Alle Texte, die nicht eindeutig der Lyrik, Epik oder Dramatik zuzuordnen sind

kurzer Schreibversuch ohne Titel

Beitragvon freizeitautor » Mo 03 Jan, 2011 03:26


Liebe Leute,
ich würde mich freuen, eine Rückmeldung jeder Art über folgenden kurzen Text zu erhalten. Zur Entstehung und Absicht habe ich vorläufig nichts zu schreiben.


Ein Mann steht allein, einsam am Rande. Vor ihm geht es viele Meter senkrecht einen Felsabgrund hinunter. Sein Blick schweift in die Ferne. Der Tag ist fast zu Ende in diesem Sommer. Es ist warm, langsam wird der Wind kühler. Der Mann steht in der Natur. Er ist aus der Gesellschaft, der Zivilisation geflüchtet. Zwischen den Wäldern, Wiesen, Hügeln und Seen, die ihn umgeben, erkennt er die Turmspitzen der umliegenden Dörfer. Er fühlt sich nicht allein. Sein zu Hause ist nicht weit weg, aber hier, abseits der Straßen, hat er Zeit und Ruhe für sich. Hier kann er nachdenken, träumen, schreien, weinen. Hier ist er frei. Nur hier zwingt ihm die Gesellschaft nicht in ein Korsett aus Erwartungen, das sonst so schwer auf ihm ruht.
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Aw: kurzer Schreibversuch ohne Titel

Beitragvon Struppigel » Di 04 Jan, 2011 13:36


Hallo Freizeitautor,

willkommen im Forum. Du kannst Dich gern in der Mitgliederecke vorstellen.

Es ist Dir vielleicht selbst klar, aber als vollwertige Geschichte würde ich Deinen Schreibversuch nicht betrachten. Dazu ist es zu wenig. Nicht zu wenig Textmenge, sondern zu wenig Inhalt. Dein Stück ist vielmehr ein Konzept oder ein Anfang, aus dem heraus man weiterarbeiten kann.

Ein Mann steht allein, einsam am Rande [...]
Er fühlt sich nicht allein.

Hier sehe ich zwei Probleme:
1. Der Mann wird zuerst als allein und einsam beschrieben und anschließend wird dies zurückgenommen (der Begriff "einsam" hat schon eine Wertung in sich, die auf negative Gefühle des Protagonisten bezüglich des Alleinseins deutet).
2. Im zweiten Satz wäre meines Erachtens "Er fühlt sich nicht einsam" passender. "allein" bestimmt die tatsächliche Abwesenheit von Leuten. Fühlt man sich nicht einsam, hat man kein Problem damit, allein zu sein. Fühlt man sich dagegen nicht allein, so hat man das Empfinden beispielsweise verfolgt oder beobachtet zu werden. Du siehst, das ist ein großer inhaltlicher Unterschied.
Eine Lösung wäre, den Mann im ersten Satz als allein zu charakterisieren und im unteren Satz darauf hinzuweisen, dass er sich trotz des Alleinseins nicht einsam fühlt.

Nur hier zwingt ihm die Gesellschaft nicht in ein Korsett

zwingt ihn die Gesellschaft
Er fühlt sich nicht allein. Sein zu Hause ist nicht weit weg, aber hier, abseits der Straßen, hat er Zeit und Ruhe für sich. Hier kann er nachdenken, träumen, schreien, weinen. Hier ist er frei. Nur hier zwingt ihm die Gesellschaft nicht in ein Korsett aus Erwartungen, das sonst so schwer auf ihm ruht.

Die Essenz diese zweiten Textteils würde ich nicht so deutlich formulieren, sondern viel mehr über Aktionen und Reaktionsbeschreibungen zeigen. Der Protagonist schätzt die Möglichkeit zu schreien und zu weinen? Dann lass es den Protagonisten tun. Der Protagonist schätzt die dortige Ruhe und Zeit für sich? Beschreibe dies anhand der Szene. Gerade bei der Wichtigkeit der Natur in diesem Text empfielt es sich, näher auf diese einzugehen, so dass man deren Wirkung auf die Seele beim Lesen förmlch selbst spüren kann. Und auch die Wirkung auf den Protagonisten sollte man ihm "ansehen" dürfen. Nicht die anderen Sinne vergessen. Naturerlebnisse sind eine Komposition aus Sehen, Hören, Fühlen und Riechen.

Was mir zudem fehlt, sind kleine Hinweise darauf, in welches Korsett er gepresst wird, was dem Protagonisten konkret Schmerz bereitet. Zumindest wäre das eine Möglichkeit, den Inhalt auszubauen (bisher habe ich ja nur stilistische Hinweise gegeben).

Der vor dem Protagonisten gähnende Abgrund ist ein Symbol, das auf potentielle weitere Handlungen hinweist. Würde ich unbedingt drinlassen (und genauso offen halten).

Viele Grüße
Struppi
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