Geschichten zum Thema Alltag

Eile ohne Weile –Taubenballett – Gedanken- und Ideenflut

Beitragvon Amise » So 19 Jul, 2009 12:57


Es war schon wieder mal ziemlich über den Mittag hinaus, als ich mich vom Laptop trennte. Hastig begann ich schnell, schnell, eine Kleinigkeit herzurichten -eine Vorspeise sozusagen -, daneben hastig etwas Wasser zu trinken, damit das ärgste Hunger- und Durstgefühl gelöscht wird, weil ich in die Creperia an der Oberen Alten Donau essen gehen will und anschließend in den Wasserpark entspannen und Luft schnappen. Wenn ich so ohne „Liebe“ was bereite, dann wird`s nix Gutes. Und so zwischen Tür und Angel sich dann fertig anziehen in Hektik: „Aua! – Wo hab ich denn…, ach ja hier. Tür zusperren. – „Der Schirm!“ -- Aufsperren, rein in die Wohnung, ein Griff nach den Schirm, er rutscht aus der Hand und ich schaffte ihn nicht zu fangen; bücken und auf; - jetzt raus und Türe schließen. – „Hab‘ ich‘s Handy“? – Natürlich nicht. Umdrehen, wieder aufsperren und rein. – „Wo ist es nur, wo hab ich’s denn?“ – ah ja, und jetzt … – „Halt! Tief durchatmen – Zeit nehmen nachdenken und schön langsam.“

Endlich im Aufzug. Na geht doch, wenn schön langsam, -warum nicht gleich! Draußen ist es schwül, der Himmel wolkenverhangen, bläulich-grau die Luft. Ein Gewitter im Anzug, danach schaut‘s aus. – Stoßgebet: „Bitte nicht in den nächsten zwei Stunden! - Der Bus!“ – Ich renne los, quer über die Straße – missbilligende Blicke – Hand heben, schuldbewusst lächeln,- ja ich weiß, aber der Bus! Super Buschauffeur, fährt nicht los, macht auf; – der Blick nicht super, strafend und dabei den Kopf kurz hin und her drehend, in der Manier von: „Diese Weiber!“

Er hat ja recht. Wozu die ganze Eile. Ich musste ja zu keinem Termin, wollte nur nicht so spät essen - sonst fällt es zu nah mit dem Essen am Abend zusammen - und eben in diesem Restaurant am Wasser. Klingt merkwürdig-komisch, und ich hatte immer noch Hunger und noch mehr Durst sowie ein unbestimmbares Gefühl, das mich trieb. Und dann – leicht deprimiert – begann der stille Monolog: „Warum mach ich das? Wie steh ich jetzt da, was müssen die denken? Hoffentlich, dass ich es tatsächlich sehr eilig habe. - Was treibt einen wirklich dazu, irgendwas Unnötiges zu tun? Nein, nein, – jetzt nur nicht psychologisch werden. Atme ruhig, betrachte die Menschen und entspann dich."

Klappte nicht ganz das Entspannen, denn betrachten war ein falscher Rat, weil, da waren ja so verschiedenartige Menschen im Bus, darunter Mamis mit Kleinkindern, wunderbar um Betrachtungen anzustellen. Irgendwie gelangte ich dann doch ohne weitere Problemchen ans Ziel. Der Ober grüßte mich und fragte: „Wie immer“, ich nickte und ließ mich erleichtert in den Sessel fallen. Fragend sah ich zum Himmel auf: „Ob es sich ausgeht, das ich im Freien bleiben kann?“. Es war so eine Stille, - kein Vogelgezwitscher, und zwischen den dunklen Wolkengebilden und dem Wasser erschien die Luft bleifarben mit einem Stich ins Bläuliche – intensiver als vor der Haustür - man kann nicht sagen düster, eher wie man es oft in so Mystery-Filmen sieht, - ein bisschen unheilschwanger.

Plötzlich schwebten vier Tauben vom Dach im Gleitflug hinaus aufs Wasser und flogen hin und her, rauf und runter, in versetzter Reihenfolge , um dann nach einem elegant-weitausgelegten Halbmondschwung das Ganze wieder von vorn zu beginnen, als wollten sie einen Tanz vorführen. Anmutig, harmonisch und im krassen Gegensatz zur unheimlich und bedrohlich wirkenden Wetterstimmung, die das Gasthauspersonal eilig die Tischtücher, Pfeffer und Salz Garnituren sowie Speisekarten wegräumen und das Ausbrechen eines schweren Gewitters vermuten ließ.

