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[Lyrik und Epik] Leitfaden - Titel

Beitragvon Struppigel » So 14 Sep, 2008 12:42


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Der Titel gehört zu einem sehr wichtigen Bestandteil des Werkes und wird von einigen Autoren stark unterschätzt. Dient er doch nicht nur dazu, einen Text von einem anderen zu unterscheiden. Die Bedeutung des Titels, seine Möglichkeiten und seine Wirkung sollen hier erläutert werden.
Für Autoren, die sich mit der Titelfindung einige Zähne (in meinem Falle eher Stacheln) ausbeißen, gibt es hier außerdem Tipps.


Gliederung:
  1. Bedeutung und Funktion des Titels
  2. Möglichkeiten, einen Titel zu bestimmen
  3. Was man beachten sollte

1. Bedeutung und Funktion des Titels

Der Titel ist normalerweise das erste, was ein Leser von einem Text zu Gesicht bekommt (bei Büchern ist es das Cover, aber in Foren bleibt nur der Titel). Der wichtige erste Eindruck wird von ihm bestimmt. Aufgrund des Titels entscheidet der Leser schließlich, ob er den Text überhaupt lesen wird. Das sollte man als Autor eigentlich ausnutzen.
Eine Hauptaufgabe ist also das Wecken von Interesse, sofern man sich als Autor noch nicht einen so guten Ruf verschafft hat, dass allein der eigene Name genügt. Daneben kann ein Titel auch die Zielgruppe festlegen, die Hauptfigur vorstellen, das Thema bestimmen und wichtige Informationen für die Interpretation des Werkes beinhalten.


2. Möglichkeiten, einen Titel zu bestimmen

Thema oder Gegenstand des Textes
Der Titel kann das Thema des Textes sein. So weiß der Leser sofort, was ihn erwartet. Unter „Der letzte Kampf des Gladiators“ kann sich wahrscheinlich jeder vorstellen, was der Text behandelt. Hier muss man jedoch aufpassen, nicht zu viel zu verraten. Siehe auch „Nicht spoilern“ unter Punkt 3.

Name der Hauptfigur
Der Name der Hauptfigur oder des Menschen, dem ein Text gewidmet ist (z.B. bei einem Liebesgedicht) kann natürlich im Titel verwendet werden, ist allerdings nur bedingt geeignet. Die meisten Namen sind relativ nichtssagend und lassen eher Langeweile vermuten, z.B. „Peter Schmidt“.
Etwas anderes ist es, wenn der Name entweder der einer berühmten Persönlichkeit ist oder besonders außergewöhnlich anmutet. Beispiel: „Ronald Haudrauf“
Das bietet sich besonders bei Fantasygeschichten an, da hier außergewöhnliche Namen gut in den Kontext passen. Ebenso lassen sich Spitznamen verwerten, die wichtige Charakteristika der dahinter stehenden Person verraten.
Man kann den Namen natürlich zusätzlich mit Eigenschaften der Person, einem Gegenstand oder Thema des Textes verbinden. Beispiele: „Arielle die Meerjungfrau“, „Alice im Wunderland“, „Die fette Elke“

Der Ort oder die Zeit
Auch hier gilt: Orte, die außergewöhnlich anmuten ("Auf dem Schulklo"), sind wahrscheinlich eher geeignet, als gewöhnliche Orte wie „Deutschland“ oder „Der Bahnhof“.
Die Zeit wird erst dann interessant, wenn sich jeder Leser etwas darunter vorstellen kann. So rufen „11.September 2001“ oder „8. Mai 1945“ mehr Assoziationen hervor als „3. März 2007“.

Metaphern und Wortspiele
Der Titel selbst kann eine Metapher sein oder aber als Metapher für den Text stehen. Vielleicht steht er im Widerspruch zum Inhalt des Textes oder verrät die Zusammenhänge in versteckter Form. In diesem Fall spielt er auch eine sehr wichtige Rolle für die Interpretation.
Beispiel: „Profil“ Dieser Titel ist mehrdeutig, da ein Profil einerseits einen Charakter bezeichnet, andererseits aber auch ein Reifen- oder Schuhprofil.
Solche Titel beanspruchen den meisten Aufwand, sind aber oft die originellsten, wenn es sich nicht gerade um sehr ausgelutschte Metaphern, wie „Gebrochenes Herz“ oder „Rote Tränen“ handelt. Nutze eigene Kreationen.

