite fixiert ist. doch lauert dort auch verurteilung, nicht diese zweisamkeit erlaubende u. nähe mordende kohleaugen, die flüsternd verbote, verbotenes suggestieren u. eine "du-darfst-nicht"-aufforderung zwischen mehr nähe suchenden lippen schieben wie ein stück hundekuchen, der wie eine art parallelrealität, die erhoffte u. herbeigesehnte, doch nicht gestattete realität verdrängt, beiseite schieben will.

doch an diesem besondern abend ist nichts heilig, wird auch das geringste riskiert u.
das geschenkte, vorgetäuschte beieinander in den armen des partners, der partnerin, die für den moment zwar rückhalt sind u. mehr nähe halten könnten, halten nicht das, was sie möglicherweise versprachen. so zieht sich ein lyrdu an u. aus der affäre. das lyrich bleibt wie märbegossen zurück, obgleich das doch gewagte beinahe ein wintermärchen hervorgebracht hätte, wenn nicht eine bindungsangst oder der umfelddruck für das umkippen u. abrücken des lyrdu gesorgt hätten ...

(so jedenfalls meine lesart)


gern gelesen

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Re: fast ein wintermärchen

Beitragvon Neruda » Di 05 Jan, 2010 18:59


Hey rivus,

danke schön. Ich freu mich, dass meine Texte dir gefallen und ausführlicher hätte der Kommentar auch nicht sein müssen, wenn du keine Kritikpunkte anzubringen hast. Deine Interpretation liegt schon ziemlich nahe bei meiner Intention.

Lg, Kim
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Re: fast ein wintermärchen

Beitragvon Neruda » Mi 24 Feb, 2010 22:04


Als Gedicht des Monats hierher verschoben
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