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von rivus » Fr 31 Mär, 2017 23:20
Er ergreift den Tod, der keine Ruhe im Tagebuch findet; er füllt mit ihm die schwarzen Löcher in einer Zeitmaschine:
Der Großvater ist in Russland gefallen. Die Großmutter bleibt allein, immer eine Feldpost in zittriger Hand.
Hier gibt es uns noch nicht. Hier stirbt ein altes Fischerboot. Die Dreieckszeltbahn ist sein Segel. Die Möwen sind keine Lebenszeichen.
Alt ist der Strand mit Sandburg ein Ort voller Kreuze und Grabplatten, eine Silberblume mit dem Geruch der Mutter.
Rundum toben Bomber. Neben uns platzen Körper. Nur er vertäut die Flüchtlingstrecks mit dem Schrei Sterbender
Zuletzt geändert von rivus am Di 04 Apr, 2017 08:23, insgesamt 5-mal geändert.
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von findefuchs » So 02 Apr, 2017 17:28
Hallo rivus, das Anliegen hinter Deinem Text ist gewaltig, wichtig und wahr: Wann wird dieser "fünfte Mensch", einer, der unter allen anderen eine Nummer ist, nur ein kleines Rädchen im Weltgetriebe, endlich und überhaupt, gebührend wahrgenommen für all das Unsägliche, das Unbegreifliche und Unfassbare, das ihm aufgeladen wird, das er -unbemerkt und ungehört - stetig bewältigen muss. finde
Als ich des Suchens müde wurde, erlernte ich das Finden. Friedrich Nietzsche
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von rivus » So 02 Apr, 2017 22:07
Hallo finde, der Text entstand in einem Prozess - ich verwarf viele Versionen und mir scheint, es arbeitet in mir immerzu weiter, das Thema weiterzuführen - der mich viel näher an die Lebensgeschichten Wegsterbender und schon Gestorbener heran ließ, als ich es je für möglich hielt.Das Vielschichtige was hinter jedem einzelnen Lebensschicksal steckt und mit dem ich als Nachgeborener in vielen meiner Lebensphasen schon konfrontiert war, ergreift mich erneut und noch mehr und ich fühle genau das, was du mit deinen Worten beschreibst, will dieser Text auch begreifen. Fast scheint es mir, als ob ich die Figur des fünften Menschen auf andere Weise darstellen müsste. Vielleicht auch malend? Noch entzieht sich mir seine Körperlichkeit, mehr erschließt sich mir die mögliche Beschaffenheit seiner Seele. Oder ist sie eigentlich vielmehr unmöglich und doch nicht fassbar, weil sie all das Unfassbare erleidet, erduldet, überlebt und zu welchen Preis ?
Vielen lieben Dank finde für deine Worte,die etwas in mir anbahnen, noch mehr nachzudenken und vielleicht zu diesem Thema noch einen andren Text auszuprobieren.
lieben Gruß vom rivus
Zuletzt geändert von rivus am So 02 Apr, 2017 22:50, insgesamt 4-mal geändert.
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von findefuchs » So 09 Apr, 2017 14:43
Hallo rivus, darf ich nochmal zu Deinem "fünften Mensch" zurückkehren. Du hast weitere Texte "Mensch" benannt, vor längerer Zeit und durch alle zieht sich das Nachdenken über den universellen Menschen, um die großen, unbeantwortbaren Fragen des Lebens. Insofern denke ich, ist immer der Mensch schlechthin gemeint. Das sehe ich als Hintergrund. Nun fokussierst Du einen solchen, scannst ihn quasi, versuchst, ihn zu ergründen, gibst dem Rädchen im Getriebe Bedeutung. Dennoch glaube ich, dass seine Körperlichkeit dabei nur eine marginale Rolle spielt. M.E. geht es eher um seine innere Verflechtung mit der Welt. Klar. Trotzdem könnte eine Zeichnung von ihm auch interessant und deutungsunterstützend sein, weil sie Dir (gefühlt), seine Haltung deutlich machen würde. finde
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von rivus » So 09 Apr, 2017 23:11
Hallo finde, ach, wie lange ist das her. Ich erinnere mich an Mensch I, II & III. Hm, mir ist fast, als ob ich gerade jenen Hintergrund erfassen will,der den Menschen so hervorzuheben vermag, wie er geworden ist. Der Mensch schlechthin, das Rädchen im kleinen und großen Weltgetriebe, wie ist dieser Mensch beschaffen, vor allem der Mensch, der überlebt hat und nicht zerrieben wurde? Ich denke auch, die inneren Bezüge sind die wichtigeren als sein körperliches Erscheinungsbild, das sicherlich variiert. Er existiert an verschiedenen Orten, genau dort wohin ihn seine Resilienz oder Nichtresilienz verschlagen hat. Ich sollte ergründen, wie seine Seele beschaffen ist. Ich sollte die Quellen finden, die ihm ermöglichten mit einem Leben davon zu kommen. Wie hat sich eigentlich Unaushaltbares in ihm verankert und inwieweit trägt dies dazu bei, es weiter mit sich herumtragen zu können? Kann er seine Bedrohungen und Beschädigungen allein aus seiner inneren Verflechtung mit Glauben und Willen überwinden und von innen heraus auch wieder herausfinden? Oder ist es ein Gesetz, dass er Unverarbeitetes an die nächste Generation weiter gibt und sich somit entlastet? Ach finde, Fragen über Fragen. Ich grüble weiter ...
rivus
Zuletzt geändert von rivus am So 09 Apr, 2017 23:12, insgesamt 1-mal geändert.
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