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Wie man seine Träume verwirklicht

Beitragvon R.Duke » Di 10 Feb, 2009 13:55


Wie man seine Träume verwirklicht

Ein Glas Whiskey verkürzt das Leben um vier, eine Zigarette um zwei Minuten. Interessant,stelle ich fest, so schnell könnte ich nicht trinken. Währendessen puste ich die um den übervollen Aschenbecher liegenden Tabakkrümel weg, nippe etwas an meinem doppelten Whiskey und tippe dann an meinem Text weiter. Ich sitze oft so vor meinem Laptop,rauche,trinke,aber als süchtig würde ich mich nicht bezeichnen, ich sitze eben einfach gerne rum, starre auf den weißen Bildschirm und warte darauf, dass er endlich mit mir kommuniziert. Meine Freunde, xxenemyoftheworldxx und AndiO69,wie ich so um die 20,sehen das ähnlich. Aber manchmal,wenn die verfickte Libido rumnervt und "Fick mich!" plärrt, suche ich das WWW nach Liebe ab,in der rechte Hand die Maus,in der linken meinen Penis. Gebe ich dann auf zu suchen bin ich unglücklicher als zuvor,verfluche die Libido und nehme mir vor mein Leben zu ändern, die Zigaretten zertreten,den Alkohol zerschmettern,den Computer mit seinem ausdruckslosen Gesicht zerhauen, die Reste durch den Fleischwolf drehen und den hungrigen Flammenzungen zu übergeben!

Ich stürze aus meinem blauen Drehstuhl,direkt auf den Teppichboden. Meine Muskeln haben wohl gerade keine Lust zu kontrahieren,ich kann es ihnen nicht verübeln und genieße die neue Perspektive.So Bottom up. Neben wilden Partys feiernden Milben,ehemals weißen Sportsocken, ranzigen Essensresten,leeren Flaschen,die gelegentlich mit Pisse gefüllt sind, verkackter Unterwäsche und Insektenkadavern schwebt ein sehr ökologischer Geruch über allem. Das ist mein Zimmer,meine Wohnstätte,180 Euro im Monat,kalt. Vor mir ,zwischen all dem Unrat,da lag eine halbgerauchte Zigarette.Verlangen packt, schüttelt mich solange bis meine guten Vorsätze sich beleidigt verziehen. Ich sammle meine ganze Willenskraft,versuche den Alkohol zu ignorieren,grapsche nach meinem Feuerzeug und zünde unter Ächzen das Objekt meiner Begierde an. Der Tabak glimmt etwas,tiefer Zug,langsam ausatmen,Entspannung. Mit dem Stummel im rechten Mundwinkel zerre ich mich an meinem Schrank hoch, verdammt warum muss ich auch immer soviel trinken! Kaum bin ich wieder auf meinen schwankenden Beinen,bekomme ich von meinen Zimmerwänden eine Einladung zum Karusselfahren."Heute nicht!",antworte ich. Das scheint sie zu erzürnen,denn plötzlich stoßen sie mich an und schlagen auf meinen Kopf ein.Ich lasse die Zigarette auf den Teppichboden fallen und sah nur noch einen Ausweg.Springen. Aus diesem Zimmer,aus meinem Leben, in eine bessere Zukunft. Mit aller Kraft drücke ich meine Beine vom Boden ab,sprang,flog und krache gegen die Schreibtischkante. Massivholz,das hatte ich vorher nie zu schätzen gewusst,dafür wurde es mir jetzt schlagartig klar.Während sich mein Sichtfeld langsam verdunkelt,rieche ich noch etwas Rauch,spüre Hitze,... ich... bewusstlos...

