Hallo Hannes,
tut mir leid, das ist nicht mein Ding. Der Text hat gute Einzelelemente. Das Dong mittendrin beispielsweise. Aber als Ganzes wirkt er wie ein Mischmasch aus allem Möglichen, als hättest Du Schinken und Kaviar zusammen mit Schokoladenstreuseln und Eis in einen Topf geworfen. Die Metaphern passen nicht zusammen, es fehlt ein roter Faden.
Größtenteils besteht Dein Text aus Gedanken, weniger aus Handlung. Hier wird gute Sprache umso wichtiger, den Inhalt zu tragen und interessant zu halten.
Die kursive Einleitung beschreibt einen Forscher, der wie Sisyphos eine Aufgabe erledigt, die stets vergebens ist. Ein Problem für mich sind die aberwitzigen zum Leben erwachten Zeichen. Wer sagt denn, dass sie recht haben? Ich hatte erst erwartet, dass sie sich verändern würden, sobald das Geheimnis gelüftet wäre. Stattdessen steht die Demütigung durch etwas Absurdes im Vordergrund. Schreiende Zeichen sind in meiner Vorstellung nichts, das ich ernst nehmen kann, es wirkt zu albern.
Im Kontext mit dem Tagebuch ist es wohl auch nicht die Sisyphosarbeit, die den Erzähler tatsächlich bedrückt, sondern viel mehr, dass er von seinen eigenen Tagebucheinträgen verwirrt ist und sich selbst nicht versteht. Alienschrift passt hier natürlich, er empfindet den Teil von sich, der den verwirrenden Tagebuch-Eintrag verfasst hat, als fremd. Aber wie kann man die schreienden Zeichen analog sehen? Es folgen gar keine Demütungen, keine vom Tagebuch ausgehenden.
Dass der Erzähler jedes Detail der Begegnung mit einem dem Leser unbekannten Menschen kennt, weist auf die Wichtigkeit der Beziehung zu diesem Menschen hin. Das seit vier Stunden gelaufene Lied ebenso. Irgendetwas ist offenbar passiert, das der Protagonist nicht verstehen kann und ihn allein zurücklässt, möglicherweise trauernd. Denkbar sind Abschied, Trennung oder Tod. Die Kirchenglocken deuten auf letzteres, wirken aber auf mich mit ihrem unterbrechenden Dong wieder unernst.
Danach wird das Tagebuch gar nicht mehr aufgegriffen, stattdessen haben wir einen Wolf und den Satz eines Biolehrers. Das passt als Ganzes hinten und vorne nicht zusammen.
Der Protagonist wünscht sich ein unkomplizierteres Leben. Er möchte ein Tier sein und nicht mehr über alles nachdenken müssen. Warum ausgerechnet ein Wolf? Vielleicht, weil er gefährlich ist, weil er in einer festen Gemeinschaft lebt, weil er für Freiheit steht und laut heulen darf, weil er sich nicht zurücknehmen muss? All das gehört aber nur wenig zu dem begonnenen Thema. Plötzlich schwenkt das Ganze von der privaten Trauer in allgemeine Kritik um. Der Protagonist fühlt sich innerlich tot, aber weitet seine Erfahrung auf alle aus - er behauptet "wir leben nicht". Damit ist das Ganze schon beendet. Das Tagebuch spielt angesichts des letztens Satzes keine Rolle mehr, das Thema ist ein anderes. Mehr Konsistenz wäre besser.
Nun zu den Kleinigkeiten:
der letzte Eintrag sprach davon wie wir uns kennen lernten- ich weiß gar nicht warum ich das aufschrieb, ich wußte jedes Detail sowieso-der eben beendete nur von Verwirrung
Diese Einschübe per Gedankenstriche sind nur sehr stockend zu lesen und erst spät als solche zu erkennen. Bis ich gemerkt habe, dass der Teil
der eben beendete nur von Verwirrung kein falsches Satzfragment ist, musste ich den Satz dreimal lesen. Der Gedankenstrich bewirkt eine längere Pause, ich halte das nicht für ein passendes Mittel hier, besser wären bspw. Klammern.
Ich fühlte mich wie ein Forscher Komma der eine Alienschrift übersetzt, doch immer Komma wenn er meint Komma er habe sie entschlüsselt, erwachten erwachen die Zeichen zum Leben und schrien schreien ihn an er habe alles falsch gemacht.
Ich schaute auf mein Tagebuch; seit Ewigkeiten hatte ich schon nicht mehr darin geschrieben, besser Punkt der letzte Eintrag ist das nicht genau genommen der vorletzte? sprach davon Komma wie wir uns kennen lerntenLeerzeichen- ich weiß gar nicht Komma warum ich das aufschrieb aufgeschrieben hatte, ich wußte jedes Detail sowiesoLeerzeichen-Leerzeichender eben beendete nur von Verwirrung. Ich legte das Buch weg und schaltete das LiedLeerzeichen-Leerzeichenes war nun schon seit 4 Stunden gelaufen- aus. Ich legte mich auf mein Bett und dachte nach. Die Kirchturm Uhr schlug Dong ich war nicht wütend Dong nur verwirrt Dong. Nach dem letzten Glockenschlag stand ich auf, ging ans Fenster und schaute nimm nicht immer schauen den Mond an. Ich wünschte mir ich wäre ein Wolf, könnte den Mond anheulen, mir keine Gedanken machen, einfach nur Leben."Leben, es geht immer nur ums Leben", Punkt und groß weiterschreiben die Stimme meines Biolehrers ging mir durch den Kopf. Warum dann, kein Komma habe ich das Gefühl Komma wir leben nicht?
Liebe Grüße
Struppi