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Verein zur Bestrafung Falschdenkender

Beitragvon cube » Mi 08 Sep, 2010 07:55


"Schweinebacke auf dem Balkon des elterlichen Anwesens", sagte Pi und ließ den beiden einen Moment Zeit, das Bild zu betrachten, bevor er zum nächsten klickte. "Von wo er dieses freundliche Geschöpf unter anderem als Butterblume und Igelschnäuzchen titulierte." Der Mauszeiger deutete auf eine füllige Frau in hautengem Joggerdress.
"Wirkt auch etwas unvorteilhaft", sagte Marsu vorsichtig.
Pi ging nicht darauf ein. "Bezeichnungen", sagte er, "deren Sinn sich mir auch mit Nachdenken nicht erschlossen haben. Doch steht die bösartige Absicht hinter diesen außer Frage. Schweinebackes Tonfall und diverse Gesten ließen praktisch keinen Interpretationsspielraum."
Das nächste Beweisstück: ein Video. Mehrere junge Männer stiegen vor dem Hintergrund derselben Stadtvilla in zwei am Straßenrand parkende weiße Stretchlimousinen. Jeder oder fast jeder hatte ein Bier in der einen und eine Zigarette in der anderen Hand. Man trug vorwiegend Stoffhosen und Polohemden in Pastelltönen, Türkis, Rosa und Blau; Sonnenbrillen waren auf die sorgfältig gegelten Haare geschoben. Schweinebacke trat jemandem in den Arsch, was der Rest mit lautem Lachen quittierte.
"Ja, und?", fragte Marsu.
"Dummheit, gepaart mit Arroganz", sagte Pi, "Verschwendungssucht."
Er klickte weiter. Ein Foto nach dem anderen füllte den Bildschirm, Pis Kommentare die Ohren seiner beiden Zuhörer. "Hier erwischte ich ihn, als er seinen Einweggrill in die Alster schmiss, obwohl wenige Meter entfernt ein extra dafür vorgesehener Müllcontainer stand", sagte er.
"Und hier", sagte Pi, "das Bild spricht wohl für sich."
Lami und Marsu schoben ihre negriden Gesichter so nah an den Bildschirm, als wollten sie gleich hineinkriechen. Sagten ein paar Sekunden nichts. Endlich kniff Marsu die Augen zusammen und näherte sich dem Fall vorsichtig per Bildbeschreibung. "Nun", sagte er, "da steht Schweinebacke vor einem Segelboot und legt den Arm um eine Tussi ... " Sekundenlanges Schweigen.
"Ja, und?", fragte Pi.
"Genau", sagte Lami, "wo liegt das Problem?"
"In solchen Momenten bezweifle ich, dass wir aus dem selben Genpool stammen", sagte Pi,"er trägt smaragdgrüne Slipper aus Schlangenleder zu einer hellblauen Stoffhose von Prada – man achte auf die akkurate Bügelfalte! - und einem rosa Hemd von Ralph Lauren. Eine Katastrophe!"
Lami sah ihn schräg von der Seite an. "Verbuchen wir das unter persönlicher Abneigung", sagte sie.
"Wie auch immer", sagte Pi, "wir haben hier mehr als genug Beweismaterial für bestrafungswürdige Vergehen ..."
"... im Sinne der Satzung", sagte Lami, "ja ja, schon klar."

"Schweinebacke muss bestraft werden", sagte Pi, "leider ist der Schweinepriester praktisch immer von seinen Novizen umgeben. Man wird ihn kidnappen müssen, nehme ich an." Und, nach einer Kunstpause: "Danke, dass ihr mitmacht. Ich und die Gerechtigkeit wissen das sehr zu schätzen. Ohne euch wäre der Verein zur Bestrafung Falschdenkender ein Nichts."
"Wahre Worte, Kauboi", sagte Lami, "wir drei sind die einzigen Mitglieder." Sie zog Rotz die Nase hoch - mit dem unverwechselbaren Geräusch, das ihre Ma verlässlich zur Weißglut trieb – und spuckte aus dem offenen Fenster.
"Du brauchst dich nicht zu bedanken, Pi", sagte Marsu. "Mach nur deine Drohung nicht wahr. Erzähl Ma nichts von den Pflanzen im alten Gewächshaus. Das reicht."
Pi nickte. "Und warum bist du dabei?", fragte er Lami.
Die zuckte ihre braunen Schultern und zündete einen Spliff an. "Keine Ahnung, Ärger machen", sagte sie und blies den Rauch langsam und hochkonzentriert aus. Sie bewegte ihre Lippen in einem komplizierten Rhythmus, der an die wellenartigen Schwimmbewegungen mancher Tiefseeschnecken erinnerte. Aus dem Qualm formte sich ein nackter Rauchmann. Auf seinem durchtrainierten Oberkörper glitzerten Wasserperlen.
"Ein Klippenspringer, was?", fragte Marsu.
"Möglich", sagte Lami.