Die Feuerwehr rückt an,löscht das Feuer,nur ein Toter,alle sind froh,das was übrig bleibt sind Träume.
[mittig:1isl4ln2]Vomit,then laugh...[/mittig:1isl4ln2]
R.Duke
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Re: Wie man seine Träume verwirklicht

Beitragvon Struppigel » Di 24 Feb, 2009 14:42


Hallo Duke,

ich sehe gerade, dass noch keiner diesen Text kommentiert hat.
Der Anfang ist vielversprechend:
Ein Glas Whiskey verkürzt das Leben um vier, eine Zigarette um zwei Minuten. Interessant,stelle ich fest, so schnell könnte ich nicht trinken.
Schöner Start, nicht nur für einen Schmunzler gut, es charakterisiert sogleich auch den Protagonisten, der offenbar nicht so viel Wert auf seine Gesundheit legt; vielleicht nicht nur ohne Rücksicht auf sie, sondern auch absichtlich selbstzerstörerisch handelt.
Formal: Nach dem zweiten Komma fehlt ein Leerzeichen (wie auch im Folgenden noch öfter, aber ich werde es nicht weiter erwähnen)

Ich sitze oft so vor meinem Laptop,rauche,trinke,aber als süchtig würde ich mich nicht bezeichnen, ich sitze eben einfach gerne rum, starre auf den weißen Bildschirm und warte darauf, dass er endlich mit mir kommuniziert. Meine Freunde, xxenemyoftheworldxx und AndiO69,wie ich so um die 20,sehen das ähnlich.
Weitere Charakterisierung des Prots - gut gelungen wie ich finde. Schon die Tatsache, wen er als Freunde bezeichnet, lässt die tief blicken, hat aber auch einen humorvollen Unterton. Es geht hier offenbar nicht nur um ein Individuum, sondern die Charakterisierung eines gesamten Missstandes, Verarmung, Vereinsamung, Phlegmatismus und die Unfähigkeit auszubrechen.

Neben wilden Partys feiernden Milben,ehemals weißen Sportsocken, ranzigen Essensresten,leeren Flaschen,die gelegentlich mit Pisse gefüllt sind, verkackter Unterwäsche und Insektenkadavern schwebt ein sehr ökologischer Geruch über allem.
Den Unrat kann man sich nun gut vorstellen, aber gibt es nicht noch Möbel, Fenster o.ä? Wie sehen diese aus?


Ich stürze aus meinem blauen Drehstuhl,direkt auf den Teppichboden. Meine Muskeln haben wohl gerade keine Lust zu kontrahieren

Jap. Wieder ein lustiger Seitenhieb auf die Leute mit der ungesunden Kellerbräune, bei denen Sport schon das Heben der Augenlider bedeutet.

Das ist mein Zimmer,meine Wohnstätte,180 Euro im Monat,kalt.

Man fragt sich unwillkürlich, woher dieser Mensch das Geld nimmt. Ich denke, diese Information ist unnötig.


Ich lasse die Zigarette auf den Teppichboden fallen und sah nur noch einen Ausweg.Springen. Aus diesem Zimmer,aus meinem Leben, in eine bessere Zukunft. Mit aller Kraft drücke ich meine Beine vom Boden ab,sprang,flog und krache gegen die Schreibtischkante. Massivholz,das hatte ich vorher nie zu schätzen gewusst,dafür wurde es mir jetzt schlagartig klar.

Du würfelst hier die Zeitformen völlig durcheinander. Sogar innerhalb eines Satzes (flog aber krache). Bleib im Präsens.

Während sich mein Sichtfeld langsam verdunkelt,rieche ich noch etwas Rauch,spüre Hitze,... ich... bewusstlos...

Die Feuerwehr rückt an,löscht das Feuer,nur ein Toter,alle sind froh,das was übrig bleibt sind Träume.

Bewusstlosigkeit - schön und gut - aber das Ende finde ich insgesamt misslungen. Es ist erstens nicht nötig, einen Tod einzubauen und das Ganze damit dramatischer zu machen. Ein offenes Ende würde reichen. Zweitens wirkt der Part mit der Feuerwehr unbeholfen. Nur für diesen einen Satz musst Du die Erzählperspektive wechseln, weil der Ich-Erzähler ex gegangen ist, noch dazu sind die Infos nicht unbedingt notwendig. Ich persönlich finde ein Ende ohne Feuer besser und sinnvoller. Niemand kümmert sich um diesen Niemand und trotzdem darf er einen aufregenden Abgang mit der Aufmerksamkeit der Feuerwehr erleben. Wenn er schon sterben muss, dann wäre ein unspektakulärer Tod wesentlich passender und damit der Aussage des Textes zuträglicher.

Liebe Grüße
Struppigel
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