Zitat aus dem Text
Der Titel entspricht einer Textstelle des Werkes, z.B. einer wichtigen Erkenntnis, die im Laufe einer Geschichte entsteht oder einem oft auftauchenden Satz, Wortgruppe oder Wort.
Beispiel: „ich will kein inmich mehr sein“ (von Birger Sellin)
Für Gedichte ist das eher ungeeignet, da diese im Normalfall recht kurz sind und die Wiederholung einer Textstelle eher ungeschickt und einfallslos wirken würde.


3. Was man beachten sollte

Texte ohne Titel
Ist ein Text ohne Titel, so empfehle ich, trotzdem einen Erkennungstitel anzubringen. Dies sieht dann z.B. so aus: "[ohne Titel] Radioaktiv"
Die Leser wissen dann sofort, dass der Text eigentlich keinen Titel hat, können aber trotzdem die Geschichte einordnen, so dass sie nicht wirklich namenlos bleibt.

Titel, die keine sind
Solche Titel sollte man unbedingt unterlassen:
"Meine erste Geschichte! Bitte kommentieren!!!!!!"
"Guckt mal hier rein!"
"Mein erstes Gedicht, ich weiß, dass es schlecht ist..."


Rechtschreibfehler
Rechtschreibfehler sind zwar allgemein zu vermeiden, aber im Titel sollte man besonders darauf achten, keine einzubauen. Solche fallen sofort negativ ins Auge und lassen den Leser automatisch einen schlechten Text erwarten.

Nicht spoilern
„to spoil“ heißt „verderben“. Ein Spoiler ist eine Information, die einem so wichtige Elemente oder Zusammenhänge des Textes verrät, dass die ganze Spannung kaputt ist. Dies kann ein ungeschickter Autor auch mit seinem Titel erreichen, sollte aber unbedingt vermieden werden. Denn was nützt die ganze Arbeit, eine völlig unerwartete Wendung oder einen überraschenden Schluss zu schreiben, wenn der Titel schon alles aufklärt?
Um ein ganz dummes (Negativ-)Beispiel für einen Krimi zu bringen: „Der Mörder war Gertrude“

Assoziationen wecken
Ich sprach es schon an mehreren Stellen an. Zu allgemein gehaltene oder nichtssagende Titel sind das Ungünstigste überhaupt. Negativbeispiel: „Liebe“. Das ist zwar ein Thema, aber so allumfassend und verbraucht, dass hier eher Assoziationen an schlechte Gedichte/Geschichten geweckt werden.
Stattdessen solltest Du Assoziationen wecken, die den Leser heiß auf Deinen Text machen.

Fremdsprachen und Fachbegriffe
Fremdsprachige und fachsprachliche Titel sind mit Vorsicht zu genießen. Wer die Sprache nicht beherrscht und demnach den Titel nicht entziffern kann, wird den Text dahinter vermutlich nicht lesen.
Englische Titel sind besonders unter den jungen Autoren beliebt, da dies eine Sprache ist, die die meisten beherrschen. Allerdings sollte man als Autor auch hier überlegen, ob es wirklich sinnvoll ist, einen englischen Titel über einen deutschen Text zu stellen. Sinnvoll kann es dann sein, wenn der Text direkt in England oder einem anderen englischsprachigen Land spielt bzw. davon handelt. Ebenso, wenn im Text auf die englische Sprache stark Bezug genommen wird (Beispiel: Frau verliebt sich in einen Amerikaner) oder wenn der Text in einem Milieu angesiedelt ist, in dem bevorzugt englische Begriffe genutzt werden. Eine Geschichte über einen Informatiker dürfte demnach getrost einen Titel wie „reproduction routine“ erhalten. Dies legt aber zugleich die Zielgruppe fest. Denn vorallem Leser, die sich für Informatik interessieren, werden damit angesprochen. Das ist dann günstig, wenn der Autor ein Grundwissen beim Leser voraussetzt, das dieser braucht, um den Text zu verstehen. Ansonsten sollte auch hier eher auf allgemein Verständliches zurückgegriffen werden.
Die Ausführungen über die englische Sprache treffen natürlich auch auf andere Sprachen zu. So können lateinische Begriffe sowohl auf die Zeit der Römer hinweisen, als auch auf einen medizinischen Hintergrund.
Liegt jedoch kein Grund vor, sollte man lieber auf fremdsprachige Titel verzichten. Ein Text ist nicht automatisch „cooler“, wenn er einen englischen Titel hat.
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