„Sie haben doch auch einen Buben in dem Alter, vielleicht hat der mehr Freude daran.“ Mit diesen Worten hat die Arbeitgeberin meiner Mutter ihr einen Karton in die Hand gedrückt. Mutti war dort zweimal die Woche als Haushaltshilfe beschäftigt. Mit Grüßen dieser Hausherrin überreichte sie mir diese Schachtel.
Außen war ein Flugzeug abgebildet. Als ich die Sache näher betrachtete, blieb mir schier das Herz stehen: Ein Flugmodell! Nicht eines zum hinstellen, nein eines das richtig fliegen konnte. Ich weiß es noch wie heute eine „Hawker Hurrikane“. Das flugfähige Modell eines britischen Jagdflugzeuges.
Natürlich war das ein Fesselflugmodell, das man an zwei Drähten gesteuert in einem großen Kreis um sich herum fliegen ließ. Funkgesteuerte Flugmodelle gab es damals noch gar nicht.
Nun muss man wissen, dass ich seit jeher mit dem Flugvirus infiziert war und bin. Das habe ich wohl in den Genen. Meinen Vater haben sie gegen Ende des letzten Krieges über Bad Aibling vom Himmel geholt. War einer der ersten Me 262 Piloten. Ich mache noch heute mit dem Gleitschirm Besuche bei den Bergdohlen, den Flugakrobaten.
Jedenfalls war ich hell begeistert, überprüfte ob alle Einzelteile vorhanden waren und legte los. Der Zusammenbau war begonnen, aber dann aufgegeben worden. Ein winzig kleiner Motor nach dem Diesel Prinzip war dabei, und nach einigen Tagen war das Flugzeug fertig gestellt. Der Motor sirrte und zerrte an der Maschine.
Aber wo fliegen lassen?
Es war Ende Mai und die Bauern hätten uns aus jeder Wiese wütend verjagt. Da kamen mir die Streuwiesen hinter Westerndorf bei Pang in den Sinn. Dort wurden die feuchten Wiesen um die Zeit umgelegt, das heißt, gemäht und liegen gelassen. Kein Mensch hatte etwas dagegen, wenn wir das Flugzeug dort kreisen ließen.
Also auf die Fahrräder und nichts wie hin.
Der Start war unkompliziert und das Landen hatte ich nach einiger Übung auch heraus. Das Modell war robust und hat die ersten zwei „Überschlags-Landungen“ gut überstanden. Natürlich hatten mich zwei Nachbarsbuben begleitet. Das Flugzeug war eine Sensation. Sie hofften auch damit umgehen zu dürfen und ich hab mich in meinem Besitzerstolz gesonnt.
Nach einer Weile beherrschte ich auch die Steuerfunktionen und irgendwann wurde das „im Kreis drehen“ langweilig. So überließ ich das Gerät meinen Begleitern, die mit hochroten Köpfen und mehr oder weniger Talent das Flugzeug kreisen ließen.
Nach einiger Zeit fiel mir auf, dass wir mit dem Fluglärm immer wieder Fasane aufscheuchten, die dort tief über dem Boden dahin strichen.
Als allmählich auch meinen Begleitern das „im Kreis drehen“ zu viel wurde, hab ich vorgeschlagen, wir sollten uns so einen Fasan fangen und braten. Damit hätte dieser Flugtag einen würdigen Abschluss!
Die Anderen waren begeistert. Flogen diese Vögel doch scheinbar urgemütlich dicht über dem Boden dahin. Es sollte keine große Kunst sein, einen solchen auf zu scheuchen und zu erwischen.
Was für ein Irrtum. Dieses scheinbar langsame Dahinstreichen war weit schneller als wir laufen konnten. Das Aufscheuchen war kein Problem. Es hockten eine Menge dieser Vögel in den Kuhlen und Gräben dieser Wiesen. Aber sie zu fangen – einfach unmöglich. Inzwischen machte es uns schon Spaß nur zu beobachten wo und wie die Fasane aus den Wiesen aufflogen. Und so rannten wir schreiend und springend herum wie die Verrückten. Die „Hawker Hurrikane“ war völlig vergessen. Mitten in dem Gehüpfe und Geschrei bin ich an einem der kleinen Entwässerungsgräben ausgerutscht und bäuchlings in die Wiese gefallen. Mehr noch bin ich erschrocken, als unter meinem Bauch etwas gezappelt und gekreischt hat. Entsetzt wollte ich mich schon wegwälzen als es mir durch den Kopf zuckte: „Ob da nicht.....“
Blieb also zunächst ruhig liegen und fasste, vorsichtig zuerst, dann aber beherzt zu: Wir hatten unseren Braten.
Peters Fahrtenmesser bewies wieder einmal seine Notwendigkeit und an der „Kalten“ dem Flüsschen, weit genug weg von den Streuwiesen, brannte alsbald ein Feuer über dem sich ein Fasan drehte.
Er hatte der „Hawker Hurrikane“ die Schau gestohlen.................bis wir versuchten ihn zu essen.
Wenn wir gleich die „Hawker Hurrikane“ gebraten hätten, wäre wahrscheinlich nur der Bratenduft ein anderer gewesen.
Knistern
Knistern