Klavier und Hinterhof
Verfasst: Do 11 Aug, 2011 01:18
Klavier und Hinterhof
Wenn ich mich vors Haus setze, ist dort eine weite Wiese mit saftigem, grünem Gras. Die Sonne strahlt freundlich am wolkenlosen Himmel auf sie hinab und nur ein einzelner Baum spendet Schatten. In diesem Schatten steht ein Klavier, auf dem eine Frau eine ruhige Melodie spielt, die so schön, so eindringlich ist, dass sie mich jedes mal in ihren Bann zieht. Stets schäme ich mich dann ein wenig für das einfache Haus, vor dem ich sitze und vor dem sie spielen muss.
Zum Glück weiß sie nichts vom Hinterhof. Dort ist es dreckig und dunkel und voller Ratten. Sehen kann man sie selten, doch man hört ihr Fiepen und sieht ihre Spuren - angeknabberte Bretter, Kot und tote Katzen. In einer Ecke stehen leere Flaschen und mit Benzin und Heizöl gefüllte Kanister, auf denen alte Lappen liegen. Die Wände sind beschmiert und Überreste verbrannten Papiers bilden Wirbel im rauen Wind. Früher habe ich dort gewohnt, bis ich ins Haus umgezogen bin, dann bin ich regelmäßig in den Hinterhof gegangen. Doch jetzt sitze ich lieber vorm Haus, lausche der Melodie und überlege, ein wenig auf der Wiese spazieren zu gehen.
Manchmal, wenn die Mittagssonne besonders kräftig ist und die Luft anfängt zu flimmern, verändert sich das Bild vor meinen Augen. Dunkler Rauch, von riesigen, fernen Scheiterhaufen, trübt dann das Sonnenlicht und Knochen, die im Feuerschein rot glänzen, so kräftig als wären sie gerade frisch geputzt worden, bilden den Klavierkörper. Das Gras hat einen gelblichen Ton bekommen und rote Rinnsale schlängeln sich zäh durch die Halme. Einzelne Gliedmaßen liegen regelmäßig auf der Wiese verteilt, in unterschiedlichsten Stadien der Fäulnis - manche haben sich fast aufgelöst und sind zu Erde geworden. Das Knistern und Knacken der Feuer und nicht ortbares Stöhnen verhindern, dass ich die Melodie hören kann. Falls sie noch zu hören ist, niemand spielt mehr auf dem Klavier.
In solchen Momenten schlage ich mir zweimal mit der flachen Hand gegen den Kopf, dann ist die Frau wieder da und spielt - für mich, wie ich mir einrede.
Wenn ich zurück ins Haus gehe, komme ich Innen an der Tür zum Hinterhof vorbei. Deutlich höre ich dahinter die Ratten an der Tür kratzen. Ich bin nicht sicher, ob sie hinaus wollen oder mich auffordern zu ihnen in den Hinterhof zu kommen. Doch das ist ohne Bedeutung, da ich nicht weiß ob mein Schlüssel noch passt und keine Lust habe es auszuprobieren.
Wenn ich mich vors Haus setze, ist dort eine weite Wiese mit saftigem, grünem Gras. Die Sonne strahlt freundlich am wolkenlosen Himmel auf sie hinab und nur ein einzelner Baum spendet Schatten. In diesem Schatten steht ein Klavier, auf dem eine Frau eine ruhige Melodie spielt, die so schön, so eindringlich ist, dass sie mich jedes mal in ihren Bann zieht. Stets schäme ich mich dann ein wenig für das einfache Haus, vor dem ich sitze und vor dem sie spielen muss.
Zum Glück weiß sie nichts vom Hinterhof. Dort ist es dreckig und dunkel und voller Ratten. Sehen kann man sie selten, doch man hört ihr Fiepen und sieht ihre Spuren - angeknabberte Bretter, Kot und tote Katzen. In einer Ecke stehen leere Flaschen und mit Benzin und Heizöl gefüllte Kanister, auf denen alte Lappen liegen. Die Wände sind beschmiert und Überreste verbrannten Papiers bilden Wirbel im rauen Wind. Früher habe ich dort gewohnt, bis ich ins Haus umgezogen bin, dann bin ich regelmäßig in den Hinterhof gegangen. Doch jetzt sitze ich lieber vorm Haus, lausche der Melodie und überlege, ein wenig auf der Wiese spazieren zu gehen.
Manchmal, wenn die Mittagssonne besonders kräftig ist und die Luft anfängt zu flimmern, verändert sich das Bild vor meinen Augen. Dunkler Rauch, von riesigen, fernen Scheiterhaufen, trübt dann das Sonnenlicht und Knochen, die im Feuerschein rot glänzen, so kräftig als wären sie gerade frisch geputzt worden, bilden den Klavierkörper. Das Gras hat einen gelblichen Ton bekommen und rote Rinnsale schlängeln sich zäh durch die Halme. Einzelne Gliedmaßen liegen regelmäßig auf der Wiese verteilt, in unterschiedlichsten Stadien der Fäulnis - manche haben sich fast aufgelöst und sind zu Erde geworden. Das Knistern und Knacken der Feuer und nicht ortbares Stöhnen verhindern, dass ich die Melodie hören kann. Falls sie noch zu hören ist, niemand spielt mehr auf dem Klavier.
In solchen Momenten schlage ich mir zweimal mit der flachen Hand gegen den Kopf, dann ist die Frau wieder da und spielt - für mich, wie ich mir einrede.
Wenn ich zurück ins Haus gehe, komme ich Innen an der Tür zum Hinterhof vorbei. Deutlich höre ich dahinter die Ratten an der Tür kratzen. Ich bin nicht sicher, ob sie hinaus wollen oder mich auffordern zu ihnen in den Hinterhof zu kommen. Doch das ist ohne Bedeutung, da ich nicht weiß ob mein Schlüssel noch passt und keine Lust habe es auszuprobieren.