"Und, was machen wir?", fragte Marsu. "Beschmieren wir das Haus des Falschdenkenden, wie beim letzten Mal?"
"Nein, nein", sagte Pi, "schon wieder eine schneeweiße Jugendstilvilla per Spraydose zum Kunstwerk aufwerten hielte ich für einfallslos. Überlegen wir uns dieses Mal etwas anderes. Es gibt keine größere Sünde als mangelnde Originalität."
"Was soll'n der Scheiß von wegen Originalität", fragte Lami, "biste dem Zeitgeist aufgesessen oder was?"
"Nein ... ja, kann schon sein", sagte Pi, "aber in dem Fall hätte der Zeitgeist ausnahmsweise Recht."
Marsu und Lami sahen sich an, Lami rollte die Augen. Pi bekam davon nichts mit. Sein Blick ging in die Unendlichkeit. "Ich sehe eine Schweineschnauze", sagte er, "sehe sie auf einem bekannten Internetportal ihre Missetaten gestehen. Sehe all die falschen Freunde von Schweinebacke, sehe sie sich angeekelt abwenden, bevor sie grausam über ihren einstigen Gesinnungsgenossen lachen und lästern werden. Sehe ein sorgfältig gepflegtes Image zerbrechen ..." Pi schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, strahlten sie begeistert. "Ich habe einen Plan", sagte er.

Sie hatten Schweinebacke und seine Anhänger seit Tagen observieren lassen, hatten die spionierenden Kiddies mit Unmengen Süßigkeiten, Videospielen ab 18 und Schmuddelheftchen entlohnt. Natürlich hatten sie viel zu viel bezahlt. Die georgischen Asphaltratten sind verdammt geschäftstüchtig – allerdings auch ihren Preis wert, meinte Pi.
Vor knapp einer Stunde hatte der siebte Sohn der Kelek-Familie angerufen und knapp und sachlich berichtet, dass Schweinebacke und seine Kumpel eine Grill-Party steigen ließen. "Aufbereitete visuelle Daten folgen via Netz", sagte er.
Die angekündigten Bilder blinkten wenige Minuten später In Pis Mail-Account. Hier zeigten sich die Früchte der umfassenden Selbstausbildung des siebten Sohnes durch Bond- und Bourne-Filme. Er hatte die Gesellschaft fotografiert. Die digitalen Fotos auf ein Netbook geladen, Schweinebacke, das Haus dessen Vaters und verschiedene Büsche und Bäume mittels Paintbrush markiert. Zielperson stand am Ende eines Pfeiles, der zu Schweinebacke führte. Feindliches Headquarter bezeichnete das Haus seines Vaters. Über die Büsche und Bäume hatte er geschrieben: mögliche Scharfschützennester.

Pi hatte die Fotos gesichtet, mit der Faust auf den Tisch geschlagen und "das ist die Gelegenheit!!", gerufen, hatte eine Zigarre angezündet und sein Zimmer vollgepafft, während er folgendes dozierte: "Erfahrungsgemäß dauern ihre geistlosen Orgien bis spät in die Nacht oder gar zum nächsten Morgen", sagte er, "wir haben genug Zeit alles vorzubereiten. Sogar mehr, als nötig ist. Wir werden ihn kriegen!"
Es war kaum vierzig Minuten her gewesen, dass Pi begonnen hatte, ein paar Leute zusammen zu trommeln. Marsu hatte sich ein Läuferdress angezogen, das Lami so geschickt mit Tüchern und Filz ausgestopft hatte, dass niemand den athletischen Körper darunter vermuten würde, der tatsächlich in dem Dress steckte. Dann war er losgelaufen. Ein fetter schwarzer Mann, der joggend abnehmen wollte. Eine Einladung an jede Schweinebacke, bösartig zu sein; eine Gestalt, von der Schweinebacken Unterwürfigkeit erwarteten. Marsu, der Lockvogel.

