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An den Pelz

BeitragVerfasst: Mi 09 Okt, 2013 00:06
von kokoschanell
An den Pelz



Dies ist keine Satire, dies ist keine Glosse. Dies ist eine böse kleine Geschichte von bösen kleinen Menschen - ein Aufschrei im Namen derer, die niemand hört.

Als ich heute abend durch die Programme zappte, schaute mich plötzlich auf Großbildschirm ein Tier an, mit Augen eines Dackels und dem Aussehen einer Mischung zwischen Waschbär und Marder. Im Hintergund waren Winsellaute zu hören, die meinen Hund vom Sofa aufschreckten und zum Mitjaulen animierten. Ich hatte eine Dokumentation über Giftstoffe in Leder und Pelzen angezappt.

Was da so putzig und doch so traurig in meine Augen sah, war ein Marderhund, von dem ich zuvor noch nie gehört hatte. Nach der mich empörenden Dokumentation, die mich so erschütterte, dass ich nicht wegklicken konnte, las ich im Internet über Marderhunde (Tanuki) nach.

Zoologisch zählen sie zur Gattung der HUNDE- das sei dem vorausgeschickt, was ich nun erzählen muss.



Diese Hunde werden in Pelzfarmen gezüchtet, leben mit verkrüppelten Gliedmaßen, sind nicht mehr als lebender Pelz. Chinesen halten sie auf riesigen abgelegenen Farmen in den kalten Regionen Chinas in winzigsten Käfigen.

Täglich ist Markt. Lebend werden die Tier dorthin gekarrt, bei Kauf sofort abgeschlachtet, natürlich ohne Betäubung. Man knallt ihnen eine Eisenstange vor den Kopf und häutet sie ab, auch wenn sie noch gar nicht tot sind.

Die Fleischkadaver werden auf eine Halde geworfen. Wahrscheinlich werden sie anschließend auch noch aufgefressen. Soll ja eine Delikatesse sein in China: Hund



Gehandelt wird auch mit europäischen Pelzkäufern, die das schöne Fell dann zu Bommeln oder Kragen von irgendwelchen Mützen und Jacken verarbeiten. Billigpelz für billige Damen, die sich bei A@C dann ein Nobeljäckchen kaufen. Wussten Sie schon? Sie tragen Hund!!



Hat man es soeben geschafft, die Ladys der Oberschicht ( die Unverbesserlichen von St.Moritz und Cannes mal ausgenommen) vom Pelz wegzubekommen und in den Tierschutz einzuspannen, erschließt sich jetzt ein völlig neues Publikum- das Proletariat, was immer schon mal das tragen wollte, was die Haute Volle besitzt. Wussten Sie schon? Sie tragen Hund!



Pfui Deibel. Vor ein paar Jahren kaufte ich mir bei Flehmeyer eine Velours-Weste mit Kunstpelzkragen. Da der Kragen so echt aussah, fragte ich zig mal nach, ob es tatsächlich auch Kunstpelz sei. An den Etiketten war nichts zu erkennen. Aber die Verkäuferin beteuerte: Für den Preis würden Sie doch niemals einen Pelzkragen bekommen, der echt ist. Der wäre ja zehn mal so teuer.

Nein, eben nicht. Wenn es Marderhund ist, eben nicht.

Ich glaube zwar nicht, dass mein Westenpelz echt ist, aber vorsichtshalber habe ich die Weste- zugegebenermaßen ein attraktives Teil - soeben voller Abscheu in den Müll geworfen.



China, das Land von Konfuzius, von Mönchen, die wunderbare Kampfkünste beherrschten und sie nur für den Frieden einsetzten. China das Land der Kirschblüten und der zarten Dichtkunst.

China das Land der Mädchenverachter und Hundefresser , China, das Land der Marderhundezüchter, der blutigen Schlächter und Absahner, koste es, was es wolle. Pfui Deibel. Wussten Sie schon? Sie tragen Hund!

Re: An den Pelz

BeitragVerfasst: Do 10 Okt, 2013 15:36
von rivus
ach koko! die welt der widersprüche, vielmehr der widersprüchlichkeiten. sie leben von kontraräumen, eher mehr von kontrapunktierungen und sie gehen unter und über die häute, je nach fasson schaffen sie unvorstellbare gleichgewichte des bösen und des guten oder des ambivalenten. oder eben, durch deine geschichte, ungleichgewichte, die, nach dem geschilderten, zur abscheu vom tragen beschriebener pelze führen sollten und ja, ich trage keinen hund ;)!


vielen dank für deinen text

lg rivus

p.s.:

(ich habe hier noch ein andre assoziation, nämlich die, dass man mit menschen genauso unbedarft und grausam - siehe auch lampedusa - umgeht und umgegangen ist: ich erinnere mich an meinem schock, als ich zum ersten mal die lachende maske von victor hugo las und es war halt ne andre zeit, aber menschen amüsierten sich auf jahrmärkten über mißgestaltete menschen. was oft auch dahinter steckte, war die künstlich herbeigeführte mißgestalt der beklagenswerten.)