Es war, als wollten sie mir sagen, du kannst ruhig bleiben, es dauert noch bis es los geht, sonst würden wir nicht so vergnügen. Und ich hätte dies alles einfach genießen können, diese Atmosphäre, das Taubenballet, das mich in eine zauberhafte Stimmung versetzte und mich schwärmen ließ: „Das sollte ich zu Papier bringen“, -- wenn, - ja wenn da in mir nicht gleich die Überlegungen angefangen hätten:

„Sind das wirklich Tauben, - ich habe Tauben noch nie solche Formationen fliegen gesehen. Aber sicher, die zweite links, sie hat doch dieses lila, blau und grün schimmernde Köpfchen und Hälschen vieler Haustauben, und die rechts vor ihr mit den weißen Streifen in den Flügeln, so eine habe ich unter denen am Bahnhofplatz entdeckt. Wahrscheinlich mischte da eine weiße, freigesetzte Brieftaube mit. Weibchen oder Männchen? Männchen, glaube ich, weil -. Halt! Du lieber Himmel, jetzt bin ich schon wieder mitten drin im Denken, im Analysieren - die Vögel einzuordnen -, statt dass ich mich nur meinen Gefühlen und der Stimmung hingebe sowie mich entspanne vom Schreiben und der selbstgemachten Hektik.

Na ja, aber wenn ich das niederschreibe, könnte jemand ja auch denken: Tauben die so was fliegen, die habe ich noch nie gesehen; - ich ja auch zum ersten Mal. Jeden Tag sehe ich im Frühling und Sommer Mauersegler und Schwalben durch die Luft flitzen, kreuz und quer, aber auch schwungvoll formiert, dabei lärmen sie ganz schön; - aber Tauben? - Die eine ist fast schwarz; – kenne ich auch schon, die Farbe gibt’s bei Haustauben. Gibt es eine eigene Gattung Parktauben? Soviel ist sicher, es ist eine Vogelart, auch wenn das Gefieder verschieden ist, denn Vögel fliegen im Spiel nicht mit anderen Arten, an den allgemeinen Futterplätzen, da herrscht oft eine Vielfalt von Vögeln.“

Plötzlich schwangen sie ab übers linke Ufer und seine Büsche, aus meinem Sehkreis, drei kehrten bald mal wieder zurück, um gleich über das Wasser aufs rechte Ufer zu kurven, wo sie zwischen den Bäumen und Sträuchern verschwanden. - Fort waren sie, und bevor ich wieder ins Sinnieren verfallen konnte, stand der Ober vor dem Tisch und servierte mir das Essen. Auch da musste ich mich bald mal zur Ordnung rufen, denn jetzt begann die Ess- und Kommunikationslokalidee nach meiner Art in meinen Gedanken aufzutauchen; und nachdem ich es halbwegs geschafft hatte, zwischen Essvergnügen und Ideenrausch auszugleichen, schlenderte ich in den Wasserparkte hinter dem Bahnviadukt.

Dort begann ich meine leichten Gymnastikübungen, eine Mischung aus unseren und fernöstlichen Bewegungen und Beugungen (Nur nicht kraftvoll, ich habe gerade gegessen und da soll dies schlecht sein, erinnere ich mich.). Heutzutage kann man das in Parks ungeniert machen, ohne gleich für verrückt gehalten zu werden, denn es ist IN und das ist toll. Auf dem Weg gegenüber eine Sportliche, die eine Hand auf einen Baum gestützt, die andere den einen Knöchel haltend und die Fußsohle kraftvoll in die Taillenseite drückend. Und schon tourten die Gedanken wieder, die verschiedenen Bewegungsarten vergleichend und das Für und Wieder abschätzend ging ich weiter, schön gemächlich. Und da ich dabei Handübungen machte, schien mein gedankenschwerer Gesichtsausdruck und die Gesten auf ein junges entgegenkommendes Pärchen verwunderlich gewirkt zu haben, denn der junge Mann fragte mich: „Zaubern Sie?“. Ich sagte: „Wie bitte? Und er wiederholte die Frage. Hastig verneinte ich und stieß heraus: „Ich mache nur Bewegungsübungen und bin in Gedanken“. Sie lächelten beide freundlich – irritiert und gingen weiter, sich bisweilen umdrehend. Aber ich hatte mich gefangen und machte gezielt weiter.

Folgerung: Man kann Laufen, Walken, Drehübungen und sonstige Verrenkungen sowie Beugungen machen, aber man soll dabei nicht an etwas anderes denken, in das man sich verliert, denn da scheint das Ganze wohl sehr eigenartig zu werden. Nichts desto trotz, die beiden - ihnen selbst wohl unbewussten – Gesundheitsengel haben meinem Kopf wieder etwas Wohltun verpasst: Bewegung und Atmung koordinieren, abgestimmt aufeinander fließen lassen, so dass die hereinströmende Luft wahrgenommen werden kann, damit sie den gesamten Blutkreislauf anregt, und alles von Scheitel bis zur Sohle, mit Sauerstoff und besserer Durchblutung versorgen.