"Ein Kaffer!", rief der erste, "schneller, Kaffer", rief er, "die Hunde kommen!"
Marsu imitierte den angestrengten Gesichtsausdruck von jemandem, der eine Beleidigung ignoriert. "Hinter dem ist bestimmt der Ku-Klux-Klan her", rief ein anderer. Schweinebacke und seine Kumpels brachen in viehisches Gelächter aus. Einer wollte noch eins drauf setzen, und schrie am lautesten. "Fotze!!!", rief er. Marsu empfand tiefes Mitleid für den letzten Rufer.
Aber das war die Gelegenheit sie auf seine Spur zu locken. Marsu machte ihnen ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnten. Er verlangsamte seinen Schritt, blieb bald stehen und drehte sich um, sah der Gang von Muttikindern direkt ins vieläugige Antlitz. "Was denn mit dem Nigger los", fragte einer, "dem ist der Niggerakku durchgebrannt. Bleibt einfach stehen."
Wie in Zeitlupe hob Marsu den rechten Arm, mit dessen spitzer werdendem Winkel seine vollen Lippen breit und breiter grinsten. Dann fuhr er langsam den Mittelfinger aus.
Etwa zehn Sekunden Bewegungslosigkeit. Marsu sah jegliche Überheblichkeit aus den Gesichtern verschwinden, sah sich mit vielgesichtigen Universen der Leere konfrontiert. Dann rannte er los. Das schreckte Schweinebackes Bande aus dem Schock. "Hinterher!", rief einer und folgte ihm. Seine Kumpels taten es ihm nach, johlend und grölend, mit Bier und Zigarette in der Hand.
Marsu hörte die Meute hinter sich herstampfen. Sein Läufergesicht verzog sich zu einem milden Lächeln des Verständnisses für die hedonistischen Säcke, die sie Körper nannten. Ich darf den Abstand zwischen mir und denen nicht zu groß werden lassen, dachte er.

Ein paar Mal drehte er sich während des Laufens halb um und erinnerte die Verfolger an das Aussehen seines Mittelfingers. Auf Höhe der Alsterperle bekam er allerdings den Eindruck, dass dieser kleine Motivationsschub seine Wirkung eingebüßt habe. Nächste Stufe. Marsu zwang sich zu einem ungeschickten Schritt, stolperte über die eigenen Füße, fiel hin und rollte sich ab. Die Meute johlte. "Gleich haben wir ihn!!", schrie jemand.
Marsu wartete kaltblütig, bis der erste auf etwa fünfzig Meter aufgeschlossen hatte, dann tat er, als erhöbe er sich unter Schmerzen und lief humpelnd um die Kurve. "Schneller, er entkommt!", rief einer, "keine Sorge, der ist angeschlagen", erinnerte ein anderer. Zielgerade, dachte Marsu.

An der Ampel vor dem Royal Meridian musste Marsu die Straße überqueren, was ihm keine Sorgen machte, aber die Verfolger hielt er für dämlich und ungeschickt genug, sich überfahren zu lassen. Um das zu verhindern, schlug er nebenbei auf den Ampelsummer, so dass es Grün war, als die Meute ihrerseits die Straße überquerte. Bloß keine Sirene auf den Plan rufen, dachte Marsu, das wird intern geklärt.
Die Verfolger indes empfanden das Grün als positives Zeichen und hetzten mit neuer Kraft weiter. Einige warfen ihre Bierdosen weg, so sehr hatte sie das Jagdfieber gepackt.
Kurz vor der Langen Reihe begann Marsu zu taumeln, als fehlte ihm Kraft, er hielt sich die fette, mit Tüchern und Filz ausgestopfte Taille, als hätte er Seitenstechen. Marsu schlingerte durch die Lange Reihe, rempelte den ein oder anderen Tisch an, und überquerte die Straße in Richtung Steindamm. Dicht hinter ihm die Verfolger. "Der ist geliefert!!!", schrie einer und setzte "die Fotze!!!" hinterher. Sie tobten durch den schmalen Korridor, der nicht von Tischen verstellt war. Mehrere Gäste standen auf, beschwerten sich und riefen hinter ihnen her. Adrenalin, dachte Marsu lächelnd, ist unbezahlbar.

Auf der anderen Seite der Langen Reihe begann ein anderes Sankt Georg. Das Licht war hier etwas schummriger, die Lichtquellen weiter voneinander entfernt. Es waren weniger Menschen unterwegs und zu dieser Uhrzeit vor allem welche, denen nicht jeder unbedingt begegnen wollte. Marsu hätte kein Problem damit, einem von ihnen zu begegnen. Er kannte sie alle.

