Nachhall
Verfasst: Di 16 Dez, 2008 10:28
Wir sitzen im Hörsaal. Die Zeit bewegt sich, der Professor referiert über Maschinengenauigkeit. Es ist sehr einfach, wenn es nur zwei Zustände gibt. Da und nicht da. Einer mit M-Namen ist neben mir da. Martin möglicherweise, er könnte auch Marcel oder Marit heißen. Ich bin gerade nicht da. Die Zeit bewegt sich. Michael krault mir den Nacken. Der Dozent berichtet über einen Programmierfehler, der Hunderten das Leben kostete. Die Umrechnung der Zehntelsekunden hat nicht geklappt. Die Abwehrrakete ging zu spät los. Während sich die Zeit weiterbewegt, nehme ich meinen Kugelschreiber auf und lasse ihn leise über die Bank kratzen. Krrrrr. Es so ähnlich wie das Kraulen. Das krrrt auch, aber erst hinterher. Es ist manchmal zu viel, zu viel und die Zeit bewegt sich trotzig. Zehntelsekunden gibt es nur unendlich periodisch in Nullen und Einsen. Marcus hört auf, mich zu kraulen. Ich höre auf zu krrrrrn. Was bleibt ist nur der Nachhall. Das Kribbeln im Nacken und im Ohr. Das ist eindringlicher als die Berührung und der Ton selbst. Pro Zehntelsekunde macht das Rechenwerk einen Fehler von neunkommafünfdreisechssiebenmalzehnhochminusacht Sekunden. Nach vier Tagen wird die angreifende Rakete um vierhundertfünfundachtzigkommafünf Meter verfehlt. Dann krrrt es und die Zeit bewegt sich trotzig. Aber der Nachhall ist das Eindringlichste.