Ja und da geht’s schon wieder los: Und das bedarf eben, nicht nur Arme und Hände wie in einer moderaten, mäßig schnellen Pantomime zu bewegen, sondern eben ganzheitlich, das heißt beispielsweise, Beugungen sind notwendig, damit auch genug Blut und Sauerstoff in den Kopf dringt, vor allem bei trägerem Blutfluss bzw. wenn bereits verengte Blutbahnen vorhanden sind. (Ich habe aufgepasst bei dem, was ich so alles gelesen und gehört habe in Wellness- und Fitnessvermittlungen bzw. der Gesundheitsvorsoge.) Aber anscheinend, wenn schon Schäden vorliegen, sollte erst mal ausprobiert werden, was für einem gut ist und wann und wo, denn wenn Schmerzen und Stiche in den Atemwegen, Schwäche und Schwindel auftreten, kann es gefährlich werden, wenn man so alleine auf dem Weg ist, und die im Umfeld vorhandenen Mitmenschen nicht wissen, was sie tun sollen. Es ist nicht nett, Mitmenschen zu überfordern.

Und was ist jetzt davon eigenes Denken zu den Informationen; - was habe ich nicht gelesen, nicht gehört? „Aus, Schluss, ich will entspannen!“
Nur, die Macht der Ideen- und Traumwelt, in der so vieles entsteht durch das unbefriedigte Sehnen und Abwürgen –(nicht nur von einem selbst) vieler Bedürfnisse und Vorstellungen vom Leben, der in sich selbst und im Alltagstrott und Verantwortung (auch vermeintlichen) gefangenen Energien, die das irdische Ich bilden (Beschreibungsversuch vom bewussten Menschen), ist enorm, denn in ihrem Reich kann alles bestens umgesetzt werden, und damit ist sie so magisch anziehend für so eine Art von Sein.

Sie nimmt wenig Rücksicht auf das körperliche Wohlbefinden; und sie und ihre Helfer lassen sich auch nicht so mir nichts dir nichts verdrängen. So hielt die Konzentration leider nicht an, bis sich das Gefühl, "das reicht" einstellt, weil im Park, außer der Vielfalt an Bäumen, Sträuchern, angelegten Blumenflecken, Wasservögel und andere, die das Auge und dadurch so vieles in einem erfreuen, auch laufend „Störenfriede“ ins Blickfeld gelangen: Papierfetzen, weggeworfene Plastikflaschen – um etwas zu nennen, die den Sauberkeits- und Schönheitssinn verletzen; und schon werkt, die Bekämpfungsidee.

Hunde mit Beißkorb in dieser Schwüle, manche noch dazu an der Leine, da stand in mir das Mitleid auf und brachte gleich auch das Bild vom Sackerl fürs Gackerl Hundeschild mit, das bei empfindli-chen Gemütern, zum Aufgeben von Hundehaltung führen kann; zu ihm gesellte sich die Bitterkeit und Enttäuschung über Prominente, sowie die Stadt-vertreter, die da von Unzumutbarkeit bezüglich des Hundekots allüberall reden, und dass die genannte Aktion unzulänglich wäre, aber Anregungen, einen Ideenaufruf zu machen bzw. Wettbewerb auszuschreiben oder die HTLs damit zu betrauen, wie man das gesamte Kanalnetz für das Problem nützen kann und Sponsoren zu suchen bzw. einen Spendenaufruf zum Kostenbeitrag, zu machen ist nicht drin, nur die Anfrage weiterleiten an die zuständige Abteilung .

Und da war ich schon bei der U-Bahn. Und wie es eben so ist, wenn ich diese Gedankenflut nicht bewältigen kann und auch nicht in die Traumwelt flüchten will, finde ich auf einem Sitz eine Zeitschrift. Andere Fluchtart, ich weiß es, und nehme sie trotzdem in die Hand, vertiefe mich darin und je nach Umstand, geht es mir, wie wenn ich in die Traumwelt steige, - ich verpasse wo ich aussteigen soll.

Das Warum des so Seins, und von wem ich das habe, lässt dann die Erbgut- und Erziehung- und Anerziehungssache, die Umweltbeeinflussung, usw., sowie auch den Lebenssinn und das Lebensziel, hinterfragen. - Und was kommt dabei zu kurz, was presst man alles aus sich hinaus, bei der Gedankenflut, die einem überschwemmt, mitreißt, wenn man nicht verankert ist.
Amise
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