In der Rostocker Straße blieb Marsu vor Lamis Haus stehen, drehte sich um, fingerte das Filz und die Tücher unter seinem Dress hervor und warf alles auf die Straße. Dann wartete er. Da kamen sie um die Ecke, erwartungsgemäß außer Atem, trotz der kurzen Strecke. Marsu lächelte. "Scheiß Neger, dir wird das Lachen vergehn", rief einer und setzte zum Endspurt an.
Marsu öffnete das Stahlgitter zu Lamis Aufgang, knallte das Gitter hinter sich ins Schloss, stellte sich auf die Treppe und pfiff durch zwei Finger. Der Verfolger hatte mittlerweile aufgeschlossen und rüttelte am Gitter.
"Was soll das", rief er, "warum pfeift der?"
Marsu blickte mit engelsgleichem Gesichtsausdruck gen Himmel und zuckte die Schultern. "Ich sage dir was anderes: Liefert Schweinebacke aus, dann wird der Rest von euch mit Blessuren davonkommen."
"Schweinebacke?", echote der Angesprochene. Hinter ihm trafen die anderen ein, gestaffelt nach dem Grad der Kurzatmigkeit. Sie scharten sich zusammen, blickten nervös umher, einige schoben die Sonnenbrillen hoch.

"Sieh an, eine Delegation von Muttikindern in unserem Viertel!", hörte Marsu Pis Stimme. Auf den Gesichtern der Meute changierte die Nervosität zu deutlichem Unwohlsein. "Scheiße, wasn jetzt los?", fragte einer.
Marsu sah die ersten der von Pi zusammengetrommelten Jungs. Subjekte, mit aufgesetzten Kapuzen und großen Sonnenbrillen vermummt, die in Fünfer-Gruppen näher kamen. Ab und an ließ eines der verbündeten Subjekte eine Klinge im Laternenlicht aufblitzen. "Das sind viele...", stellte der schnellste Verfolger fest, die Hände immer noch ums Gitter geklammert. "Sie haben Messer", ein anderer.
"Gebt uns Schweinebacke, den Häuptling der Muttikinder, und wir lassen den Rest der Bande unehrenhaft ziehen", proklamierte Pi.
"Wer zum Teufel soll Schweinebacke sein", fragte Schweinebacke.
"Du", sagte Pi, "wir werden dich für deine liederliche, respektlose Existenz bestrafen", dann, lauter: "Du bist uns ins NETZ gegangen."
Von oben fiel ein Netz auf die Meute. Wenige schrien um Hilfe, die meisten hatten zu sehr die Hosen voll, als dass sie ein Wort rausgebracht hätten. Beim Versuch, sich zu befreien, verstrickten sie sich nur noch mehr in das stinkende Netz, das Lami von einem Fischer geliehen hatte.
Natürlich half ihnen niemand, keiner öffnete ein Fenster, um nachzusehen, was draußen los sei. Hier wurde öfter geschrien, daran hatte man sich gewöhnt. Die vor dem Donald Duck sitzenden Säufer hatten sich klammheimlich in die Kneipe verkrümelt, als ihnen die Zusammenballung vermummter Subjekte aufgefallen war. Hinter ihnen hatte der Wirt leise die Tür von innen verschlossen. Jetzt wechselte er sich mit den Gästen an den Gucklöchern ab. Die Straße war in der Hand des Vereins zur Bestrafung Falschdenkender.

Lami sah dem Netz hinterher, gluckste und filmte die Muttikinder bei den erfolglosen Versuchen, aus dem Netz zu entkommen. Sie saß auf dem Fensterbrett im dritten Stock, hatte einen Blunt geraucht und Matthew Herbert gehört, bis Pi das Stichwort gesagt hatte.
Ja, die ganze Welt ist Bühne, zitierte sie amüsiert. Sie zog die Nase hoch, mit diesem ekelhaften Geräusch, und rotzte raus.
"Wollt ihr für euren Häuptling ehrenhaft kämpfen oder unehrenhaft auf eure Alsterseite fliehen", fragte Pi. "Wasn fürn Häuptling?", fragte einer.
"Das verstehe ich als Bejahung euer Ehrlosigkeit", sagte Pi und bat ein paar Subjekte mitzuhelfen. Gemeinsam hoben sie das Netz. "Geht", sagte er zu Schweinebackes Kumpels.
"Du nicht, Compañero", sagte Pi, und hielt Schweinebacke am Arm.

Schweinebacke saß auf dem Stuhl. Marsu hatte seine Arme und Beine ans Möbel gefesselt und stand still lächelnd hinter ihm. "Der fette schwarze Mann wurde zum edlen Wilden", kommentierte Lami. Marsu reagierte mit einem kaum sichtbaren Höherziehen der Mundwinkel.
"Folgender Verbrechen wirst du angeklagt", las Pi, "des fortgesetzten Hedonismus, der Überheblichkeit im Angesicht Schwächerer, dem Übermut, allgemeiner Nichtsnutzigkeit, der Wahl des falschen Styles, der Verwendung grob despektierlicher und vor allem völlig unorigineller Schimpfwörter. Strafverschärfend wirkt hier der Reichtum deiner Eltern, für den du zugegebenermaßen nichts kannst. Tja, Pech gehabt, sag ich mal... Lami, deine kreativen Fähigkeiten sind gefragt", sagte er.

"Du hier?", fragte Schweinebacke. Konsterniert glotzte er Lami an.
"Ja, dein Facebook-Schnuckelchen", lächelte sie, "eine der geilen Fotzen, wie du so schön sagst, du Poet, deren Besteigung du dich fälschlicherweise vor deinen fünfhundert Facebook-Freunden brüstest."
"Oh, wie sie lächelt!", rief Marsu. "Mein Schwesterchen! Da schrumpeln dir die Eier. Scheiße, bin ich stolz auf das Mädchen!"
Lami nahm ihren Schminkkoffer, zog einen Stuhl dicht an Schweinebackes Stuhl und begann konzentriert sein Gesicht zu bepinseln. Schweinebacke versuchte auszuweichen, bis sie ihm etwas ins Ohr flüsterte. Da erbleichte er und hielt still.
Kurze Zeit später hatte Schweinebacke eine zu seinem Namen passende Schweineschnauze bekommen. "Wow, wie machst du das?", fragte Marsu.
"Das war leicht. Ich habe nur hervorgehoben, was ohnehin da ist,", sagte Lami, "ohne die nötige Physiognomie wäre ich machtlos."
"Wir haben die Liste deiner Verfehlungen simplifizieren müssen, damit auch der dümmste deiner sogenannten Freunde begreift, was du gestehen wirst. Die Anklagepunkte derart zu vereinfachen ohne den Sinngehalt zu schmälern war freilich das schwierigste an der ganzen Operation", sagte Pi und hielt Schweinebacke einen Zettel hin. "Sprich deine Bekenntnisse in diese Kamera und grunze nach jedem Punkt. Das wird dich von deinen Sünden nicht reinwaschen, aber Freund und Feind gleichermaßen amüsieren", sagte Pi, "was uns einem gerechten Ausgleich als nächstes scheint... wenn du es nicht tust, wird Lami ihre Kreativität an dir ausleben..."
"Bitte, weigere dich", sagte Lami lächelnd.
Der Angesprochene schluckte, schüttelte den Kopf und begann den Text zu lesen. "Ich, Schweinebacke", sagte er, "sitze hier, ich kann nicht anders..."
Zehn Minuten später war alles im Kasten. Lami lud das Video auf YouTube, loggte sich als Schnuggelchen in ihren gefakten Facebook-Account und postete den Link zu Schweinebackes Geständnis auf seiner Wall.

Schweinebacke wurde am nächsten Morgen entdeckt. Butterblume begegnete der kopfüber hängenden Schweineschnauze auf ihrer täglichen Alsterrunde. Er war nur mit Socken bekleidet, und mit einem Tau, das um die Knöchel geschlungen war, an einem starken Ast aufgehängt worden. An dem Baum waren mehrere Schilder montiert worden. Auf den Schildern stand Hängt die Kapitalistenschweine / Die Schweine von heute sind die Schinken von morgen und Luxusschinken - 4,99€ das Kilo.

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Struppigel (Di 10 Mai, 2011 20:39)
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Re: Verein zur Bestrafung Falschdenkender

Beitragvon Struppigel » Sa 11 Sep, 2010 13:35


Hallo Cube,

ich muss ein Lob aussprechen für die gelungene Nameswahl. Sehr einprägsam, passend. Und ich kann mir schlecht Namen merken. Natürlich liegt die Einprägsamkeit auch daran, dass es zum großen Teil Spitznamen sind. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass jemand wirklich Pi heißt. Lami erinnert mich an entsprechende Füller. Mit Pi verbinde ich die Adjektive wichtig, emotionslos, berechnend. Er ist der Kopf der Bande und auch der Einzige, der wirklich an das glaubt, was seinen Verein ausmacht.

Die direkten Reden sind mir zu oft mit "sagte" bestückt. Hier würde ich öfter variieren.

Natürlich hatten sie viel zu viel bezahlt. Die georgischen Asphaltratten sind verdammt geschäftstüchtig – allerdings auch ihren Preis wert, meinte Pi.

Klingt widersprüchlich. Zu viel bezahlt, aber ihren Preis wert. Nur eins von beidem geht. Hat Pi das vielleicht gesagt, bevor sie die Kids bezahlt haben (falls ja, ist die Zeitform falsch gewählt)? Ist er der Einzige, der der Meinung ist, dass sie ihren Preis wert sind? So richtig klar wird das nicht.

das ist die Gelegenheit!!
Fotze!!!
Gleich haben wir ihn!!
Der ist geliefert!!!
die Fotze!!!

Ich zitiere aus Eric von Pratchett:
'Multiple exclamation marks,' he went on, shaking his head, 'are a sure sign of a diseased mind.'

Ein fetter schwarzer Mann

Schade, dass man erst hier erfährt, dass Marsu schwarz ist. Dadurch wird man gezwungen, seine einst aufgebaute Vorstellung von ihm zu revidieren und das ist immer unangenehm.

Die Verfolgungsjagd zu lesen, macht einen Heidenspaß. Wie Marsu die Leute irreführt und diese auf billigste Schauspieltricks reinfallen, ist köstlich. Auch die Besorgnis, sie könnten überfahren werden. Marsus Überlegenheit macht Laune.

Hinter ihm trafen die anderen ein, gestaffelt nach dem Grad der Kurzatmigkeit.

:D

Pi's Stimme

Warum auf einmal mit Apostroph? Überall sonst hast Du es richtig gemacht. Da kommt keins hin.

Schöne Geschichte. Die Aktionen wirken pubertär, dadurch auch komisch, aber als Leser will man, dass diese Leute ihr Fett weg bekommen.

Viele Grüße
Struppi
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Re: Verein zur Bestrafung Falschdenkender

Beitragvon cube » Mo 13 Sep, 2010 12:45


Hey Struppigel!

Freut mich, dass du mit den Namen was anfangen konntest. Es sind ja Kunstnamen, die man mit bisschen gutem Willen anscheinend als Spitznamen lesen kann. Mir gefiel, dass das gesamtnamentliche Vorbild superheldenstark ist und einen Bauchnabel hat, obwohl es birnenförmige Eier legt! :]

Die direkten Reden sind mir zu oft mit "sagte" bestückt. Hier würde ich öfter variieren.

Zu der Inquit-Bestückung gibts ja verschiedene Meinungen. Den einen gefällt die nähere Beschreibung mittels erwiderte, insistierte, blubberte ... andere halten das für eine Holzhammermethode und Sportreportermarotte. Ich bin da unschlüssig. In den letzten Geschichten verwendete ich jedoch die schlichten Inquits wie sagte, fragte, so Pi ...

Klingt widersprüchlich. Zu viel bezahlt, aber ihren Preis wert. Nur eins von beidem geht. Hat Pi das vielleicht gesagt, bevor sie die Kids bezahlt haben (falls ja, ist die Zeitform falsch gewählt)? Ist er der Einzige, der der Meinung ist, dass sie ihren Preis wert sind? So richtig klar wird das nicht.


Ich würde behaupten, der Erzähler berichtet, sie hätten zu viel bezahlt und dass Pi nur meinte, die Asphaltratten seien geschäftstüchtig, aber ihren Preis wert. Ich sollte den Satz wohl als wörtliche Rede kennzeichnen, dann wäre eine klare Trennung vorhanden.

'Multiple exclamation marks,' he went on, shaking his head, 'are a sure sign of a diseased mind.'

NNEEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIIIIIIINNNNNNNNNN!!!!!!!!! :D
Das wurde schon mehrfach kritisiert, ebenso die Abgeschmacktheit mancher Schimpfwörter. Ich denke immer noch die passen gut zu den hirnlosen Beleidigern. Und die exclamation mark-Orgie zur comicmäßigen Story.

Schade, dass man erst hier erfährt, dass Marsu schwarz ist. Dadurch wird man gezwungen, seine einst aufgebaute Vorstellung von ihm zu revidieren und das ist immer unangenehm.

Ja, vielen Dank für den Hinweis. Ich stelle mir Prots nicht bildlich vor wenn ich was lese, deswegen achte ich da beim Schreiben auch nicht drauf. Ich hab jetzt einen deutliche Beschreibung im ersten Absatz eingebaut.

Warum auf einmal mit Apostroph? Überall sonst hast Du es richtig gemacht. Da kommt keins hin.

JA! Ähm nein, kommt da nicht hin. Iss schon weg. Was machte es dort überhaupt ?(

Die Verfolgungsjagd zu lesen, macht einen Heidenspaß ... Schöne Geschichte.

Cooool, danke - hat mich gefreut! =)

Beste Grüße!
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Re: Verein zur Bestrafung Falschdenkender

Beitragvon Struppigel » Mo 13 Sep, 2010 14:26


Ach, das Vorbild war Marsupilami! Das ist cool.
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Re: Verein zur Bestrafung Falschdenkender

Beitragvon cube » Di 14 Sep, 2010 14:22


mhm, das klingt lecker ... tja, da geb ich das danke glatt zurück!
vllt sollt ich wirklich ne fortsetzung schreiben, der markt für pubertäre bestrafungsfantasien scheint ja vorhanden. :D

cubische grüße
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Re: Verein zur Bestrafung Falschdenkender

Beitragvon Garfield » Do 16 Sep, 2010 16:05


Moin Cube

Wie meinen Vorpostern hat mir deine Geschichte gefallen, auch sprachlich.

Trotzdem muss ich Struppi Recht geben, mehrere Ausrufezeichen sind unnütz und wirken lächerlich. Comichaft wirkt der Text mit und ohne sie für mich ohnehin nicht.

Ansonsten bleibt leider bei dem Text bis auf den Unterhaltungswert nicht viel hängen, dafür sind auch die Figuren zu Klischeehaft.

Gruß Garf
Kurz, er bewies eine Geduld, vor der die hölzern-gleichmütige Geduld des Deutschen, die ja auf dessen langsamer, träger Blutzirkulation beruht, einfach gar nichts ist.
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Re: Verein zur Bestrafung Falschdenkender

Beitragvon cube » Sa 18 Sep, 2010 12:25


Hey Garfield

Vielleicht ist das comicmäßige auch nur meine eigene Vorstellung. Ich hörte bisher tatsächlich noch nicht, dass es jemand anderes auch so sieht. Ich werde die Ausrufezeichen trotzdem nicht reduzieren, weil ich sie hier bewusst gehäuft gesetzt habe. Du wirst in meinen Texten sonst nicht diese Häufung finden, ebensowenig wie bspw die !?-Kombi. (Denk ich doch! =) ) Was man damit auszudrücken hofft, sollte man durch den Inhalt ausdrücken können oder gar nicht. Wenigstens in seriösen Texten. Hehe.

Ja, die Figuren ... jemand nannte sie Deppen und Deppenverfolger. Find ich ganz passend und gebe dir also Recht, besonders individuell sind sie nicht. Wenn die Geschichte insgesamt ein bisschen Spaß machte, bin ich schon froh.

Danke fürs Feedback und Grüße
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Beitragvon Riebfrau » Fr 15 Okt, 2010 10:42


Der erste Text, den ich hier lese und sofort ein Volltreffer. Gefällt mir sehr gut und hat was von Muxmäuschenstill.
Dass die Figuren relativ flach sind, finde ich bei dieser Geschichte passend. Hier regt das bei mir Kopfkino und Hirngeratter mehr an, als komplexe Charaktere mit außergewöhnlichem Lebenslauf. Alles in allem sehr gelungener Beitrag, der mich sehr amüsiert hat.
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Beitragvon cube » Fr 15 Okt, 2010 19:52


freut mich ehrlich, Riebfrau und es ist witzig, dass du Muxmäuschenstill erwähnst - der Mux (so heißt er glaub ich, oder?) war schon bisschen Vorbild. Ein Freund hat den Film erschöpfend nacherzählt, das hat schon gereicht - ich hab ihn gar nicht gesehen. Besten Dank und Gruß, cube
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